piwik no script img

Bundesfreiwilligendienst gestartetKaum einer will Bufdi werden

Bisher ist die Nachfrage nach dem Bundesfreiwilligendienst eher verhalten. Und das ist noch freundlich ausgedrückt. Das Bundesfamilienministerin hofft auf Steigerung.

Der Bundesfreiwilligendienst ersetzt den Zivildienst, der zusammen mit der Wehrpflicht am Freitag offiziell ausgesetzt wurde. Bild: dpa

BERLIN dpa/afp/dapd/taz | Etwa 3000 Freiwillige haben bisher ihre Verträge zum Bundesfreiwilligendienst unterschrieben. Das sagt das Bundesfamilienministerium. Es sind nicht so viele wie sich die Regierung erhofft hatte - aber die Nachfrage soll sich steigern. Längerfristig sollen es 35.000 Zivildienst-Helfer werden.

Die Bundesregierung hofft auf ein stärkeres Interesse. Die bislang verhaltene Nachfrage werde steigen, sagte der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Hermann Kues (CDU), am Freitag im rbb-Inforadio. Bis Ende Juni habe es 19.700 Zivildienstleistende gegeben, sagte Kues. Ein Teil von ihnen habe verlängert, sie machen einen großen Teil der 17.300 Freiwillige aus, die für den neuen Dienst zur Verfügung stehen. "Es fängt ja jetzt erst an", sagte Kues. "Eine erste Bilanz kann man im September/Oktober ziehen, dann wird man wissen, wie viele es wirklich sind."

Immer neue Abkürzungen

Immer wieder schaffen mehr oder weniger originelle Abkürzungen den Weg in die deutsche Sprache. Die Abschaffung der Wehrpflicht sorgte nun für eine neue Wortschöpfung: Der "Bufdi" ist da!

Vom 1. Juli an arbeitet er bis zu 24 Monate für den Bundesfreiwilligendienst unter anderem im sozialen oder ökologischen Bereich. Das neue Kürzel dürfte sich eher durchsetzen als die auch noch gebräuchliche Bezeichnung "BFDler".

Der "Bufdi" ersetzt den bisherigen "Zivi". Von 1961 an hatten die Zivildienstleistenden etwa in Krankenhäusern, Naturschutzgebieten oder Jugendherbergen ihren Wehrersatzdienst abgeleistet.

Die Bereitschaft von jungen Leuten, sich zu engagieren, sei ungebrochen hoch, fügte Kues hinzu. "Das wissen wir aus allen möglichen Studien. Das ist, glaube ich, eine tolle Geschichte für eine Gesellschaft, wenn sie sagen kann, wir schaffen es, Menschen freiwillig für soziales Engagement zu gewinnen." Man müsse mobilisieren und deutlich machen, dass es eine Riesenchance sei, in einer Übergangszeit beispielsweise im sozialen Bereich tätig zu sein.

Mehr als 50 Jahre nach ihrer Einführung wurde die Wehrpflicht am Freitag offiziell ausgesetzt. Mit diesem von der schwarz-gelben Koalition beschlossenen Schritt fällt auch der Zivildienst weg. An die Stelle des für Männer verpflichtenden Dienstes tritt künftig ein freiwilliger Wehrdienst sowie ein freiwilliger Ersatz für den bisherigen Zivildienst. Das ist der

Bundesfreiwilligendienst. Er dauert sechs bis 24 Monate, in der Regel ein Jahr. Männer und Frauen ab 16 Jahren sollen in Krankenhäusern oder Behindertenheimen eingesetzt werden, aber auch in Bildung, Kultur, Sport und andere Bereichen.

Freiwillige erhalten neben Unterkunft, Dienstkleidung und Verpflegung ein Taschengeld von monatlich maximal 330 Euro.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • MF
    Mr. Fazit

    Die Bankster sind uns Millionenboni wert, die Bufdis ein paar Groschen. Man muss als Gesellschaft eben Prioritäten setzen.

  • SS
    Susi Sorglos

    Ich hätte mir gewünscht, daß der Reporter den Staatssekretär einfach mal gefragt hätte, wie viele der Kinder SEINER Ministerialbeamten freiwillig für diese Form sozialen Engagements gewonnen wurden. Bei den exorbitanten Bezügen der Eltern könnten diese Sprößlinge durchaus mal ein Jährchen für 10 Cent je Stunde arbeiten - zumal Mami oder Papi via »Networking« schon dafür gesorgt haben werden, daß man sie anschließend niemals mehr im Leben mit wirklicher Arbeit belästigt...

     

    Es gibt doch ein einfaches Prinzip, nach dem man den Erfolg solcher Projekte vorher schon abschätzen kann: Was ich mir und den Meinen nicht zumute, muten auch andere sich nicht zu. Auch wenn die Bereitschaft von jungen Leuten, sich zu engagieren, ungebrochen hoch ist - irgend ein Mehrwert für den Einzelnen muß da schon herausspringen. Beispielsweise wäre ein freiwilliges soziales Jahr in einem exotischen Land für €330,- plus Kost und Logis für viele sicherlich attraktiv. Aber einen persönlichen Mehrwert im Frondienst einer Krankenhausmagd oder eines Altenheimknechts kann ich beim besten Willen nicht sehen. Außer für die Betreiber natürlich: Deren Bosse können sich ein noch größeres Kuchenstück der Milliarden aus Pflegeversicherung, Steuerbegünstigung, Spenden usw. aufs eigene Konto überweisen.

     

    Und so widerspricht der Bundesfreiwilligendienst dem ökonomisch-rationalen Verhalten: Wenn Arbeiten erledigt werden sollen, dann müssen sie auch anständig bezahlt werden. Nicht nur aus meiner Perspektive hat Arbeit an sich keinerlei Sinn. Ihr alleiniger Zweck ist, Auskommen durch Einkommen zu sichern. Ist das nicht gewährleistet, dann können die »Arbeitgeber« ihre Arbeit getrost selber machen. Denn wenn Arbeit etwas Geiles wär‘, dann würden die Bonzen sie für sich behalten!

  • M
    Marcel

    Ich schaue mir das seit meinem Zivildienst '09 mit an. Meine damalige Dienststelle nimmt jetzt alle FSJler/letzte Zivis/Praktikanten an, die kommen. Also wirklich ALLE. 3 von 4 "hilfskräften" sind aber irgendwann zwischendurch abgehauen, haben gekündigt o.Ä. . Wie konnte überhaupt jemand ernsthaft glauben, dass sich auch nur ein Bruchteil der Zivis durch Freiwillige ersetzen ließe? In unserem gesellschaftlichem Klima?

     

    Ich hoffe, irgendwann gibt es vielleicht einen Pflichtsozialdienst von 9 Monaten wie den alten Zivildienst, aber von jedem Bürger frei legbar aber bis zum 30. Lebensjahr und in einer sozialen Einrichtung abzuleisten.

  • G
    Gerti

    3300 € ?

    Das is viel zu wenig , für die selbe Arbeit kannst du das doppelte bekommen .

  • M
    Mac-Lennox

    Positiv anzumerken, ist zumindest die Ehrlichkeit, dass man die paar Euro Entlohnung Taschengeld nennt.

    Zivis bekamen mehr als die neuen Bufdis. Dummis wäre vielleicht angebrachter.

  • S
    Stefan

    "man müsse mobilisieren und deutlich machen, dass es eine Riesenchance sei, in einer Übergangszeit beispielsweise im sozialen Bereich tätig zu sein."

     

    Hä? Hält der uns denn alle für deppert?

     

    vg, stefan