Auf den Straßen der DR Kongo: Chukudu, Chukudu
Ein hölzerner Lastenroller sorgt in Goma für den Transport von Brennholz, Früchten oder Mais: ein einzigartiges Fahrzeug für mehr Mobilität auf den lavaübersäten Straßen.

Es scheint aus der Höhlengarage der Familie Feuerstein zu kommen: das Chukudu, ein einfallsreiches Transportmittel, das es nur in der Gebirgsregion von Goma im Kongo gibt. Dort allerdings gehört es zum Straßenbild wie das gelbe Taxi zu New York. Der fahrbare Untersatz ist nach dem Geräusch benannt, das er macht, wenn er über die Lavastein-übersäten Straßen von Goma rattert: Chukudu, Chukudu.
Außerhalb von Goma, dort wo Dschungel die Berge des Naturparks „Parcs des Volcanoes“ bedeckt, wird das Chukudu von einheimischen Handwerkern hergestellt. Das wichtigste Teil, die Längsachse, besteht aus tropischem Hartholz. Diese Achse muss große Gewichte und den Fahrer - Chukudeur genannt - samt Beifahrer tragen. An dieser Längsachse aufgehängt ist auch die Lenkung, die von Federn und Gummibändern gehalten wird. Die Bremse ist am Rückrad. Außer den Kugellagern besteht das Chukudu ausschließlich aus natürlichen und wiederverwerteten Materialien. Sogar das Kniekissen ist aus ausrangierten Flip-Flops hergestellt.
Das Besondere am Chukudu ist, dass es große Gewichte transportieren kann. Das Höchstgewicht liegt bei 700 Kilogramm, das sind beispielsweise 10 Zementsäcke und zwei Leute. Natürlich kann auch ein Handwagen dieses Gewicht transportieren, aber ein Chukudu rollt von selbst bergab, wenn es einmal auf den Weg gebracht ist. Die meisten Lasten wie Bauholz, Holzkohle oder Bananen kommen von oben aus den Bergen und werden unten in Goma gehandelt. Und im Gegensatz zu einem Lastwagen brauchen Chukudus kein Benzin und keine aufwendige Wartung.
Chukudus sind aber auch ökonomisch interessant: Ein erfahrener Chukudeur kann 15 Dollar am Tag verdienen, das ist sehr viel in einem bitterarmen Land. Und Chukudus verbessern die Sicherheit der Frauen. Sie müssen Feuerholz und Wasser nicht mehrmeilenweit entfernt im Rebellengebiet holen, wo Vergewaltigung und Raub drohen.
Als der Bürgermeister von Goma die Chukudus aus dem Stadtzentrum verbannen wollte, war der Protest groß. Der Versuch wurde aufgegeben. Die Friedenstruppe der Vereinten Nationen hat die Bedeutung der Chukudus erkannt und schon vor Jahren gewürdigt. Sie veranstaltete eine Chukudu-Rallye. Der erste Preis war ein nagelneues Chukudu, maßgeschneidert für den Gewinner.
Als studierter Anthropologe beobachtet der Fotograf und Autor Teun Voeten die Welt. Er lernte Fotografie an der School of Visual Arts in New York und fotografierte und schrieb über die Krisengebiete dieser Welt: das ehemalige Jugoslawien, Haiti, Ruanda, Bagdad, Kolumbien, Kongo, Sudan, Sierra Leone und Afghanistan. In Sierra Leone wurde er von den Rebellen verfolgt und beinahe getötet. Darüber schrieb er das Buch „Hope and Horror in Sierra Leone“, Amsterdam, 2000. 1994 lebte er ein halbes Jahr unter Obdachlosen in einem Tunnel in Manhattan. Darüber veröffentlichte er das Buch „Tunnelmensen“. Teun Voeten veröffentlicht in internationalen Magazinen. Er erhielt viele Preise.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung