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"Stuttgart 21"-Baumhaus abgeräumtAktivisten sagen Runden Tisch ab

Weil es keinen Baustopp gibt, hat das Aktionsbündnis ihre Teilnahme am Runden Tisch mit Ministerpräsident Mappus abgesagt. Derweil räumt die Polizei ein Baumhaus im Schlossgarten.

Räumung per Kran: Die Polizei holt die Besetzer aus dem Baumhaus im Schlossgarten. Bild: dpa

STUTTGART dpa | Die Polizei hat in der Nacht zum Dienstag ein von Gegnern des umstrittenen Bauprojekts "Stuttgart 21" seit Freitag besetztes Baumhaus im Mittleren Schlossgarten geräumt. Rund 100 Demonstranten eilten den Besetzern zur Hilfe, einige bildeten nach Polizeiangaben zeitweise eine Sitzblockade um den Baum herum. Elf Demonstranten wurden von Einsatzkräften weggetragen. Die Aktivisten in der Krone sollen sich der Sprecherin der Umweltorganisation Robin Wood, Kei Andrews, zufolge auch an den Baum gekettet haben.

Nur wenige Stunden zuvor hatte bereits das Aktionsbündnis gegen "Stuttgart 21" überraschend das für Freitag geplante Spitzengespräch über das Milliardenprojekt am Hauptbahnhof platzen lassen. Begründet wurde der Schritt damit, dass es keinen sofortigen Baustopp am Hauptbahnhof geben werde.

Der Sprecher der sogenannten Parkschützer, Matthias von Herrmann, kündigte zudem eine härtere Gangart an. Man werde noch mehr Aktionen starten, bei der sich Demonstranten anketten, um die Bauarbeiten zu behindern, sagte er.

Auch protestierten am Montagabend erneut tausende Menschen mit Trillerpfeifen und Vuvuzelas gegen eine Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Die Polizei sprach von 8000 Demonstranten, die Organisatoren von 20 000. "Rote Karte für die Scheißpolitik" hieß es auf einem Transparent.

Ob es einen neuen Versuch für ein Gespräch geben wird, war zunächst unklar. Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann, der gemeinsam mit Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zu dem Treffen eingeladen hatte, sprach davon, dass der erste Anlauf gescheitert sei. Mappus erneuerte trotz seiner scharfen Kritik an der Absage die Einladung.

"Unser Gesprächsangebot gilt fort. Nach meiner festen Überzeugung liegt in einem offenen und fairen Dialog zwischen Projektbefürwortern und -gegnern unverändert eine wichtige Chance, eine Versachlichung der öffentlichen Diskussionen zu erreichen." Er appellierte an die Kritiker, "sich einem konstruktiven Austausch nicht zu verweigern".

Parkschützer von Herrmann zweifelte an der Ernsthaftigkeit des Angebots. "Wenn Mappus einen Baustopp ablehnt, ist klar, dass er auch die Gespräche ablehnt." CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf den Gegnern hingegen vor, die ursprüngliche Zusage zu dem Gespräch sei nur der Versuch gewesen, "die Bauarbeiten durch die Hintertür zu stoppen".

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10 Kommentare

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  • L
    Lars

    "Unser Gesprächsangebot gilt fort. Nach meiner festen Überzeugung liegt in einem offenen und fairen Dialog zwischen Projektbefürwortern und -gegnern unverändert eine wichtige Chance, eine Versachlichung der öffentlichen Diskussionen zu erreichen." Er appellierte an die Kritiker, "sich einem konstruktiven Austausch nicht zu verweigern".

     

    Das ist doch mal der Oberhammer. Er stellt sich hin, will den "offenen und fairen Dialog" und einen "konstruktiven Austausch". Ich bin mal so frei und übersetzte das: "Hockt euch hin, übernehmt unsere Meinung, haltet endlich die Fresse und lasst schöne Bilder von der Presse von euch machen, die zeigt wie diplomatisch wir mit euch umgehen."

  • CC
    Checker C

    Die Polizei schlägt im wahrsten Sinne des Wortes zu. Das ist christlich-demokratische Politik.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=NJU9jDxSAWw

     

    Oben bleiben!

  • V
    Vale

    Die These von der manipulierenden Presse kann ich leider nur bestätigen.

    Gerade die Stuttgarter Nachrichten, die in vielen Lokalzeitungen den überregionalen Teil lieferen, betreiben eine rein Hofberichtserstattung der Landesregierung, kritische Kommentare finden keinen Platz, stattdessen verbreiten unfassbar erzkonservative Kommentatoren eine Meinung, die man als vernünftig, nicht neoliberal verblendeter Mensch nur schwer ertragen kann.

     

    Wenn nicht so viel Macht dahintersteckte, würde man es als Satire abtun, so aber bleibt der fahle Beigeschmack einer unkontrollierten Regierung.

  • A
    ausländer

    Man kann nur hoffen, dass in 200 Tagen bei der Landtagswahl in B-W TATSÄCHLICH der CDU eine Absage erteilt wird. Auf dem "flachen Land" ist man leider immer noch konservativ eingestellt bzw. nicht aufgeklärt. Aufklärung erfolgt auch nur in schwachem Maße, da die Presse manipuliert berichtet sobald es außerhalb des Großraums Stuttgart geht. Es gibt leider noch nicht überall die taz...

  • HF
    Helmut Fuchs

    "Weil es keinen Baustopp gibt, hat das Aktionsbündnis ihre Teilnahme am Runden Tisch mit Ministerpräsident Mappus abgesagt."

     

    Tschuldigung liebe taz - aber das suggeriert, das Aktionsbündnis würde auf beleidigte Leberwurst machen.

     

    Mappus und co. haben für ihr "ergebnisoffenes Gespräch" aber wohl jede Menge Themen ausgeschlossen. Und verbreiten unterdessen munter die Mär vom "Argumentieren auf Augenhöhe", während weiter nur die immergleichen Phrasen verbreitet und Antworten auf drängende Fragen verweigert werden.

     

    Und schließlich hat das Aktionsbündnis nach eigenem Bekunden nur aus den Medien von einer Einladung zu einem runden Tisch erfahren, aber selbst bis Montag Abend keine Einladung erhalten...

     

    Es ist offensichtlich, dass der "runde Tisch" in dieser Form nur ein Versuch ist, den Druck von der Straße zu bekommen, ohne jede echte Gesprächsbereitschaft. Glücklicherweise ist das Aktionsbündnis nicht dumm genug, sich auf ein solches "Gesprächsangebot" einzulassen.

  • N
    Numerius

    Jetzt wurde ein Baumhaus geräumt obwohl es im Moment doch noch keinen stört wenn Aktivisten auf den Bäumen sitzen?

     

    Oder sollen jetzt schon die erste Bäume gefällt werden?

     

    Wie die Bürger Stuttgarts richtig vermuten:

     

    "Alles Lügenpack!!"

     

    Oben bleiben!

  • W
    Westberliner

    ... und wenn Mappus nach der Landtagswahl nicht mehr Ministerpräsident ist, dann wird er halt bei der Bahn im Vorstand angestellt, der für S21 zuständig ist.

    Entsprechende Gespräche sind sicherlich schon gelaufen.

  • T
    Tim

    Also ganz ehrlich: Wenn ich nicht diskutieren will, dann kann man mich auch nicht ernstnehmen, oder? So doof kann man doch nicht sein, ein Gesprächsangebot abzulehnen. Jetzt denkt die Republik, dass sind alles nur bescheuerte Berufsdemonstranten.

  • H
    Hans

    Herr Mappus sagt Gespräche ohne Vorbedingungen.

    Aber, das Ergebnis der Gespräche muß sein das S21 wie

    geplant umgesetzt wird.

    Ebenso müssen bestimmte Gesprächsthemen außen vor bleiben. (z.B. Außstiegskosten)

     

    Klar, das Ergebnis der Gespräche steht für Ihn ja schon fest. Und jetzt wurde doch tatsächlich seine "ausgestreckte Hand" ausgeschlagen.

     

    Bitte Herr Mappus sagen Sie einfach klar heraus das es für Sie über S21 nichts mehr zu diskutieren gibt.

     

    Aber beleiden Sie durch derart plumpe Manöver nicht die Intelligenz Ihrer Bürger.

  • G
    guapito

    Wozu sollten diese Gespräche auch dienen, wenn die Entscheidung seitens der Feudalherren Mappus, Schuster und Co. doch sowieso längst gefällt ist?

    Sie könnten nach stattgefundenen Gesprächen noch behaupten sie hätten sich einem Dialog gestellt um zu einem Konsens zu finden.

    Das haben sie aber in Wahrheit gar nicht vor.

    Sie wollen dieses Ding um jeden Preis bauen.

    Und diesen Fakt werden sie im nächsten Jahr mit der Regierungsverantwortung in Baden-Württemberg bezahlen. Das ist der einzige positive Effekt an der Sache.