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Der Verstotterer des BundespräsidentenPR-Hilfe für Köhler

Köhler wollte nicht sagen, dass die Bundeswehr wegen Exportinteressen in Afghanistan ist. PR-Hilfe ist in Sicht: Diese Woche bekommt der Bundespräsident eine neue Pressesprecherin.

Bekommt bald mehr Durchblick: Horst Köhler. Bild: reuters

BERLIN taz | Einen kleinen Gruß an Horst Köhler brachte der scheidende Ministerpräsident Hessens, Roland Koch (CDU), in seinem Abschiedsinterview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unter: "Es hat in der Politik keinen Sinn, immer mit allem, was man sagt, die große Mehrheit der Menschen erfreuen zu wollen. Das ist die Aufgabe des Bundespräsidenten."

Genau dies ist Bundespräsident Köhler zuletzt nicht gelungen. Etwas mühsam musste das Bundespräsidialamt vor dem Wochenende ein Köhler-Interview ergänzen: Der Zusammenhang von Wirtschaftsinteressen und Bundeswehreinsätzen, von dem der Bundespräsident in einem Interview auf der Rückreise von Afghanistan gesprochen habe, habe sich auf den Antipirateneinsatz vor Somalia bezogen.

Am Pfingstsamstag hatte Köhler einem Deutschlandradio-Redakteur auf die Frage nach einem vielleicht nötigen neuen Diskurs über Auslandseinsätze gesagt: In Afghanistan sei man wegen der Sicherheit. Und dann: "Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen."

Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz erklärte hierzu, Köhler habe sich missverständlich ausgedrückt. "Er wollte keine neue Militärdoktrin für Deutschland verkünden." Köhler bekommt am Dienstag eine neue Pressesprecherin.

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22 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Das Weißbuch ist mittels Suchmaschine zu finden. Köhlers Interview mit D-Radio unter besagter Web-Site nachzulesen.

    Das Weißbuch ist Skandal genug, aber Köhlers Version war deutlich schärfer.

    Militäreinsatz als Mittel zum Zweck!

    Ich hoffe es werden Koch und Köhler noch viele andere aus dieser Interessengemeinschaft folgen.

  • UK
    Ulrich Kimmig

    Wenn man sich den Ausschnitt aus Köhlers Interview anhört und andere Reden von Köhler verfolgt hat weiss man, dass Herr Köhler gerne verklausuliert ausdrückt, was er tatsächlich meint. Und er meint, dass die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands notfalls auch militärisch, wenn jetzt vielleicht in der expliziten Form auch nicht direkt in Afghanistan, so jedoch an anderer Stelle im Sinne der Aufrechterhaltung des deutschen Aussenhandelsüberschusses, im Sinne des freien Zugangs zu Rohstoffen und im Besonderen auch als Beweis, ein verlässlicher Bündnispartner der NATO zu sein, gerne mal die Unversehrtheit menschlichen Lebens zu übersehen geneigt sein zu dürfen glauben kann und durchgestzt werden sollen. Er sprach aus wofür der Grossteil des Bundestages regelmässig stimmt.

  • S
    Steve

    tja, die neue Pressesprecherin wird jetzt wohl nicht mehr gebraucht, unglaublich, macht der einfach den Lafontaine...wegen so einer Lappalie der erste Rücktritt eines Bundespräsidenten überhaupt, nicht zu fassen. Diese Art des Umgangs mit dem Amt zeigt ex post, dass er nicht der Richtige war. Das geht einfach nicht, dass man wie ein Suppenkasper einfach so hinschmeißt, anstatt einfach selbst ein paar Worte zu dem dämlichen Interview zu sagen.

  • GS
    Georg Schedereit

    Bin italienischer Staatsbürger. Wegen sowas tritt bei Euch die Nr.1. zurück? Kannitverstan. Aber irgendwie imponierend.

  • I
    imbissylt

    Ich bin auch auch sehr enttäuscht, dass die taz es erst schafft, eine Woche später über den Ausrutscher von Horst Köhler zu berichten. Und dabei hat sie noch nicht einmal erwähnt, dass einige Menschen auf grund seiner Äusserungen Strafanzeige gegen Horst Köhler erstattet haben.

     

     

    http://bundeshorst.wordpress.com/

     

    Was ist los mit Euch? Eigentlich habe ich von der taz erwartet, dass sie auf solche Äusserungen sofort und umfassend reagiert? Und jetzt ist die Aussage von Horst Köhler wieder bald vergessen und es bleibt der unangenehme Nachgeschmack im öffentlichen Bewusstsein: "ist schon schlimm, wenn man das sagt - aber eigentlich kann man dagegen auch nichts mehr machen."

     

    So wie Küppersbusch es gesagt hat: Der eigentliche Skandal ist, dass es kein Skandal wird!

  • JS
    Jonas Schaible

    @MikaL: Nein, was Köhler gesagt hat, steht so nicht im Weißbuch. Egal, wie oft es auch in den letzten Tagen behauptet wurde: Es stimmt nicht.

    Das Weißbuch nennt freien Welthandel als Ziel der Sicherheitspolitik, nicht als Aufgabe der Bundeswehr. Es nimmt keine Zuordnung des Mittels "Militäreinsatz" (das nur eines von vielen Mitteln der Sicherheitspolitik ist) zum Ziel "freier Welthandel" vor - Köhler tut das sehr wohl.

    Deswegen haben Köhlers Äußerungen eine ganz andere Qualität und sind, anders als die des Weißbuchs, auch nicht vom GG gedeckt.

  • VR
    Volker Rockel

    Der Bundespräsident hat das gesagt, was er denkt!- Insoweit ein guter Anlasse für die politik, die längst überfällige Diskussion über Sinn und Zweck die Auslandseinsätze, endlich einmal seriös zu führen!

     

    Aber offenbar sieht sich die Politik hierzu nicht befähigt und versucht der Inhalt des Interviews des Bundespräsidenten einen neuen Sinn zu geben!

     

    Herr Bundespräsident, lassen sie sich das nicht gefallen;- zeigen sie Zivilcourage!

  • DM
    De Moby

    Da war mal jemand überraschend ehrlich!

    Das so was in unserer durchrechneten Medialen-welt noch vorkommt.

     

    Geil!

  • V
    vic

    Eine Bevölkerung sollte sich Sorgen machen, einen Präsidenten zu haben, der nicht sagen wollte was er sagte.

    Nein, so einfach kommt er aus der Nummer nicht raus.

    Köhler ist eingefleischter Geldmensch, noch dazu ein schwarzer.

    Der meinte was er sagte.

  • H
    Har

    Horst Köhler war mir schon zuvor durch eine seltsam unfundierte Nüchternheit aufgefallen. Liegt vielleicht an seiner Vergangenheit beim IWF. Für Amerika ist das in der Tat common sense. Dass sowas mal von einem Deutschen vertreten würde - es wäre das Ende der Nachkriegstradition. Ich nehme Köhler nicht ernst.

  • EA
    Eser A.

    Handelsinteressen in Afghanistan? ich wüsste nicht, was für Waren durch Afghanistan müssten.

  • 6
    68er

    Es ist eine Schande, dass die "taz" nach über einer Woche - am Ende des fast schon vorbeigefahrenen Zuges - auch noch ein paar laue Worte für den Tabubruch des Bundespräsidenten gefunden hat.

     

    Inhaltlich hätten Sie lieber Herrn Ströbele hier zu Wort kommen lassen sollen:

     

    http://www.stroebele-online.de/presse/pressemitteilungen/erststimme/3621986.html

  • G
    guapito

    Ein williger Helfer der weiteren Zementierung des Status Quo hat, sich dessen wahrscheinlich nicht bewusst, die Wahrheit gesagt.

    Ohne die Ausbeutung der "armen" Länder könnten die "reichen" Länder ihre bequeme Sause nicht weiterführen.

    Die wird erst beendet sein wenn die Natur sagt: ¡basta!

    Dann hilft auch kein Militär mehr.

  • A
    AlexsZander

    Nicht nur die Bundeswehr hat die Sicherung zu Rohstoffen zu ihrer Doktrin erhoben. Auch die Nato definiert sich selbst als Organisation die auch besteht, um Handelsinteressen zu verteidgen. Deutschland hat - wie allgemein bekannt ist - damit Bündnisverpflichtungen.

    Das Deutschland Krieg auch aus solch niederen Beweggründen führt ist dem kritischen Beobachter der politischen Lage schon längst bekannt, nur in das öffentliche Bewusstsein ist es leider noch nicht weit genug vorgedrungen.

     

    Der Kontext - Anfghanistan - in welchem unser Bundespräsident dies aber sagte, legte aber die Interpretation nahe, dass die Verteidigung von Handelsinteressen seiner Meinung nach tatsächlich auch in Afghanistan geschehe. Wenn er das gemeint, dann muss man sich echt fragen inwieweit dieser Mann tauglich für das Amt ist oder ob er nicht einfach etwas viel vom afghanischen Kraut geraucht hat.

  • W
    Woha

    Danke Herr Bundespräsident!

    Endlich hat es mal jemand gesagt. Natürlich, die Bundeswehr versucht das neue System (Demokratie) in Afghanistan zu sichern. Eine sichere Infrastruktur bedeutet auch, dass die eine oder andere neu gebaute Gasleitung intakt bleibt und nicht in die Luft gesprengt wird.

     

    Ist doch toll. Damit heizen wir unsere Wohnungen im Winter.

  • EB
    Ein Brandenburger

    Damit sich der Bundeshorst nicht nochmal verplappert sucht das Bundespräsidialamt dringenst eine(n) hochqualifizierte(n) Vordenker- und Vorflüster(in).

     

    http://tinyurl.com/bva-bund-hoeherer-Dienst

  • I
    Icke

    Ich glaube, dass es deswegen keinen großen Tumult gab, weil sich für den Bundespräsidenten sowieso keiner interessiert. Meines Erachtens wird er mehr als Geräuschtkulisse in der politischen Medienlandschaft wahrgenommen.

  • AB
    Alex B.

    Missverständlich ausgedrückt? Für mich scheint das ein astreine Freud'scher Versprecher zu sein.

  • BP
    Brathold Pittler

    wie hieß noch des bundespräsidenten dritte-welt-laden? Hottes Kolonialwaren?

  • M
    MikaL

    Der Bundespräsident braucht keine neue Militärdoktrin der Bundeswehr zu verkünden. Das Weißbuch der Bundeswehr von 2007 macht ausdrücklich Rohstoffsicherung und Sicherung der Handelswege zu ihrer Aufgabe.Das war damals sogar in den Medien. Wer es nicht vergessen wollte, kann es wissen.

     

    Dazu von den Ärzten u Ärztinnen gegen den Atomkrieg (IPPNW)vom 16.01.2007:

     

    "Deutschlands Beteiligung am weltweiten Krieg um Ressourcen.

    Weißbuch der Bundeswehr.

    Zugriff auf knappe Rohstoffe ist in den Mittelpunkt der deutschen Außenpolitik gerückt. Mit dem Weißbuch wurde für die Bundeswehr der Zugriff auf Rohstoffe, Märkte und Handelswege als Aufgabe definiert. Politiker warnen bereits vor einem neuen Weltkrieg."

     

    Unsere Politiker der Kriegsbefürwortungsparteien

    im Bundestag haben die Aufgabe der Bundeswehr an die Aufgaben der US-Armee angepaßt. Deshalb wird "Deutschland am Hindukusch verteidigt."

    Das Grundgesetz allerdings spricht von etwas anderem.

  • UR
    Uwe Roos

    Köhler sagte das, was viele wissen, aber nicht zu sagen wagen - weil nicht politisch korrekt. Merkwürdig ist nur, das unser Kriegsminister seinem Bundespräsidenten zur Seite eilt und damit einen neuen Weg bereitet. Das Volk soll auf die neue Strategie verbreitet werden. Eine Strategie die nicht mehr primär eine außerst fragwürdige politsche Zielsetzung favorisiert. Das Volk wird wohl eher stillhalten, wenn wirtschaftliche Gründe der Kriegsführung ausschlagebend sind. Wenn "unser" aller Wohlstand am Hindukusch verteidigt wird. Eine perfide Strategie, die sogar mittelfristig erfolgreich sein könnte. Politik und Kriegswirtschaft brauchten Rechtfertigungen um einen endlosen Krieg weiterhin zu rechtfertigen. Und sie brauchen Rechtfertigungen, wenn die nächsten Särge in die Heimat kommen.

  • K
    Kommentator

    Endlich!

     

    Dieser Artikel ist zwar knapp, aber echt überfällig!

     

    Hätte Geoge W. Bush sowas gesagt, würde die deutsche Medienlandschaft sabbern und geifern.

     

    Es ist überraschend wenig dazu berichtet worden in den Medien, oder? Sind wir etwa schon so abgebrüht?

     

    Oder wollten gewisse Kreise (nein, nicht die Juden...Nachrichtenagenturen etwa) da nix verbreiten?

     

    Schon komisch...