Gletscherabbruch in Grönland: "Sie schmelzen schneller"
Für Greenpeace zeigt der Gletscherabbruch: "Wir brauchen dringend ein politisch verbindliches Klimaabkommen". Durch die großen Eismengen steigt der Meeresspiegel.
"Es kann keinen Eins-zu-eins-Beleg geben, dass der Abbruch am Petermann Gletscher in Grönland mit dem Klimawandel zu tun hat", sagt die Meeresexpertin Iris Menn von Greenpeace Deutschland. Zu vielfältig sind die Faktoren, die solche Naturphänomene beeinflussen. Aber es gibt zumindest Anhaltspunkte, die für einen möglichen Zusammenhang zwischen Gletscherschmelze und dem Klimawandel hinweisen. "Die Gletscher in Grönland schmelzen viel schneller als früher", erklärt Menn. Von 2005 bis 2007 habe sich das Tempo verdrei- bis vervierfacht.
Das ist ein zu kurzer Zeitraum, um von einem Trend einer schnelleren Gletscherschmelze zu sprechen. Zahlen aus den Alpen belegen allerdings: Die Masse des österreichischen Vernagtferners etwa nimmt seit 1984/85 zum Teil dramatisch schnell ab, wie die Kommission für Glaziologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gemessen hat. Dass Gletscher kleiner und auch wieder größer werden, ist normal. "Größere Abbrüche sind selten, aber sie kommen vor", sagt Kommissionsvorsitzender Horst Hagedorn.
1961/62 etwa brachen 600 Quadratkilometer des Ward-Hunt-Eisschelfs in der Arktis weg. Auch früher passierten solche Abbrüche, sie blieben allerdings oft unentdeckt, weil man sie nicht mithilfe von Satelliten beobachten konnte.
Doch die Massebilanz des Vernagtferners in Tirol ist jetzt schon über einen Zeitraum von fast 50 Jahren unter dem Strich negativ. "Das liegt daran, dass es dort etwas wärmer geworden ist", erläutert Hagedorn. Ähnliche Ergebnisse liefern Messungen an anderen Gletschern in den Alpen und ebenso in anderen Regionen. Dass Gletscher dagegen wachsen, zum Beispiel in Neuseeland, hält Greenpeace-Aktivistin Menn für ein vorübergehendes Phänomen. Auch Hagedorn meint: "Insgesamt gibt es weltweit im Schnitt einen Gletscherrückgang, und es sieht so aus, als ob er sich beschleunigen würde." Zuverlässige Zahlen über das globale Ausmaß der Schmelze hat er aber nicht. Dazu liegen zu wenig Daten vor.
Die Gletscherschmelze in Grönland sei besonders erschreckend, sagt Umweltschützerin Menn. Denn wenn große Eismengen ins Wasser fallen, steige der Meeresspiegel, sodass Überschwemmungen wahrscheinlicher würden. Das Ausmaß dieser Bedrohung werde bisher unterschätzt. "Der Weltklimarat ist von einem viel niedrigeren Tempo der Gletscherschmelze auf Grönland ausgegangen, als wir es jetzt haben", warnt Menn.
Sie fordert deshalb, den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid zu senken. "Für mich", sagt die Umweltschützerin, "zeigt der jüngste Eisabbruch einfach, wie dringend wir ein politisch verbindliches Klimaabkommen brauchen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen