"Militante Gruppe"-Prozess: Der Verfassungsschützer schweigt
Im Prozess gegen angebliche Mitglieder der "Militanten Gruppe" fehlen klare Beweise. Auch die Zeugenaussage des Verfassungsschutz-Vizechefs ändert daran nichts.
BERLIN taz Es sollte ein aufschlussreicher Prozesstag werden. Immerhin war der Vizechef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans Elmar Remberg, als Zeuge geladen. Und es ist ein Spitzel seiner Behörde, der behauptet, die drei in Berlin Angeklagten seien Mitglieder der "Militanten Gruppe" (MG) - das bislang einzige Indiz für diesen Teil der Anklage überhaupt.
Doch das Ergebnis dieser Vernehmung fiel dürftig aus. Zwar beharrte Remberg immer wieder darauf, dass es an der Aussage seines V-Mannes nichts zu zweifeln gebe. Woher dieser Spitzel seine Erkenntnisse aber hat, wollte Remberg nicht beantworten. Bei allen Fragen der Verteidigung berief er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht und begründete dies mit "operativen Maßnahmen", die er mit näheren Auskünften gefährden würde.
Der 26. Prozesstag im Verfahren gegen Axel H., Florian L. und Oliver R. brachte daher keine neuen Erkenntnisse - bis auf die, dass "die Angaben des V-Mannes weder zu überprüfen noch sonst irgendwie verifizierbar" seien, wie Verteidiger Alexander Hoffmann im Anschluss der Vernehmung sagte. Dabei seien die Aussagen dieses V-Mannes der zentrale Anhaltspunkt, auf dem dieser Teil der Anklage beruht, sagte Hoffmann.
Den drei Angeklagten wird vorgeworfen, im Juli 2007 in der Nähe der Stadt Brandenburg an der Havel Brandsätze unter Bundeswehrfahrzeuge gelegt zu haben. Die Beweisaufnahme des ersten Teils, die Brandstiftung, hat der zuständige Richter für beendet erklärt. Nun dreht sich der Prozess um den Anklagepunkt "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung" nach Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs.
"Ich habe mit den Leuten gesprochen und sie haben mich überzeugt, was sie geschrieben haben", sagte Verfassungsschutzvize Remberg an einer Stelle. "Wir ziehen unsere Erkenntnisse ja nicht aus den Fingern", sagte er an einer anderen. Er verfüge über seine Quellen. Doch trotz mehrfacher Nachfragen der Verteidigung verweigerte er jede weitere Auskunft.
In den Paragraf-129-Verfahren habe es bereits in der Vergangenheit immer wieder falsche Informationen des Verfassungsschutzes gegeben, kritisierte Artur Schüler vom Berliner Bündnis für die Einstellung der Paragraf-129-Verfahren. Ähnliche Verfahren hätten deswegen eingestellt werden müssen. "Die Ermittlungsakten zeigen, dass man den Geheimdiensten keinen Glauben schenken darf."
Damit verdichtet sich die Einschätzung, dass der seit September 2008 andauernde Mammutprozess für die Angeklagten glimpflich ausgehen könnte. Denn auch beim ersten Vorwurf, der versuchten Brandstiftung, hatte sich herausgestellt, dass sich die Staatsanwaltschaft mit ihren angeblichen Beweisen auf äußerst dünnem Eis bewegt. Auch bei der Beweisaufnahme dieses Tatvorwurfs war nicht klar geworden, welcher Beamte wo wann wen beobachtet hat. Die geladenen Polizisten hatten weitgehend ihre Aussagen verweigert mit der Begründung, laufende Ermittlungen nicht gefährden zu wollen. Die Verteidigung sprach daraufhin von "Observationslücken".
Das Bundeskriminalamt rechnet der MG insgesamt 39 Brandanschläge zu, die im Zeitraum von 1995 bis 2007 stattgefunden haben sollen. Die MG selbst bekennt sich zu 24 Anschlägen. Trotz zum Teil immenser Sachschäden waren Menschenleben in all ihren Aktionen nicht gefährdet.
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