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die wahrheitDas Gold der Schwaben

Enthüllungsstory: Die wahren Hintergründe von Stuttgart 21

Die sonst dem Gelde so zugeneigten Schwaben ahnen noch gar nicht, auf welchem Schatz sie sitzen. Bild: reuters

Millionen Zuschauer der Schlichtung um Stuttgart 21 rieben sich angesichts der schwachen Argumentation der Projektbefürworter nur verwundert die Augen: Wie kann es sein, dass die Bahn nach jahrelanger Planung die behaupteten Vorzüge ihres unterirdischen Durchgangsbahnhofs nicht überzeugender zu erklären vermag? Wie kann es sein, dass hier Milliarden verbuddelt werden sollen, ohne dass dabei ein wesentlicher Nutzen für die Bahnkunden gegenüber dem bestehenden Kopfbahnhof herausspringt?

Wie ein jüngst aufgetauchtes Geheimdokument beweist, führt diese Fragestellung aber in die Irre. In Stuttgart soll nicht viel Geld verbuddelt, sondern vor allem ausgebuddelt werden. Stuttgart sitzt nach einem Gutachten des renommierten Geologischen Instituts der Technischen Hochschule Zürich nämlich auf dem europaweit größten Vorkommen an seltenen Erden, von denen die Zukunft der deutschen Industrie in entscheidendem Maße abhängig ist.

Bei diesen äußerst raren und deshalb besonders wertvollen Metallen mit so merkwürdigen Namen wie Neodym, Gadolinium oder Scandium besitzt China praktisch eine Monopolstellung. Macht der Chinese jedoch seine Drohung wahr und drosselt seine Ausfuhr, wäre dies ein empfindlicher Schlag für die deutsche Wirtschaft. Schlüsseltechnologien vom Elektroauto über die Sonnenenergie bis zum Windrad sind auf diese seltenen Bodenschätze angewiesen. In diesem sensiblen Bereich unabhängiger von den Launen des reichen gelben Mannes zu werden, ist daher oberste Priorität der Bundesregierung.

Was hat dies alles mit Stuttgart 21 zu tun?

Da in Deutschland, anders als in China, ein Abbau der seltenen Erden bislang an den hohen Lohnkosten scheiterte und eine Unter-Tage-Förderung der kostbaren Metalle mitten in der Großstadt auch niemals genehmigungsfähig wäre, ist Stuttgart 21 die perfekte Lösung - unter dem Deckmantel des Bahnhofbaus könnten ungehindert von lästigen Genehmigungen und Umweltbestimmungen Tonnen des strategisch wichtigen Materials gewonnen und zur Weiterverarbeitung abtransportiert werden.

Stuttgart 21 ist demnach nichts anderes als eine Alibiveranstaltung. "Das braune Gold der Schwaben" soll die Zukunftsfähigkeit unserer Industrie sicherstellen. Vor diesem Hintergrund wird auch die vehemente Parteinahme der Bundeskanzlerin für das auf den ersten Blick sinnlos erscheinende Verkehrsprojekt Stuttgart 21 verständlich.

Die Enthüllung dieser bislang geheim gehaltenen Pläne bringt Ministerpräsident Mappus und seine Regierung selbstverständlich in erhebliche Erklärungsnöte. Nachdem das Kind aber nun mal in den Brunnen gefallen ist, sieht Mappus sein Heil in der Vorwärtsverteidigung. "Läge Stuttgart in China", versucht der Landesvater seine Bürger zu besänftigen, "wäre es längst dem Erdboden gleichgemacht, und eine Armada riesiger Kipplaster schraubte sich auf Serpentinen tief in das Tagebau-Bergwerk des Stuttgarter Kessels hinab. Gott sei Dank ist das nicht der Fall."

Und seine treue Mitstreiterin, Verkehrsministerin Tanja Gönner, springt ihm argumentativ gleich in die Grube hinterher: "Und unschuldige deutsche Kinder müssten in Sklavenarbeit Säcke schleppen. Ich möchte deshalb dafür werben, dass wir jetzt gemeinsam die Riesenchance nützen, die sich unserem Land durch Stuttgart 21 bietet."

Nachdem nun auch von Befürworterseite eingestanden wird, dass es beim neugeplanten Bahnhof nicht um den bahntechnischen Nutzen geht, ergeben sich für den Schlichter Heiner Geißler ganz neue Perspektiven: Der Kompromiss könnte so aussehen, dass der bestehende Kopfbahnhof bestehen bleibt und ertüchtigt wird, während im Schlossgarten nach Wegen gesucht werden müsste, einen unauffälligen Bergwerksschacht in die Tiefe zu treiben, auf dass die nationale Versorgung mit seltenen Erden nicht zum Erliegen komme.

Dass man mit dieser Herkulesaufgabe auch gleich vor der eigenen Haustüre beginnen kann, beweist die schwäbische Hausfrau Hermine Hägele aus Heslach. Was sie bei der Kehrwoche auf dem Gehweg vor ihrem Haus zusammenkehrt, lässt sie in der Materialprüfanstalt der Technischen Universität untersuchen. Und siehe da, gar nicht so selten sind auch seltene Erden dabei.

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17 Kommentare

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  • OB
    Oben bleiben!

    Ein Skandal, der seinesgleichen sucht! Unsere schöne Stadt, inbseondere der Park wird zerstört, damit fette Politiker ihren Reihbach machen können. Ich könnte kotzen.

    Das werden wir auf der nächsten Demo ansprechen!

     

    OBEN BLEIBEN!

  • BM
    Becker, Matth#us W.

    Ich tät sage: Im Bode lasse, für schlechte Zeite.

    So denkt en echter Schwob,

    net wie die von Berlin oder sonstige Auswärtige.

     

    (Sonscht grigern me nix vom Länderausgleich)

  • MG
    Martina Gröne

    Gut, dass Bahnchef Grube (Nomen est Omen) sich hier besonnen hat und den wertvollen Erden den Vorzug vor dem gescheiterten nutzlosen Milliardenprojekt und Planungsdesaster S21 gibt.So konnte vor der Landtagswahl doch noch mal das Ruder herumgerissen und eine taktisch-kluge Wende eingeläutet werden. Im Zuge der Globalisierung wird doch der ferne Osten immer mehr Vorbild für unsere Entscheidungsträger in der Demokratie. Auch Mappus hat längst eingesehen, dass man in Saudi-Arabien ganz andere Möglickeiten hat. Doch den Blick hier zu erweitern lohnt sich. Gleichberechtigung, ein Grundgesetz, das nicht der Kirche verpflichtet ist, Rechte für jeden Staatsbürger, freie Wahlen, die Abschaffung der Todesstrafe- was ist das schon gegenüber ein fundiertes, konservatives, bodenständiges Profitdenken, der 20 Yacht im Hafen von Marbella und goldenen Wärmflaschen?

  • HM
    Helmut Maier

    Der Kommentar von Hegelfan vom 13.11. trifft's genau. Das ist eine köstliche Satire. Ich muss die "Wahrheitsseite" der taz künftig besser studieren, wenn da immer solche 'Wahrheiten' verborgen sind. Danke.

  • A
    Andreas

    Leute, Leute: ihr SEID auf der Satire-Seite der taz!!!

  • FM
    Frank Mauerhofer

    Das beschlossene Jahrhundertprojekt Stuttgart 21 und das "Zugangserschwerungsgesetz", welches vom zurückgetretenen Bundespräsidenten in Berlin noch ausgefertigt wurde, finden hohe Zustimmung im Studienzentrum Weikersheim und bei drei Landtagsfraktionen. Die Brücke zwischen Stuttgart 21 und dem umstrittenen „Zugangserschwerungsgesetz“ in Berlin schien fertig gebaut zu sein. Nicht von der Leyen (CDU) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend waren hier federführend, sondern das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unter der Führung von Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) entwarf das Gesetz zu augenscheinlich mehr Internet-Schutz vor Kinderpornografie, das am Geburtstag von Anne Frank im Bundesrat faktisch beschlossen wurde. Vier Tage später wurde der Liberale Noll vom rechten Goll abgeschossen. Mappus (CDU), Vogt (SPD) und Rülke (FDP) verbindet die Sicherheitshochburg Pforzheim.

  • S
    Sonja

    Ist das jetzt ein Witz?

     

    Aufgrund der schlechten Argumente der S21-Befürworter könnte mensch fast glauben, dass dies eine wahre Meldung ist.

     

    Ohne Scheiß jetzt, oder was?

  • DA
    Doc alex

    So ein unsinn! Lesen sie mal bei wikipedia unter seltene erden nach!

  • FA
    Franz Arndt

    Sagen Sie, ist das ein Aprilscherz?

    Wenn nicht - wo bleiben die Hintergrundinfos?

  • I
    IhrName

    Ist das irgendwo belegt?

  • S
    Stuttgarterin

    ...ist das wahr? Ich Suche verzweifelt nach dem Satire-Button und finde ihn nicht. Wenn das wirklich der Wahrheit entspricht, dann ... bin ich fassungslos!

  • V
    vic

    Einspruch!

    Das liest sich so, als ob jeder Umweltfreund auf das Zeug abfahren müsste.

    Doch das Anwendungsspektrum der einzelnen Erdarten ist ernorm komplex und nicht grundsätzlich gut.

    Vorschlag:

    Man gebe die Namen der Stoffe auf Wikipedia ein, und informiere sich selbst.

  • EF
    Elmar Fässler

    Ganz lustig.

    Wenn man für die "seltenen Erden" im Beitrag die frei werdenden Bauflächen in Zentrumsnähe setzt ist man schon recht nah an der Wahrheit dran.

    Die Grundstücke wurden wohl grossteils bereits vergeben, wer was zu welchem Preis bekommen hat wurde nicht veröffentlicht.

    Ausserdem werden durch eine Planung mit möglichst vielen Tunneln die entsprechenden Baufirmen bedient. Die Tabelle wird hier von Herrenknecht angeführt, dem führenden Tunnelbauer, der bereits hochoffiziell 70000 Euronen an die CDU "gespendet" hat.

    So mussten Stadt und Land der Bahn das projekt Stuttgart 21 erstmal durch heftige finanzielle Vorleistungen schmackhaft gemacht werden....

  • P
    polytechniker

    Das ist doch wohl ein Witz, oder?

    Ich kann diese Story nicht so recht glauben.

     

    Falls aber wirklich etwas dran sein soll, ist das Projekt S21 hiermit gestorben....oder es wird nur mit massiver Unterstützung der Bundeswehr machbar sein.

  • R
    René

    Langsam kommen wir (ddie Öffentlichkeit) wohl hinter die wirklichen Beweggründe zu Stuttgard 21

     

    Aber wie wärs mit detailierten Informationen zu diesen Geheimen Dokumenten

  • H
    Hegelfan

    Der Autor trifft wie bei allen seinen Geschichten auch hier den Nagel auf den Kopf. Das merkt man beim zweiten Lesen.

     

    Das Erstaunen über das Schwachsinnskonzept der Stuttgart-21-Planer, das ist die Aufsichtsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft Stuttgart mit Namen Gönner und der Ministerpräsident Mappus, führt der Autor auf einen Grund zurück, der demnächst „ausgebuddelt werden“ soll. Und er fordert den Leser dazu auf, im Geiste gleich mit zu buddeln. Von Stuttgart ist „die Zukunft der deutschen Industrie in entscheidendem Maße abhängig“ meint Rüdiger Kind. Völlig richtig. So jedenfalls stellen sich die Aufsichtsratsvorsitzende und der Ministerpräsident das vor.

     

    China ist das Stichwort, mit dem Gönner und Mappus die Schwaben in Konkurrenz treten lassen wollen. Das steigert das Selbstwertgefühl der Schwaben. China aber wird nicht per Bahn erreicht, sondern mit dem Flugzeug. „Stuttgart 21 ist demnach nichts anderes als eine Alibiveranstaltung“ meint Rüdiger Kind. Erneut völlig richtig. Das wahre Gold liegt in der Tasche der Umweltministerin verborgen. Und die ist eben auch die Aufsichtsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft Stuttgart. Die Gier nach dem Gold kann man dem stieren Blick der Frau Gönner schon anmerken.

  • E
    E.Roos.

    Super Humor! Mehr davon bitte :-)