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Streit über Afrika-PolitikEntwicklungshilfeminister in der Kritik

Die Direktorin von Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel, sieht in Minister Niebels Afrika-Politik nur eine weitere Förderung der deutschen Pharmaindustrie.

Verwendet 14 Millionen Euro aus dem Entwicklungsetat für Schweinegrippen-Impfstoff: Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP). Bild: ap

STUTTGART apd | Die Kritik an Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel wächst. Die Direktorin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel, warf dem früheren FDP-Generalsekretär in der Stuttgarter Zeitung vor, sein Amt bisher nur als Förderer der deutschen Wirtschaft zu verstehen. Niebels Blick gelte nicht primär den Armen und der Frage, warum sie arm seien und was ihnen helfen würde, ihre Armut zu überwinden.

Ihn interessiere die Frage, "was die deutsche Wirtschaft braucht, speziell der Mittelstand und die Pharmaindustrie also diejenigen, denen die FDP nahe steht", sagte Füllkrug-Weitzel. Ihre Kritik gilt unter anderem den 14 Millionen Euro, die der Minister aus dem Entwicklungsetat für den Ankauf deutscher Impfdosen zur Bekämpfung der Schweinegrippe in Afrika zur Verfügung stelle. Sie halte es für problematisch, dass Niebel die Schweinegrippe als erstes Problem sehe, weil es in Deutschland gerade eine Überproduktion an Impfstoff gebe.

"Da wird etwas als Entwicklungshilfe ausgegeben, was im Grunde eine Hilfe für die deutsche Pharmaindustrie ist, die mit Armutsbekämpfung nichts zu tun hat", sagte die Direktorin. Schutzimpfungen gegen die Schweinegrippe bräuchten die Afrikaner nicht nötiger als die Deutschen. Es gebe in Afrika "definitiv viel dringlichere Probleme im Gesundheitsbereich, die aus dem ohnehin kleinen Entwicklungshaushalt zu finanzieren wären".

Der Minister habe sich noch nicht viel Zeit genommen zu verstehen, wo die entwicklungspolitischen Herausforderungen und Aufgaben liegen nämlich bei der Selbstverpflichtung der Völkergemeinschaft auf die Milleniumsentwicklungsziele zur Halbierung der Armut. Er sei noch nicht gereist und habe bisher keinen Einblick in die Lebenssituationen der Mehrheit der Weltbevölkerung, sagte die Expertin.

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11 Kommentare

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  • K
    karrlo

    Die Aufregung um die Verwendung der Gelder des BMZ kann ich nicht ganz nachvollziehen. Seit wann soll es denn etwas Neues sein, dass hinter EZ wirtschaftliche Interessen stecken?

     

    Dies kann man explizit der Internetseite des BMZ entnehmen:

    "Nach einer Studie des Ifo-Instituts von 1999 ziehen eine Milliarde Euro im Einzelplan 23 bis zu drei Milliarden Euro Exporte, etwa zehn Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt [der BRD] und zwei Milliarden Euro öffentliche Einnahmen nach sich."

    http://www.bmz.de/de/zahlen/deutscherbeitrag/index.html (05.01.10)

    (Der Einzelplan 23 veranschlagt den Etat des BMZ)

     

    Wie gut der durchschnittliche deutsche Bürger über EZ im Allgemeinen aufgeklärt ist, sollte eher Besorgnis erregen. EZ ist und war noch nie rein humanitär oder als Geschenk gedacht. Wer das immer noch glaubt sollte dann langsam doch aufwachen!

  • K
    Kärcher

    Mein Vorschlag: Das Entwicklungshilfeministerium im Sinne eines schlanken Staates endlich abschaffen, die dortigen Rot-Beamten in Frühpension schicken und das Geld endlich für arme deutsche Familien verwenden, wo es auch gebraucht wird. Korrupte afrikanische Diktatoren brauchen es jedenfalls nicht.

    Außerdem leisten deutsche 68er-Weiber durch den alljährlichen Paarungsurlaub in Gambia doch bereits ausreichend Entwicklungshilfe vor Ort.

  • M
    micha

    Wer hat diese Leute wie Niebel eigentlich in ihre Posten hineingewählt? Ich denke, die Hälfte ihrer Wähler sind jenseits der 60, leben irgendwo auf dem Land und schauen eher selten über ihre Gartenzäune. Na ja.

  • S
    schlegel

    "...wo die entwicklungspolitischen Herausforderungen und Aufgaben liegen nämlich bei der Selbstverpflichtung der Völkergemeinschaft auf die Milleniumsentwicklungsziele zur Halbierung der Armut... sagte die Expertin."

     

    Die Expertin hat nur Angst um Ihre Pfründe. Was hat den die bisherige Entwicklungshilfe gebracht? Einen Job für eine Armee von Entwicklungshelfern und deren Lobby sowie einen gesicherten Wohlstand für korrupte afrikanische Politiker. Es wäre durchaus mal an der Zeit sie Entwicklungshilfe in der derzeitigen Form zu überdenken und sie nicht nur den Lobbyisten zu überlassen.

  • E
    Ernst

    2 Millionen Menschen krepieren pro Jahr an Malaria von denen man die meisten durch Moskitonetze retten koennte...

     

    Weitere 2 Millionen krepieren an Durchfallerkrankungen die mit einer Salzloesung von 25cent pro Person Heilbar waeren...

     

    Aber was soll man von einem Ex-Generalsekretaer der FDP erwarten der die Entwicklungshilfe damals ganz abschaffen wollte...

     

    Was die FDP unter Entwicklungshilfe versteht, zeigt sich in Honduras (die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP hatte Ihre Hände mit im Spiel und unterstützte die PutschistInnen finanziell und logistisch bei ihrem vorhaben).

     

    Damit ist alles ueber diesen Menschen gesagt

  • GF
    Gerd Foerch

    Bislang ist ja wirklich wenig Gutes vom neuen BMZ Minister gekommen. Es reicht eben nicht aus, mit kurzsichtiger Klientelpolitik die sicher reformbedürftige EZ im Interesse unserer Partner in den Entwicklungsländern voranzubringen. Es ist schon überraschend in welch kurzer Zeit so viel Vertrauen zerstört werden kann. Aber Herr Niebel ist da ja nur das getreue Abbild dieser gelb-schwarzen Regierung.

  • ON
    Otto Normal

    Das groesste Problem ist jedoch die Tatsache an sich, DASS Niebel Entwicklungsminister ist. Nicht nur, dass im Grunde genommen eine Entwicklungshilfe mit der Linie seiner Partei absolut unvereinbar ist.

  • JS
    Johan Schreuder

    !? WIRKLICH??

    Da fehlen mir die Worte...So etwas passiert:-):-)

  • W
    Wumme

    Afrika braucht Kondome und nicht Brot, zuerst muss man die Demographie in Griff bekommen und erst danach kann man sich um den Rest kümmern.

  • V
    vic

    Alle deutschen Minister sind letztlich Wirtschaftsminister.

    Und einer wie Niebel, der sein Ressort abschaffen wollte bevor er´s bekam, ist nicht gerade die Optimalbesetzung für diesen Posten.

  • I
    iBot

    Die Überraschung trifft mich förmlich mit der Wucht eines Hammerschlags - dabei hatte Dirk Niebel doch so große Pläne mit diesem Ministerium!