Langlauf-Tour de Ski verbessert: Vom Witz zur würdigen Tour
Bei der dritten Tour de Ski wurde manche Kinderkrankheit abgelegt – aber immer noch scheint das System aus Bonuspunkten und Gutschriften zu komplex für die Massen.
Endlich einmal hat zu Beginn alles gepasst. Ehe Bundestrainer Jochen Behle aufbrach nach Prag, hatte er noch einmal Grundsätzliches zur Tour de Ski verkündet. "Es ist wichtig, dass es ein würdiger Auftakt war. Das passte hier in Oberhof von der Stimmung her", sagte der Bundestrainer der deutschen Skilangläufer. Und die Leistungen seiner Athleten passten auch. Axel Teichmann verließ Thüringen am Sonntag als Gesamt-Zweiter. Dass er dann gestern beim ungeliebten Sprint zurückfallen würde, war klar. Der 29-Jährige lief in Prag zu langsam in der Qualifikation und verpasste das Viertelfinale. Er kann zwar noch mitmischen um den Gesamtsieg, die großen Favoriten aber sind andere.
Die Tour de Ski will den komplettesten Skilangläufer küren, und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass bei den ersten beiden Auflagen der Veranstaltung jener Athlet gewann, der später auch die Saisonwertung für sich entschied: Tobias Angerer aus Vachendorf 2007, der Tscheche Lukas Bauer 2008. Teichmann gehört in dieser Saison nicht zu den dominierenden Athleten des Weltcups, ist als bester Deutscher nur Elfter im Gesamtklassement. Außerdem war der zweimalige Weltmeister bisher bei der Tour de Ski nicht unbedingt vom Glück begünstigt. Vor zwei Jahren musste er wegen einer Erkältung aussteigen und im vergangenen Winter brach er sich dann den Finger. Die Chance auf den Gesamtsieg war damit dahin, und er lief nur noch mit als Helfer für René Sommerfeldt, der am Ende Zweiter wurde.
Doch dass die deutschen Langläufer beim Auftakt in Oberhof eine gute Rolle spielten, ist auch wichtig für die Zukunft der Veranstaltung, die vorerst vor allem bei den Athleten einen hohen Stellenwert genießt. "Die Tour ist etwas Großartiges. Das will man sich nicht entgehen lassen", sagt Angerer. Allerdings gab es in den ersten beiden Jahren auch Kritik an der Veranstaltung. "Da sind noch viele Zipperlein zu verbessern", sagte Behle letztes Jahr.
Eine neue Wettkampfserie wird allerdings nur selten auf Anhieb ein Erfolg, weil Kinderkrankheiten fast unweigerlich auftreten. Bei der Premiere der Tour rannten die Athleten durch ein fast leeres Münchner Olympiastadion. Außerdem war damals die Auftaktveranstaltung in Nove Mesto wegen Schneemangels ausgefallen, in der vergangenen Saison dann Oberstdorf als Austragungsort der zweiten Station zurückgetreten, weil die Fernsehübertragung wegen der Finanzprobleme des Deutschen Skiverbandes nicht gesichert war. Der Plan von Jürg Capiol, Langlauf-Renndirektor des Internationalen Skiverbandes Fis, die Tour de Ski in möglichst vielen Ländern zu etablieren, ging zunächst nicht auf. Obendrein präsentierten sich die Loipen in Nove Mesto und Prag im vergangenen Jahr viel zu schmal. "Das war eine Witzveranstaltung", hatte Behle damals gelästert.
Beim dritten Anlauf ist nun alles besser. Insgesamt gut 15.000 Zuschauer waren am Samstag und Sonntag ins Skistadion am Grenzadler in Oberhof gekommen. Das Publikum in Oberhof ist fachkundig, die Organisatoren ebenfalls, denn der Wintersportort im Thüringer Wald veranstaltet seit Jahren regelmäßig hochkarätige Wettkämpfe wie die Weltcups im Biathlon und in der Nordischen Kombination.
Allerdings hängt dann doch vieles am Erfolg der deutschen Läufer. Tritt der nicht ein, schalten auch die Fernsehzuschauer nicht ein. Denn immer noch ist das Bewertungssystem mit Zeitgutschriften und Bonuspunkten nur schwer verständlich. Am Sonntag wurde die Ergebnisliste des Männer-Rennens mehrmals korrigiert, einmal der Finne Sami Jauhojaervi auf den dritten Platz gesetzt, dann wieder der Kanadier Devon Kershaw. Für den Zuschauer ist kaum nachvollziehbar, warum Teichmann in der Verfolgung dreizehn Sekunden vor dem Schweizer Cologna in die Loipe gehen durfte, obwohl er den Prolog einen Tag zuvor nur mit acht Sekunden Vorsprung gewonnen hatte.
Den Mannschaften missfällt zudem auch in diesem Jahr wieder die Hetze über die Landstraßen. Die gut zweistündige Fahrt von Prag nach Nove Mesto, der dritten Tour-Station, ist ja noch erträglich, aber dann geht es ins fast 900 Kilometer entfernte Val di Fiemme. Dort entscheidet sich am kommenden Sonntag an einem bis zu 28 Prozent steilen Schlussanstieg die Tour de Ski.
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