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Sicherheitskopien in StollenViele Kölner Akten doch verfilmt

Der Archiv-Schaden durch den Einsturz in Köln ist etwas weniger dramatisch als zunächst angenommen. Zehn Mal mehr Schriftgut als bisher bekannt ist nach taz-Informationen gesichert.

Perlentaucher: Hilfskräfte in Köln auf der Suche nach Dokumenten in den Trümmern des Stadtarchivs. Bild: dpa

KÖLN taz Im Historischen Archiv der Stadt Köln ist zehn Mal mehr Schriftgut sicherungsverfilmt worden als bisher angegeben. "Es sind 6.396 Filme mit zehn Millionen Einzelaufnahmen", bestätigte eine Sprecherin des zuständigen Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Köln der taz. Fünf Tage nach dem Einsturz des Archivs hatte das BBK bekannt gegeben, dass 638 Filme mit 1,15 Millionen Aufnahmen sicher in einem Stollen im Schwarzwald lägen.

"Ich wusste gleich, dass das nicht stimmen konnte," erklärte Martin Luchterhand vom Landesarchiv in Berlin. Er ist Vorsitzender des Fototechnischen Ausschusses des Bundes und der Länder, der die bundeseigene Sicherungsverfilmung fachlich begleitet. Die ursprünglichen Angaben des BBK seien auf veraltete Informationen zurückzuführen. In einer Gemeinschaftsarbeit der verschiedenen beteiligten Stellen seien innerhalb von elf Tagen Datenbanken verglichen und die aktuellen Zahlen ermittelt worden.

Archivare bringen 8.000 bis 10.000 Blatt modernes Papier auf einem Regalmeter unter. Weil das Papier der älteren Zeit dicker war, können sie hier nur 6.000 bis 8.000 Blatt pro Meter einlagern. Bei zehn Millionen Dokumenten sind damit 1,2 bis 1,7 Regalkilometer Kölner Archivalien gesichert. Das wären rund vier bis sechs Prozent der 27 Regalkilometer Bestände, die im eingestürzten Archivgebäude untergebracht waren.

Immerhin sind es die ältesten Schriftstücke, die auf Film vorhanden sind. Am Tag nach dem Einsturz hatte der 78jährige Hugo Stehkämper, der das Archiv von 1969 bis 1994 leitete, dem Kölner Stadtanzeiger erklärt: "Die Urkunden sind alle verfilmt, aber nicht die Siegel, weil die eigens hätten ausgeleuchtet werden müssen. Die Bestände sind bis in die Französische Zeit, bis 1815, weitgehend dokumentiert." Unter der schieren Wucht des Ereignisses, der Suche nach einer noch unsicheren Zahl von Verschütteten und dem einsetzenden Regen, durch den weitere Zerstörungen drohten, ging Stehkämpers Hinweis unter.

Die Liste der Filme liegt der taz vor. Tatsächlich weist die Verfilmung ab dem Stichjahr 1815 große Lücken auf. Nur das Schriftgut zentraler Einrichtungen wie des Oberbürgermeisters, Protokolle und Beschlussbücher des Rates sowie Gruppen von Schulakten sind dicht belegt. Hinzu kommen knapp 30 ältere Nachlässe, darunter diejenigen des Reichskanzlers Wilhelm Marx und des Sammlers Ferdinanz Franz Wallraf sowie die berühmte Sammlung zum Komponisten Jacques Offenbach. Die letzte, noch nicht im Barbarastollen angelangte Charge besteht aus 10 Filmen mit 20.500 Aufnahmen von Akten des Oberbürgermeister-Büros.

Grund zu Freude über diese Dokumentation sieht allerdings keiner der Fachleute. Wer professionell im Blick hat, wie sich das Interesse der Forscher an Archivalien von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ändert, mag keine Erleichterung dabei finden, wenn zehntausende mittelalterliche Urkunden erhalten, aber zehntausende Akten der Nazizeit verschwunden bleiben.

Außerdem können schwarz-weiße Filmaufnahmen die Originale nicht ersetzen. Dies liegt nicht nur an der Aura der historischen Dokumente, oder weil die Filme am Lesegerät so beschwerlich zu nutzen sind. Es fehlt auch etwa die Kolorierung. Sie ist nicht nur in alten Grundstücksplänen von Bedeutung, sondern auch im Aktenverkehr von Behörden: manchmal erlaubt nur die - intern festgelegte - Farbe der schriftlichen Vermerke Aufschluss über ihren Verfasser. Im Film verschwinden auch alle Informationen über Papiere, Wasserzeichen oder Aktenbindung.

Zudem herrscht Unklarheit über die Brauchbarkeit der Rollen. "Sehr viele Bestände", so Eberhard Illner, früher Abteilungsleiter für die reichhaltigen Nachlässe im Kölner Archiv, seien "in eher minderer Qualität" verfilmt worden. "Das möchte ich bestreiten", meint Ulrike Fuchs, Sprecherin des BBK: "Da wird Wert auf höchste Qualität gelegt." Denn es sei unsinnig, diesen Aufwand zu betreiben, "wenn die Sachen nachher nicht lesbar sind", so Fuchs. Martin Luchterhandt hingegen äußert sich diplomatisch: "Schlecht verfilmte Bestände wird es auch in Köln geben. Das kommt, statistisch gesehen, auch bei der größten Sorgfalt vor." BZ

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