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Hausbesitzer schlagen AlarmDämmung ohne Hemmung

Laut Energiekonzept der Bundesregierung sollen im Jahr 2050 alle Häuser in Deutschland klimaneutral sein. Das würde vier Billionen Euro kosten, sagen Hausbesitzer.

Muss nicht mehr gedämmt werden (da es nicht mehr existiert): Das historische Stadtarchiv Köln. Bild: ekiCC-BY-SA

Die deutschen Hausbesitzer schlagen Alarm: Wenn die im Energiekonzept der Bundesregierung gesetzten Ziele zur energetischen Sanierung der deutschen Immobilien Realität werden sollen, kommen auf Hausbesitzer Kosten in Höhe von rund vier Billionen Euro zu. Um diese durch Mieten gegenzufinanzieren, müssten die Mieten sich in etwa verdoppeln, haben sowohl der Verband Haus & Grund als auch die Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI) berechnet. Die Visionen der Bundesregierung seien daher "nicht realistisch" und nach heutigem Stand "unbezahlbar", sagte Walter Resch, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen am Donnerstag in Berlin.

Das Energiekonzept der Bundesregierung, das auch längere Laufzeiten für Atomkraftwerke vorsieht, geht davon aus, dass 2050 alle Häuser in Deutschland klimaneutral sind. Das bedeutet, dass durch die von den Bewohnern und Nutzern verbrauchte Energie kein Kohlendioxid mehr freigesetzt wird. Dies kann zum Beispiel erreicht werden, indem alle Häuser so gut gedämmt sind, dass der noch anfallende Strom- und Wärmeverbrauch allein über erneuerbare Energien gedeckt werden kann.

Das kann bei Neubauten, die den derzeit höchsten Energiestandards (40 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter) haben, gelingen. Für bestehende Häuser, insbesondere die in den 50er, 60er und 70er Jahren gebauten, sei das aber zu vertretbaren Kosten nicht zu erreichen, sagte Resch. Um ein zweigeschossiges Einfamilienhaus aus dem Jahr 1955 auf den gewünschten Standard zu bringen, müsste der Besitzer rund 113.000 Euro bezahlen, für ein Wohnhaus mit 16 Wohnungen auf vier Etagen fielen 650.000 Euro an.

Sowohl das Mietrecht als auch der Markt sorgten aber derzeit dafür, dass diese Kosten eins zu eins den Mietern aufgebürdet werden können. Der Deutsche Mieterbund hatte bereits in der vergangenen Woche davor gewarnt, das Mietrecht zu ändern. "Schon heute zahlen die Mieter die energetischen Modernisierungen über drastische Mieterhöhungen. Hier sind eher Entlastungen notwendig", erklärte Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten.

Damit zumindest ein Teil der Ziele erreicht werden kann, fordern die Immobilienverbände eine stärkere Förderung solcher Modernisierungsprojekte. BSI-Vizepräsident Lutz Freitag wies aber darauf hin, dass die Bundesregierung die Mittel für das bestehende CO2-Sanierungsprogramm für das kommende Jahr von 870 Millionen auf 450 Millionen Euro gekürzt hat. Für die Jahre nach 2012 fehle noch eine Perspektive.

Zumindest im Bundesbauministerium wird diese Diskrepanz gesehen. Staatssekretär Jan Mücke sagte der Bild-Zeitung vom Donnerstag. "Das CO2-Sanierungsprogramm sollte auf bis zu drei Milliarden Euro im Jahr aufgestockt werden." Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte auf Nachfrage, das Ministerium befinde sich in Gesprächen über den Haushalt.

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16 Kommentare

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  • A
    AriadneMedea

    Wir wohnen in einem Mehrfamilienhaus Baujahr 1969, ehemalige Behelfsheime für Gastarbeiter.

    In den Wohnungen seit dieser Zeit so gut wie nie was gemacht.

    Bisher in den letzten Jahren pro Wohnung 401.00 € Kaltmiete. Mal 36 Parteien, die verdienen sich auf DEUTSCH ein goldnes A...

    Die Bäder teilweise privat selbst installiert. (Also nicht vom Vermieter!)

    Jetzt weil es gar nicht mehr ging teilweise mal ein Bad oder eine Küche vom Vermieter gemacht.

    Jezt einen neuen Brennwertkessel und neue Balkone!

    Erhöhung der Kaltmiete um 113,00 €.

    Wieso seit 1969 keine Kapitalrücklagen gebildet?

    Wieso stinknormaler Austausch von steinalter Heizung mit 11 % Umlage auf Mieter, dabei nicht mal alle Heizkörper neu.

    Mit Styropor gedämmt, plötzlich Tauwasser auf früherem Trockenboden!

    Die Wohnung hat vorher nie geschwitzt, jetzt Schwitzwasser!

    Auf Deutsch - statt die Wohnungen von innen zu sanieren oder auch Lärmschutz zu isolieren - mit DDR-Styroporeinheitsfassade und ebensolchen häßlichen Balkons Haus kaputt gedämmt.

    Eine Zumutung für jeden normalen Mieter - und nicht finanzierbar!

  • H
    hartnäckig

    Da wird die Energieversorgung in 4 Konzernen nahezu komplett privatisiert und dann steigen und steigen die Preise und explodieren ständig, und dann soll eine aufwändige Dämmung die Mehrkosten auffangen. Was für eine geniale Idee, die den Konzernen auf lange Sicht ungeheure Gewinne sichert. Die werden den Hausbesitzern demnächst anbieten, ihre Häuser für nen Appel und nen Ein zu übernehmen, zu sanieren und mit günstiger Energie zu versorgen.

     

    Das ist kalte Enteignung à la DDR.

  • T
    Tacitus

    Ein Mauerwerk muß auch atmen können, sonst bildet sich Schimmel. Wie scheußlich sehen die wärmegedämmten Haüser oft nach ein paar Jahren aus mit der verschimmelten Fassadenfarbe. Ich glaube, dieser ganze Unfug mit der übertriebenen Dämmung dient nur zur Verschleierung der exorbitant gestiegenen Energiekosten!

  • S
    sim

    Ohje...

     

    Es gibt so viele Alternativen an Dämmstoffen, an Möglichkeiten des Heizens, an energetischen Sanierungen, die nur keiner wissen will, weil man mit Glaswolle und Plastikfenstern unendlich viel mehr Geld macht..dementsprechend billig ists..

     

    Strahlungsheizungen - aus Lehm oder Infrarot Heizelemente oder Lehmöfen.. wirkt alles ganz anders als unsere achso tollen Konvektionsheizungen mit Gas oder Öl.. was einen enormen Einfluss auf den energieverbrauch hat - egal..

     

     

    Die Restaurierung von Holzfenstern (Fensterhandwerk) bewirkt nicht nur dass es nicht mehr zieht, sondern auch dass nicht unmengen an Plastikfenstern mit übertrieben dicken Scheiben produziert werden. Der Energieaufwand bei der Restauration ist so so gering und die Fenster halten wieder 100 Jahre - egal..

     

    Und das ist noch lange nicht alles...

     

    Es gibt so viele Menschen die sich mit der ökologisch sinnvollen sanierung von Häusen befassen! - egal..

     

    Leider haben die nur keine politische Plattform, weshalb die breite Masse, fröhlich unwissend, weiter gegen das Co2 kämpf und ins gute alte Plastik investiert...

    Hauptsache: Dämmung ohne Hemmung - is ja egal

     

     

    well done..

  • N
    Níco

    Wenn es im Winter im Durchschnitt 2 Grad wärmer wird,

    müssen wir deutlich weniger dämmen.

    Bitte berücklischtigen.

  • JV
    Jenseits von Böse

    Emissionsfreie Häuser sind was Feines, aber der regierungsamtliche Weg dorthin ist keineswegs ökologisch - das darf man vom politisch-industriellen Komplex auch nicht erwarten. Wenn alle Hütten, ob alt oder neu, in den Schaum der chemischen Industrie verpackt werden, ist das nicht nur baubiologischer Unsinn; auch ökonomisch wird damit die Umverteilung von unten nach oben fortgesetzt.

     

    Die Maßnahme ist nicht nur ein Stimulus für die IG-Farben und ein Griff in die leeren Portemonnaies der Mieter, sondern auch ein prima Konjunkturprogramm für die notleidenden Banken - der ganze Zauber wird schliesslich über Kredite finanziert.

     

    Der Altbaubestand wird durch die erzwungene Isolierverpackung nachhaltig ausgedünnt: viele Gebäude reagieren auf die geänderte Bauphysik mit Feuchtigkeit in den Wänden und Schimmelbefall - statt gesteigerter Lebensqualität bekommen wir unbewohnbare Sanierungsfälle zuhauf. Wenn es nichts mehr bringt, gegen den Schimmel anzuheizen, bleibt am Ende nur der Abriss: Wohnraumverknappung und nochmals steigende Mieten sind die Folge.

     

    Beim geplanten Programm der Regierung handelt es sich weniger um ein Energiekonzept als vielmehr um eine Förderung von Großindustrie und Finanzwirtschaft - passt doch prima zur aktuellen Atompolitik, die mit Ökologie auch nicht das Geringste zu tun hat. It's the economy, stupid!

  • D
    dellejack

    + alles nur wegen der CO2_Lüge - alles nur dummes Gelabber und Ihr von der TAZ macht auch noch mit - Schande über Euch; Ihr ward mal gut, doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein! --- Hier geht's doch ausschließlich um's abzocken

  • J
    Julia

    Muss nicht mehr gedämmt werden (da es nicht mehr existiert): Das historische Stadtarchiv Köln.

    -------------

    Was für ne geile Bildunterschrift. :-) Vielleicht solltet ihr mal bei der Titanic nachfragen, ob ihr nicht auch da mal was schreiben dürft. Daumen hoch :-)

  • V
    vic

    Meine Eltern erbten ihr Elternhaus. Sie mussten letztlich. Da weitere Geschwister es ablehnten, mussten diese ausbezahlt werden.

    Dieses Darlehen macht meinen Eltern jetzt seit Jahrzehnten das Leben schwer, und das wird sich so schnell nicht ändern.

    Wenn ich also davon ausgehe, dass solche Leute von den hochfliegenden Plänen der Regierung betroffen sein werden, gehe ich tatsächlich davon aus, dass es realisiert wird.

    Besitzer großer Immobilienwerte bleiben sicher davon ausgenommen, bzw. die Mietforderungen werden unbezahlbar.

    Auf die Idee, eine emmisionsfreie Energieversorgung, jenseits von Atom zu etablieren, kommen die Schwarz/Gelben ja leider nicht. Optimale Wärmedämmung bei jedem Neubau sollte natürlich obligatorisch sein.

  • H
    Hauke

    Lächerlich. Gerade Vermieter tun doch normalerweise alles um dem Staat zu bescheissen und um Abgaben herumzukommen. Die hohen Mieten lassen sich einfach auf Gier zurückführen. Wir brauchen endlich eine Vergesellschaftlichung der Wohnressourcen, dann gäbe es auch solche Diskussionen nicht mehr.

  • P
    pilm

    MUHAHAHAHA!!!!!

     

    wann wohl die Menge an Plastik(PE PU und wies alles heißt) und Mineralwolle die zur Dämmung eingesetzt wird, verrottet ist?????

     

    Wieviel CO2 wird wohl für die Herstellung dieser Dämmmateralien verpuffen???Wann hat sich das wohl alles amortisiert, in finanzieller wie auch in co2 technischer hinsicht??

    Wieviel Öl müssten wir wohl noch in Dämmstoffe umwandeln??

     

    Die Bundesregierung veranstaltet hier echt ein Kasperletheater....

     

     

    Ich lache mich jetzt in schlaf - gute Nacht Welt! ...oder sollte ich weinen?!

  • N
    Nachdenker

    Und was wird aus unseren schönen alten (Fachwerk-)Häusern, derentwegen die Amis und Japaner weite Reisen unternehmen? Für die gibt's dann wohl auch noch die Abrißprämie.

    Man braucht im übrigen nicht nur auf die Mieter zu schauen. Auch Rentner, die sich ein Häuschen als Altersversorgung zugelegt hatten, dürften kaum das Geld haben, ihre mehr oder wenigen alten Häuser zu sanieren.

    Es ist kalte Enteigung.

    Ich warte nur noch auf die Atemsteuer.

    Könnte man nicht endlich mal eine Sondersteuer auf unsinnige Ideen unserer Politiker erheben? Dann wäre der Staatshaushalt bald saniert.

  • S
    Stefan

    Der Finanzaspekt ist eine Seite - sollen bitte alle Gebäude trotz schöner Fassaden in Dämmung gepackt werden?

  • J
    Joe

    Wenn hier etwas "nicht realistisch" ist, dann wohl am ehesten die Vorstellungen der Hausbesitzer. Denn mittlerweile besteht praktisch Konsens in der Fachwelt, dass bis 2050 die Versorgung von Öl und Gas reichlich knapp und teuer sein wird. Häuser mit dem heutigen Heiz- und Dämmstandard werden dann kaum noch vermietbar sein. Im Vorteil sind dann die Vermieter, die schon vorher gehandelt haben und nicht die, die warten bis es gar nicht mehr anders geht.

  • B
    Bjørn

    Wer meint, in 20 (oder gar 40) Jahren immernoch mit Öl heizen zu können, bzw. einen Neubau heute nicht vernünftig isoliert, gehört bestraft!

  • UM
    uli moll

    Denkmalschutz ist dann passé ...

     

    Der derzeitigen Regierung täte es gut, wenigstens gelegentlich mal zu denken, oder, falls das nicht klappt, wenigstens Fachleute zu Rate zu ziehen