Kommunalwahlen in NRW: SPD noch schlechter, Linke mäßig
Obwohl die SPD die einige Rathäuser zurückeroberte, hat sich ihr Gesamtergebnis weiter verschlechtert. Linke blieb dennoch unter 5 Prozent. Grüne stärker, in Köln gar mit 21,7 Prozent.
KÖLN taz | Die SPD hat in Nordrhein-Westfalen ihren Abwärtstrend nicht stoppen können. Bei den Kommunalwahlen am Sonntag landete sie laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis landesweit nur noch bei 29,4 Prozent der Stimmen.
Damit unterboten die Sozialdemokraten nochmals ihr desaströses Ergebnis von vor fünf Jahren, als sie mit 31,7 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis seit Gründung des Bundeslandes einfuhren. Trotz hoher Verluste mit Abstand stärkste Partei an Rhein und Ruhr bleibt die CDU, die mit 38,6 Prozent fast fünf Prozent gegenüber dem Urnengang 2004 verlor.
SPD gewinnt einige Rathäuser
Versüßt wurde der SPD ihre Niederlage allerdings durch Erfolge bei einigen Oberbürgermeisterwahlen. So werden in den Rathäusern von Köln, Essen und Bielefeld künftig mit Jürgen Roters, Reinhard Paß und Pit Clausen Sozialdemokraten anstelle der bisherigen CDU-Amtsinhaber regieren.
Behaupten konnte sich die SPD in Bonn, wo Jürgen Nimptsch seine nicht mehr angetretene Parteifreundin Bärbel Dieckmann ablösen wird, sowie in fast allen Ruhrgebietsstädten, darunter auch in Dortmund. In der zweitgrößten Stadt des Landes siegte der SPD-Mann Ullrich Sierau klar gegen den gemeinsamen Kandidaten von CDU und FDP.
CDU regiert dafür in Duisburg
In der einstigen roten Hochburg Duisburg indes regiert mit Adolf Sauerland auch in Zukunft ein Schwarzer. Er konnte sich mit 44,6 Prozent gegen seinen SPD-Herausforderer Jürgen C. Brandt (38,2 Prozent) durchsetzen und bestätigte damit seinen Überraschungserfolg von 2004. Unerwartet abgewählt wurde in Leverkusen SPD-Amtsinhaber Ernst Küchler, der sich mit 39 zu 39,9 Prozent denkbar knapp dem CDU-Mann Reinhard Buchhorn geschlagen geben musste.
Auch Aachen ging für die SPD verloren. Hier schlug der CDU-Kandidat Marcel Philipp nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen SPD-Mann Karl Schultheis. Die Christdemokraten stellen zudem auch weiterhin die Oberbürgermeister in Wuppertal und Münster sowie die meisten Landräte. In der Landeshauptstadt Düsseldorf, wo bereits im vergangenen Jahr der CDUler Dirk Elbers zum Nachfolger des verstorbenen OBs Joachim Erwin gewählt wurde, baute Schwarz-Gelb seine Mehrheit im Stadtrat aus.
Eigentlicher Gewinner sind die kleinen Parteien
Eindeutige Wahlgewinner an Rhein und Ruhr sind indes die kleineren Parteien: So verbesserten die Grünen ihr Ergebnis von 10,3 auf 12 Prozent. Dabei schaffte die Öko-Partei in Köln mit rund 21,7 Prozent sogar den Sprung über die Zwanzigprozentmarke. Die FDP steigerte sich im Landesdurchschnitt von 6,8 auf 9,2 Prozent. Besonders gut schnitten die Liberalen mit 13 Prozent in Bonn ab.
Starke Zugewinne vermeldet auch die Linke. 2004 als PDS mit landesweit gerademal 1,4 Prozent der Stimmen nicht mehr als eine Splitterpartei, kommt sie nun auf 4,4 Prozent und wird künftig in allen größeren Städten des Landes in Fraktionsstärke im Rat vertreten sein. Jedoch verfehlte sie ihr selbstgestecktes Wahlziel, landesweit den Sprung über die Fünfprozentmarke zu schaffen.
In den meisten ländlichen Kreisen, aber ebenso in Bonn, Münster oder Leverkusen blieb die Linkspartei zum Teil deutlich unter 4 Prozent. Besonders gut schnitt sie erwartungsgemäß im Ruhrgebiet ab: Hier holte sie ihre Spitzenresultate mit 8,5 Prozent in Oberhausen und 7,7 Prozent in Duisburg. Eine Ausnahme bildet Bottrop, wo die Linke mit nur 4,6 Prozent hinter der DKP (5,6) und der ÖDP (6,4) landete.
Rechte "Pro"-Bewegung noch vor NPD und Reps
Enttäuschend auch das Abschneiden der Linke in Köln: Statt der erwarteten 7 Prozent, kam die Linke in der rheinischen Metropole nur auf 4,8 Prozent – und schnitt damit schlechter ab, als die „Bürgerbewegung pro Köln“. Die rechtsextreme Vereinigung erreichte 5,4 Prozent.
Auch in Gelsenkirchen wird der der dortige „Pro“-Ableger mit 4,3 Prozent künftig in Fraktionsstärke im Rat vertreten sein. Nur in wenigen Städten und Kreisen angetreten, kam „Pro NRW“ landesweit auf 0,6 Prozent und liegt damit im Rechtsaußenspektrum vor der NPD (0,3) und den „Republikanern“ (0,2).
Jugendpartei stellt Bürgermeister
Einen Sensationserfolg errang die Jugendpartei Peto in Monheim. Sie wird künftig mit Daniel Zimmermann den Bürgermeister in der 44.000-Einwohner-Stadt südlich von Düsseldorf stellen. Der 27-jährige Doktorand setzte sich unter anderem gegen die Kandidaten von CDU und SPD durch. Im Stadtrat stellt Peto künftig mit 29,6 Prozent die zweitstärkste Fraktion, knapp hinter der CDU und noch vor der SPD.
Rüttgers gibt sich zufrieden
Der CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers gab sich zufrieden mit dem Ausgang der Wahlen: "Wenn sie den bundesweiten Trend sehen, dann haben wir ein gutes Ergebnis erzielt", sagte der NRW-Ministerpräsident. Die Union bleibe die "große gestaltende kommunalpolitische Kraft in Nordrhein-Westfalen".
Auch SPD-Landeschefin Hannelore Kraft versuchte, dem schlechten Ergebnis ihrer Partei positive Seiten abzugewinnen: "Wir haben gekämpft und gezeigt, dass wir uns in schwieriger Lage behaupten können.“ Wichtig sei, dass die Linke unter fünf Prozent geblieben sei. „Wir haben immer gesagt, das ist unser Ziel“, so Kraft.
Grüne stolz, Dritter zu sein
Richtig gut gelaunt zeigte sich Grünen-Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger: "Wir sind stabile dritte Kraft vor der FDP, das ist wunderbar." Die rot-grünen Themen seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner bezeichnete das Abschneiden seiner Partei als "ein starkes Signal für die Bundestagswahl".
Nicht ganz so euphorisch räumte der Landessprecher der Linken, Wolfgang Zimmermann, ein: „Natürlich wollten wir mehr, aber wir sind hier erstmals flächendeckend angetreten und haben immerhin das zweieinhalbfache des Ergebnisses der letzten Wahl erreicht.” Er erklärte: „Wir sorgen dafür, dass in vielen NRW-Rathäusern von nun ein sozialerer Wind weht.“
Die Wahlbeteiligung lag bei 52,3 Prozent, das ist der geringste Wert seit Bestehen des Landes Nordrhein-Westfalen. Bei den Kommunalwahlen im September 2004 hatte die Beteiligung noch bei 54,4 Prozent gelegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau