Wahlen im Sudan: Einschüchterung und Fälschungen
Internationale Standards nicht erfüllt: So lautet jetzt schon das Urteil über die laufenden Wahlen im Südan. Teile der Weltgemeinschaft werden ihr Ergebnis aber anerkennen. Sieger wird Staatschef Baschir.
![](https://taz.de/picture/314598/14/Sudan_03.jpg)
KHARTUM afp | Die ersten allgemeinen Wahlen im Sudan seit 24 Jahren, die mit einem Sieg von Staatschef Omar el Baschir enden dürften, haben nach Ansicht der Wahlbeobachter die internationalen Standards nicht erfüllt. Gleichwohl werde ein großer Teil der Weltgemeinschaft das Ergebnis des Votums anerkennen, sagte Ex-US-Präsident Jimmy Carter als Wahlbeobachter am Wochenende in Khartum. Das Ergebnis soll in den kommenden Tagen mitgeteilt werden.
"Diese Wahlen entsprachen nicht den internationalen Standards", sagte Carter, der mit seiner Carter-Stiftung die Wahlen überwacht, am Samstag. Schon im Vorfeld seien zahlreiche Freiheiten eingeschränkt worden, monierte Carter. Zudem habe es Probleme etwa bei der Identifizierung der Wahlberechtigten gegeben. Auch die Leiterin der EU-Beobachtermission, Véronique de Keyser, verwies auf "zahlreiche Unregelmäßigkeiten", wie die Einschüchterung von Wählern oder Ungleichheiten bei der Wahlkampfunterstützung für Kandidaten und deren Zugang zu den Medien. Vor allem im Süden des Landes habe es Probleme gegeben.
Wegen logistischer Probleme etwa mit der Bereitstellung von Stimmzetteln waren die Wahlen, in denen die rund 16 Millionen Wahlberechtigten in dem flächenmäßig größten afrikanischen Land über Präsident, Parlament und Gouverneure entschieden, um zwei Tage bis Donnerstag verlängert worden. Am Freitag wurde mit der Auszählung der Stimmen begonnen.
Nach Ansicht von EU-Beobachterin de Keyser lässt das Votum trotz seiner Mängel erste demokratische Ansätze in dem von Präsident Baschir autoritär regierten Land erkennen. De Keyser sprach am Samstag von einem "großen Schritt dahin, der Demokratie im Sudan einen Raum zu eröffnen". Es seien Fortschritte zu erkennen in der Aussöhnung des in einen muslimisch geprägten Norden und einen christlich-animistisch geprägten Süden gespaltenen Landes. Nach 21 Jahren Bürgerkrieg mit 1,5 Millionen Toten im Südsudan, einem Gebiet so groß wie Frankreich, wurde Anfang 2005 ein Friedensvertrag unterzeichnet. Im Januar 2011 soll ein Volksentscheid über die Unabhängigkeit des Südens stattfinden.
Wegen des Boykotts der wichtigsten Oppositionskandidaten galt ein Sieg des autorität regierenden Baschir bei dem Wahlgang als sicher. Am Wochenende erklärten dann auch noch die Vertreter der beiden größten verbliebenen Oppositionsparteien, Hassan el Turabi und Hatim el Sir, das Ergebnis wegen der Fälschungsvorwürfe nicht anerkennen zu wollen. Gegen Baschir liegt beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ein Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der westsudanesischen Bürgerkriegsregion Darfur vor.
Die Afrikanische Union (AU) indes lobte den friedlichen Ablauf der Abstimmung. Die Wahlen seien ein "Meilenstein" auf dem Übergang des Landes zur Demokratie, erklärte AU-Chef Jean Ping. Die sudanesische Wahlkommission wiederum wies die internationale Kritik an dem Votum zurück und erklärte, diese würde nicht genügend berücksichtigen, unter welch schwierigen Bedingungen die Wahl stattgefunden habe.
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