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Kolumne Press-SchlagIm Biotop der Liga

Kolumne
von Markus Völker

Auch wenn die Mainzer Siegesserie gerissen ist: Der Erfolg der 05er steht für eine Fußballkultur, die ihresgleichen in Europa sucht.

D ie Milchschlange ist ein Kriechtier aus Amerika. Sie sieht gefährlich aus, ist es aber eigentlich nicht. Das Reptil gehört zur Familie der Trugnattern. Sie maßt sich an, wie die sehr giftige Korallenotter auszusehen, um Feinde zu veräppeln. Mimikry nennen das die Biologen. Diese Art der Täuschung geht eine Weile gut, irgendwann durchschaut sie auch die dümmste Maus.

Sieben Spieltage hat die Bundesliga und insbesondere Mainz Mimikry gespielt. Verrückt gings zu in dieser Zeit: Die Tabelle stand Kopf. Der FC Bayern, die dickste Korallenschlange im deutschen Fußballbiotop, kränkelte vor sich hin. Ein Karnevalsverein siegte sich dumm und dusslig. Doch nach Spieltag Numero acht ist das Täuschungsmanöver der Mimikrysten vorbei: Mainz hat nach sieben Siegen in Serie endlich verloren und schickt sich möglicherweise an, künftig im Reservat für harmlose Nattern dahinzuvegetieren.

Den Bayern wiederum ist ein besonders schmackhafter Brocken zum Fraß vorgeworfen worden. Schalke und Stuttgart deuteten wieder an, dass sie mehr Korallenotter als Milchschlange sind. Man könnte auch, um sich endlich aus dem Natternbild herauszuschlängeln, sagen: Es ist so etwas wie Normalität in der Bundesliga eingekehrt. So konnte es ja auch nicht weitergehen für die Mainzer. Der Fortsetzungsroman, den die 05er über Wochen geschrieben haben, ist erst mal vorbei. Immerhin haben sie geschafft, was nur zwei anderen Vereinen gelungen ist: ein Startrekord. Der bleibt ihnen.

Bild: taz

Markus Völker ist Redakteur im taz-Resoort Leibesübungen.

Was sie sogar ganz für sich allein verbuchen können, das ist ein Startrekord ohne Makel. Kaiserslautern hatte sich 2001 von Sieg zu Sieg gegurkt, die Neue Zürcher Zeitung schrieb seinerzeit von "den Duselbrüdern aus der Pfalz". Und im Jahr 1995, als die Bayern aus München die Liga anfangs dominierten, da soll ihnen schon mal der Schiedsrichter hier und da sanft unter die Arme gegriffen haben, jedenfalls bemerkte die Frankfurter Allgemeine Zeitung damals, der Unparteiische habe "nicht unwesentlich Regie" geführt.

Fressen jetzt also wie gehabt die Großen die Kleinen und nicht mehr umgekehrt? Könnte schon sein. Es wäre aber auch möglich, dass die Bundesliga schillernd bunt bleibt wie das Tarnkleid der Milchschlange. Denn in dieser Liga wird das Versprechen noch eingelöst, dass jeder jeden schlagen kann und die ersten Plätze nicht per Abo an die Topklubs gehen. In Spanien tummeln sich wieder Real Madrid und der FC Barcelona an der Spitze, in England Chelsea, Arsenal und Manchester United, in Italien die Mailänder Klubs. Das ist furchtbar berechenbar. Dann schon lieber die trickreiche Mimikry der Mainzer.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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3 Kommentare

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  • H
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    @Josef Riga

     

    Ihr hättet 1792 eben bei den Franzosen bleiben sollen.

  • K
    KaiWutzel

    Sehr schwacher Vergleich. Die Mainzer standen und stehen zu Recht dort oben, sie haben sich weder aufgeplustert noch irgendwelche Gefährlichkeit vorgetäuscht. Auch nach dieser (unglücklichen) Niederlage werden sie weiter erfolgreichen und schönen Fußball spielen, ihre Spielkunst sucht in der Bundesliga momentan ihresgleichen, deswegen finde ich die Itention der Kolumne mehr als unangebracht.

  • JR
    Josef Riga

    Die Mainzer können außer mit der Sensationslef von MAINZ 05 noch mit einer anderen Besonderheit in Deutschland aufwarten:

    die Stadt ist die einzige unseres Landes, die nach dem Krieg in zwei oder mehr Besatzungszonen geteilt wurde - anders aber als Berlin oder Wien wurde Mainz nicht mehr wiedervereinigt.