Die Post-Hoeneß-Hertha: Auf Bewährung
Hertha BSC rüstet sich für die Zeit nach Dieter Hoeneß. Michael Preetz muss sich den Posten des Geschäftsführers mit dem Finanzexperten des Klubs teilen. Sie bilden eine Doppelspitze.
BERLIN taz Hertha BSC Berlin steht vor einer schweren Saison. Das lässt sich jetzt schon sagen. Während der FC Bayern München einen Wechsel nach dem anderen vermeldet, tüchtig investiert und auch die anderen Klubs auf dem Transfermarkt zuschlagen, haben sie bei Hertha erst einen Fußballer verpflichtet: Christoph Janker von 1899 Hoffenheim. Dafür hat sich anderswo viel getan bei den Hauptstädtern: Dieter Hoeneß, Vereinslenker in den vergangenen 13 Jahren, ist weg. Er musste gehen. Aber das ist nicht schlimm, denn Hertha BSC hat jetzt eine doppelte Doppelspitze. In das Hoeneßsche Machtvakuum sind Trainer Lucien Favre und Präsident Werner Gegenbauer gestoßen. Favre und Gegenbauer - das ist die große Doppelspitze.
Auf der Verwaltungsebene hat Hertha eine weitere Doppelspitze geschmiedet. Preetz, bisher kaum zu erkennen im Hoeneßschen Schlagschatten und zudem eher mit Kleinkram betraut, soll jetzt den Geschäftsführer geben, so etwas wie einen Anti-Hoeneß, viel netter, mannschaftsdienlicher und kommunikativer. Ihm zur Seite steht Herthas Mann fürs Finanzielle, Ingo Schiller. Schiller, der Hertha elf Jahre treu ergeben gedient hat, ist die Geschäftsführung nichts Neues. Das Konstrukt lässt darauf schließen, dass Preetz in seinem Kompetenzen-Portfolio noch ein paar Generalvollmachten fehlen. Die Arbeit der kleinen Doppelspitze wird in den kommenden Monaten einer Begutachtung unterzogen.
Vielleicht kommt wieder das von Präsident Gegenbauer so gern benutzte "Assessment-Center", also ein menschlicher Bewertungsapparat, zur Anwendung. Gegenbauers Assessment-Center ist ja bereits Hoeneß zum Verhängnis geworden. Gestern sagte Gegenbauer jedenfalls: "Wir werden mal sehen, ob es dabei bleibt." Also bei der kleinen Doppelspitze. Das Duo Preetz und Schiller arbeitet demnach auf Bewährung. Gegenbauer war immerhin so schlau, sich bei der Präsentation der Hertha-Pläne gestern nicht in die Mitte des Podiums zu setzen, dort thronte der beleibte Schiller, links neben Schiller der Präsident, rechts Preetz. Der ist 13 Jahre im Verein und wollte der Presse in schwüler Atmosphäre so viel sagen, dass er einen Spickzettel vor sich liegen hatte und ab und zu darauf lugte. Er wolle den Verein so machen wie Berlin, "jung, leidenschaftlich, offen und direkt". Mit ihm gebe es "keinen Alleingang und keine Hauruck-Aktionen", er stehe für "Teamplay". Das war natürlich an die Adresse von Hoeneß gerichtet, der es sich derzeit mit seiner Abfindung von einer Million Euro auf Sardinien gutgehen lässt. Weil er, Preetz, erst "24 Stunden" im Amt sei, könne noch nichts Konkretes vermeldet werden, etwa ein neuer Transfer oder so.
Aber das hätte, wenn überhaupt, eh nur Gegenbauer machen können, denn der hat zuletzt Favre in der Schweiz getroffen - nicht Preetz.
Favre hätte freilich mit sämtlichen Hertha-Mitgliedern reden können, geändert hätte sich an der Ausgangslage nichts: Hertha hat bei 33 Millionen Euro Schulden nicht viel Geld für große Einkäufe. Preetz sagte deswegen, Favre müsse "junge Spieler entwickeln" oder "Spieler finden, die sich entwickeln können", wichtig sei auch Kontinuität, für die Spielerentwicklung. Eben weil Hertha nicht klotzen kann, sei es "ehrgeizig, wieder in diesen Dimensionen zu landen", so erfolgreich zu sein wie in der abgelaufenen Spielzeit, als Hertha auf Platz vier und damit in der neuen Europaliga landete.
Einen neuen Überbau hat die Hertha also verpasst bekommen, fehlt eigentlich nur noch ein gescheites Motto für die Zeit nach Hoeneß. Werner Gegenbauer, ein in Berlin recht erfolgreicher Unternehmer, fiel da nur das Naheliegende ein: "Hertha BSC besteht aus Fußball und ist ein Wirtschaftsunternehmen, das sich auf Veränderung einstellen muss." Puh. MARKUS VÖLKER
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