5. Spieltag Fußball-Bundesliga: Zu oft in die Füße gespielt
Nach dem 1:2 gegen Hertha muss sich der BVB mit einem Gedanken anfreunden: Die Gegner wissen, wie man gegen den deutschen Meister auftreten muss.
DORTMUND taz | Als die Punkte weg waren, gab es den Spott gratis dazu: "Und ihr wollt Deutscher Meister sein?", sangen Tausende mitgereiste Fans aus Berlin, während viele der in Schwarz-Gelb gekleideten Besucher mit hängenden Köpfen das Dortmunder Stadion verließen.
Mit 1:2 hatte der Borussia Dortmund die Partie gegen Hertha BSC verloren und 80.720 Augenzeugen im ausverkauften Stadion konnten mitverfolgen, dass diese Niederlage nach den beiden Toren der Berliner durch Rafael und Niemeyer und dem späten Gegentreffer von Lewandowski nicht einer Laune des Schicksals entsprang, sondern folgerichtig war.
18 Spiele in Serie hatte der BVB vor heimischer Kulisse nicht mehr das Gefühl ertragen müssen, als Verlierer vom Rasen zu gehen - nun war es mal wieder so weit. Hernach räumte BVB-Trainer Jürgen Klopp ein, das Spiel habe "keinen unverdienten Sieger" gefunden: "Hertha hat aufopferungsvoll verteidigt, und wir haben dem Gegner den Ball zu oft in die Füße gespielt."
Während sich die Dortmunder nach langer Abstinenz erst wieder daran gewöhnen müssen, wie sich ein Niederlage im eigenen Stadion anfühlt, hat eine andere Serie weiter Bestand: Markus Babbel hat weder als Spieler noch als Trainer in Dortmund jemals verloren. Dieses Gefühl darf der ehemalige Nationalspieler auf der Berliner Bank noch mindestens ein weiteres Jahr lang genießen.
"Wir haben genau das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben", lobte Babbel seine Mannschaft. Konkret bedeutete das: "Kompakt stehen, vor allem in der Mitte, wo man die Dortmunder nicht kombinieren lassen darf." Der Plan ging auf. Auch nach dem Rückstand fiel der Borussia nicht wirklich viel ein. Zu engmaschig war das Kurzpassspiel, um die vielbeinige Berliner Abwehr aushebeln zu können.
60 Prozent Ballbesitz
Die besseren Möglichkeiten besaßen die Gäste bei ihren klug vorgetragenen Kontern über den überragenden Rafael, der nach seinem Tor auch noch die Latte und den Pfosten traf. Die Hertha kann mit acht Punkten aus fünf Spielen auf einen respektablen Saisonstart verweisen. "Ich bin stolz auf die Truppe", lobte Babbel, "dass sie sich vor dieser Kulisse für den enormen Aufwand belohnt hat."
Dagegen tut sich der Meister schwer, seine Linie zu finden. Das liegt nicht am mangelnden Willen oder gar an Selbstzufriedenheit. Auch gegen den Aufsteiger aus der Hauptstadt erledigte die Borussia ihre Hausaufgaben mit großem läuferischem Engagement. Die Folge waren 60 Prozent Ballbesitz und 27 Torabschlüsse, "was ja nun wirklich nicht so schlechte Werte sind", wie Klopp erkannte. Was der Mannschaft derzeit abgeht, ist das Vermögen, die Angriffsbemühungen auf den Punkt zu bringen. Die Leichtigkeit und die ungetrübte Spielfreude sind vorerst dahin.
Bei ihrer Analyse finden die Westfalen vor allem die taktische Ausrichtung ihrer Kontrahenten als Grund für die Probleme. Außenverteidiger Marcel Schmelzer findet es kein Vergnügen, "gegen zehn Mann zu spielen, die alle hinten drin stehen". Eine Erkenntnis, die in Dortmund schon bald zum Alltagswissen gehören dürfte, denn die meisten Gegner werden hier eine Marschrichtung wie die Hertha verfolgen.
"Unsere Entwicklung hat stattgefunden über das Spiel gegen den Ball", referierte Klopp nach der Heimniederlage. Die Folge sei mehr Ballbesitz als ihn der Gegner habe, "aber wir brauchen auch Räume, um gut Fußball zu spielen".
Das wird auch am Dienstagabend nötig sein, wenn der BVB gegen Arsenal London auf die Champions-League-Bühne zurückkehrt. Auch der englische Hauptstadtklub muss nach vielen Rückschlägen in den vergangenen Wochen zuallererst darauf achten, seine Hintermannschaft zu sortieren. Dortmunds Suche nach dem Schlüssel gegen eine vielbeinige Abwehr geht also weiter.
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