Speisefisch-Guide von Greenpeace: Fischessen wird immer schwieriger
Greenpeace rät in einem neuen Ratgeber, nun auch Arten wie die Makrele und Atlantischen Seelachs nicht mehr zu kaufen. Die Bestände seien überfischt.
Die meisten der in Geschäften und Restaurants am häufigsten angebotenen Fische sollten nicht mehr gegessen werden. Das rät Greenpeace. "Die Situation ist dramatisch", warnte die Fischereiexpertin der Umweltschutzorganisation, Iris Menn, am Dienstag in Hamburg. "Über die Hälfte der weltweiten Bestände wird maximal genutzt, ein Viertel ist überfischt oder bereits erschöpft."
Deshalb hat Greenpeace einen Ratgeber "Fisch - beliebt, aber bedroht" erarbeitet, "um umweltbewussten Konsumenten einen Wegweiser zu bieten", so Menn. Darin werden die Bestände von mehr als 40 Fischarten nach Fanggebieten, nachhaltigen Fangarten und anderen Kriterien bewertet. "Verbraucher haben jetzt die Möglichkeit, durch ihr Einkaufsverhalten zum Schutz der Meere selbst beizutragen", hofft Menn.
Aal, Dorade, Heilbutt, Scholle oder Thunfisch stehen schon seit Längerem auf der Roten Liste der bedrohten Fischarten, jetzt kommen auch teilweise Hering und Lachs hinzu. Abgeraten wird erstmals auch vom Verzehr dreier Arten, die zu den Lieblingen auf deutschen Fischtellern zählen: Makrele, Atlantischer Seelachs und Alaska-Seelachs.
Nur wenige Fischarten sollten nach Einschätzung von Greenpeace noch verzehrt werden:
Keine Bedenken gibt es bei Karpfen, Pangasius, Regenbogenforelle, Sardine und Zander.
Eingeschränkt empfohlen werden Hering, Lachs, Schellfisch und Wolfsbarsch (meist als Loup de Mer angeboten) sowie Miesmuscheln, Garnelen (Shrimps) und mehrere Tintenfisch-Arten (Sepia, Calamaris). Auch bei Arten wie Kabeljau oder Thunfisch ist die Empfehlung abhängig vom jeweiligen Fanggebiet.
Nicht mehr gegessen werden sollten alle anderen gängigen Fischarten.
Mehr ist nachzulesen in dem Fischratgeber von Greenpeace.
Die früher unerschöpflich scheinenden Bestände des Alaska-Seelachses, der in Deutschland allein einen Anteil von 18 Prozent an den Speisefischen hat, drohen zu kippen, weiß Menn: "Auch die Robben und Seelöwen finden deshalb immer weniger zu essen. Die Überfischung hat Konsequenzen für das gesamte Ökosystem in der Beringsee."
Greenpeace fordert deshalb Maßnahmen, um die illegale Fischerei zu stoppen und die Überkapazitäten in der Fischfangindustrie abzubauen. Zudem sei es vordringlich, Meeresschutzgebiete einzurichten und durch das Verbot von Fangmethoden wie der Grundnetzfischerei den Beifang zu vermeiden. In den Grundschleppnetzen, die den Meeresboden umpflügen, finden sich bis zu 80 Prozent Beifang, der verletzt oder tot wieder über Bord geworfen wird: Jungfische, Krebse oder Seesterne und auch ertrunkene Meeressäuger wie Seehunde und Delfine.
"Nur durch eine nachhaltige Fischerei lässt sich der Bestand der Arten auf einem gesunden Niveau halten", sagt deshalb Iris Menn. Die Politik habe seit Jahren auf ganzer Linie versagt. Die Greenpeace-Aktivistin verweist vor allem auch auf die überhöhten Fangquoten, welche die Europäische Union jährlich gegen den Rat von Wissenschaftlern genehmigt. Da helfe "eine verstärkte Nachfrage der Verbraucher nach nachhaltigen Fischprodukten", hofft die Meeresbiologin: "So lässt sich der entscheidende wirtschaftliche Druck auf Handel und Fischindustrie ausüben, der nötig ist, um unsere Meere zu schützen."
Leser*innenkommentare
Erich Schattner
Gast
Die Meere privatisieren soll das Problem der Überfischung lösen. Das würde bedeuten, daß das kapitalistische Prinzip freiwillig auf eine Gewinnmaximierung verzichten müsste. Die Lebenserfahrung zeigt indes, daß Privatfirmen sich stets nur nach massivem Druck ihrer jeweiligen Regierungen überhaupt zu so etwas wie Natur- oder Umweltschutz bewegen lassen. Ich erinnere nur an das Gewürge um Katalysatoren, Dieselfilter, Rauchgasentschwefelung und und und. In diesem Dilemma hülfe nur der gesunde Menschenverstand, aber der ist noch immer der Profitsucht zum Opfer gefallen.
Marcos Cramer
Gast
Zu dem Vorschlag von Felix Krull, die Meere zu privatisieren:
Das Problem ist, dass das Meer über größere Distanzen in starker Wechselwirkung steht. Wenn verschiedene Teile des Meers verschiedenen Leuten gehören, ist es wahrscheinlich, dass das, was die anderen Besitzer bei sich machen, größeren Einfluss auf den Meeresabschnitt von Herrn X haben als das, was Herr X bei sich tut. Dies könnte man nur verhindern, wenn jeder Besitzer einen sehr großen Meeresabschnitt besitzt. Doch dann hätte man ein internationales Oligopol, was auch nicht gerade vorteilhaft ist.
Ich lehne diesen Vorschlag daher eindeutig ab, und verlange eher stärkere und nachhaltigere Regulierung durch die Staatengemeinschaft. (Eigentlich wieder so eine Thematik, die nach einem Weltparlament ruft, doch obwohl es mittlerweile von solchen Thematiken nur so schwärmt, scheint leider noch kaum jemand ein solches Parlament zu verlangen.)
Ein Mensch
Gast
Liebe taz,
eure Tagesfrage sieht so aus, als ob man zwischen diesen Alternativen wählen müsse, fast schon, als ob diese sich gegenüberstünden.
Ich vertrete allerdings die Ansicht, dass sensiblerer und gemäßigter Konsum gepaart mit niedrigeren EU-Fangquoten zu einem sinnvollen Ergebnis führt.
vic
Gast
Die Ausrottung einer Spezies mit Ansage.
"Erst wenn
der letzte Baum gerodet
der letzte Fluss vergiftet
der letzte Fisch gefangen
werfen WIR feststellen
dass man Geld nicht essen kann!"
Weissagung der Cree.
Alt aber zutreffend
Julian
Gast
Liebe taz-Redaktion, ein Link zu dem beschriebenen Artikel wäre hilfreich gewesen!
Sie seien hiermit nachgereicht:
- "Scholle niemals, Hering ab und zu" (Artikel bei Greenpeace.de): http://www.greenpeace.de/themen/meere/nachrichten/artikel/scholle_niemals_hering_ab_und_zu/
- "Greenpeace-Fischratgeber" (PDF; 2,1 MB): http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/meere/Fischratgeber_020908.pdf
Felix Krull
Gast
"Nur durch eine nachhaltige Fischerei lässt sich der Bestand der Arten auf einem gesunden Niveau halten"
Stimmt genau.
Und diese Nachhaltigkeit erreicht man einzig durch eine vollständige Privatisierung der Meere.
Nur Privateigentum schafft das Bewußtsein des pfleglichen Umgangs. Das kann man z.B. erkennen, wenn man einen Stadtpark mit einem privat gehegten und gepflegten Garten vergleicht.
Fisch Kopp
Gast