Amoklauf in Ansbach: Mit der Axt in die eigene Schule
Ein Gymnasiast hat mit Molotow-Cocktails und einer Axt einen Anschlag auf seine Schule in Ansbach verübt. Am Ende gibt es zehn Verletzte, der Täter wird niedergeschossen.
![](https://taz.de/picture/338043/14/Ansbach.jpg)
Der Amoklauf am Gymnasium im mittelfränkischen Ansbach hätte schlimmer ausgehen können. Das wird spätestens klar, als Joachim Herrmann vor die Kameras tritt. Bayerns CSU-Innenminister nutzt grauenvolle Ereignisse gerne für Forderungen nach Verboten und härteren Strafen. Doch an diesem Donnerstagnachmittag fordert Herrmann nichts. Er lobt. Die Polizei habe sich "mehr als vorbildlich" verhalten. "Es gelang, eine schlimmere Eskalation, wie sie sicher drohte, zu verhindern."
Die Schüler und Lehrer des Carolinum-Gymnasiums reagierten ohne Panik. Die Polizei war sofort vor Ort. So wurde es ein Amoklauf ohne Blutbad. Es gab "nur" zehn Verletzte.
Die erste Schulstunde im Carolinum läuft schon dreißig Minuten, als ein 18-Jähriger Schüler aus der 13. Klasse das Schulgebäude im mittelfränkischen Ansbach betritt. Bis zu diesem Donnerstagmorgen ist er der Polizei nie auffällig geworden. Heute trägt er eine Axt bei sich, zwei Messer und drei Brandsätze.
Er reißt die Türen zu zwei Klassenzimmern auf und wirft zwei Molotow-Cocktails in den Unterrichtsraum einer neunten und einer elften Klasse. Einer der Brandsätze zündet nicht. Der andere verursacht ein Feuer. Der Täter schlägt mit der Axt um sich. In einer elften Klasse verletzt er mit der Axt ein Mädchen schwer am Kopf. Ein anderes Mädchen erleidet schwere Brandverletzungen. Schüler betätigen um 8.35 Uhr den Feueralarm.
Acht Minuten später betreten die ersten Polizisten die Schule. Im dritten Stock, bei den Toiletten, stoßen sie auf den Täter. Sie rufen ihm zu, er solle sich ergeben. Doch der 18-Jährige geht ein paar Schritte auf die Polizisten zu. Einer der Beamten schießt mit seiner Maschinenpistole. Fünf Schüsse treffen den Amokläufer. Der geht zu Boden. Um 8.46 Uhr, elf Minuten nach dem Notruf, hat ihn die Polizei überwältigt. Die rund 650 Schüler des Carolinums wurden derweil evakuiert und in den Räumen der nahe gelegenen Arbeitsagentur untergebracht.
Sieben Menschen werden an diesem Morgen leicht verletzt, zwei Schülerinnen schwer. Eines der Mädchen schwebt noch am Nachmittag in Lebensgefahr. Den Zustand des Täters beschreibt die Polizei als "kritisch", doch nicht mehr lebensbedrohlich. Befragt werden kann er am Donnerstag noch nicht. Die Staatsanwaltschaft hat einen Haftbefehl wegen versuchten Mordes beantragt.
Was die schreckliche Tat ausgelöst hat, ist bislang völlig unklar. Über einen Streit oder eine Drohung, die vorangegangen sein könnten, ist den Ermittlern bislang nichts bekannt. Offen ist am Nachmittag auch, ob sich der Täter und seine Opfer kannten.
Bisher sei der Täter für Justiz und Polizei völlig unauffällig gewesen, sagte Innenminister Herrmann. Es habe sich gezeigt, dass die neuen Einsatzkonzepte der Polizei für Amokläufe wirken. Bildungsminister Ludwig Spaenle sagte, es habe sich ausgezahlt, dass die Notfallpläne an den bayerischen Schulen nach dem Amoklauf von Winnenden aktualisiert worden seien. Mehr könne man kaum tun. "So etwas lässt sich nicht verhindern", so Spaenle. "Eine Schule ist kein Hochsicherheitstrakt."
Die Polizei will in den nächsten Tagen die Hintergründe des Amoklaufs aufklären. Das Carolinum bleibt am Freitag geschlossen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche