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Eiskunstlauf-AffäreTänzeln im Verborgenen

Der Eiskunstlauf-Verband und Trainer Ingo Steuer schließen einen Vergleich. Geld soll es nun trotz Steuers Stasi-Vergangenheit geben, allerdings nur über Sponsoren.

Ingo Steuer darf als ehemaliger IM nicht direkt Geld bekommen. Bild: dpa

Die Weltpremiere fand fast im Verborgenen statt. Vier deutsche Eistanzpaare präsentierten zum Auftakt der Eiskunstlauf-Meisterschaften in Oberstdorf zu nachtblauer Stunde den Finnstep. Das ist ein neuer Pflichttanz aus der Familie des Quickstep, Weiterentwicklung eines Originaltanzes der finnischen Europameister von 1995, Susanna Rahkamo und Petri Kokko, erdacht vom deutschen Bundestrainer Martin Skotnicky. In diesem Winter steht der Finnstep zum ersten Mal auf dem Programm nationaler und internationaler Wettbewerbe, und passenderweise erlebte er seine Weltpremiere auf jenem Eis, auf dem er einst erfunden worden war.

Weitere Ereignisse von globaler Bedeutung sind bei den vier Entscheidungen der Meisterschaften am Fuße des Nebelhorns nicht zu erwarten, wohl aber der Auftritt der mit himmelweitem Abstand besten deutschen Eiskunstläufer, der Paarlauf-Weltmeister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, Freitag im Kurzprogramm und Samstag in der Kür.

Der Trainer des Paares, Ingo Steuer, kann sich künftig ohne Ablenkung aufs Coaching seiner Schützlinge konzentrieren. Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) und Steuer haben zum Jahresende einen Strich unter den Zwist um die Stasi-Mitarbeit des Trainers gezogen. Mit einem Vergleich beendeten der Verband und Steuer, über dessen Berichte Stasi-Experte Hubertus Knabe sagte, "ich habe selten so offene Denunziationen und Spitzeleien gelesen", alle gerichtlichen Auseinandersetzungen. "Aus unserer Sicht ist das sehr erfolgreich gelaufen", sagte Steuers Anwältin Karla Vogt-Röller.

Zentraler Punkt des Vergleichs vor dem Landgericht ist eine Vereinbarung, nach der die DEU bis zu den Winterspielen 2010 in Vancouver Sponsorengelder in Höhe von rund 250.000 Euro für das Paar eintreibt. Damit soll Steuer entlohnt werden. Denn nach wie vor verbietet das Bundesinnenministerium (BMI) die direkte Bezahlung Stasi-belasteter Übungsleiter. "Zufrieden kann man nur sein, wenn man das Ziel erreicht hat", sagte DEU-Vizepräsident Uwe Harnos, der mit der Aufgabe betraut ist, das Geld zu besorgen. "Wir bemühen uns um Sponsoren, aber die Lage ist schwierig aufgrund der wirtschaftlichen Lage", so der Jurist, der ebenso wie Präsident Dieter Hillebrand aus dem Eishockey-Lager kommt.

Derweil geht es für das Steuer-Pärchen weniger um den Gewinn des sechsten nationalen Meistertitels hintereinander, der nur von einem bösen Missgeschick oder dem Diebstahl der Schlittschuhe verhindert werden könnte. Es geht, nur wenige Tage nach einem verpatzten Auftritt und einer Niederlage gegen die beiden besten Paare Chinas beim Grand-Prix-Finale in Goyang/Korea, eher darum, stabil und sauber zu laufen.

Trainer Ingo Steuer wollte der ersten Niederlage seines Paares nach mehr als einem Jahr nicht allzu große Bedeutung beimessen, und Szolkowy meinte hinterher gelassen, auch als Weltmeister könne man nicht immer perfekt laufen. Ohne Wirkung blieb die Niederlage in Korea dennoch nicht. Unmittelbar nach dem Wettbewerb kündigte Steuer für die Deutschen Meisterschaften Änderungen in der Kür zur Filmmusik von "Schindlers Liste" an und gab als Ziel fürs Wochenende an, möglichst fehlerlos zu laufen. Grundsätzlich ist er nach wie vor davon überzeugt, falls alle Elemente nach Wunsch funktionierten, dann sei die Kür ein Kracher. Bei den bisherigen Auftritten dieses Winters haperte es allerdings selbst bei den Siegen mal hier und mal da - was die Sehnsucht nach Stabilität wachsen ließ. So stehen die Meisterschaften des Jahres 2009, die vorgezogen dieser Tage kurz vor Weihnachten stattfinden, in gewisser Weise an der Schwelle zum wichtigeren Teil der vorolympischen Planung.

Denn das alles, so hoffen sie, sind weitere Schritte auf dem Weg zum großen Ziel, zur Goldmedaille bei Olympia 2010 in Vancouver. (mit dpa)

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