Iranische Imagepflege: Der nebulöse Neubau
Kritiker fürchten, dass nur Regimetreue willkommen sind: Ein in Hamburg geplantes Iran-Haus soll unter anderem von der Ahmadinedschad-Regierung finanziert werden. Die Stadt hat ihre Unterstützung zugesagt.
Ein unabhängiger Hort des kulturellen Austauschs und der Völkerverständigung wird es wohl nicht werden: Das befürchtet eine Gruppe oppositioneller Iraner mit Blick auf das dort geplante Iran-Haus. Zu groß seien wirtschaftliche Verbindungen mit dem Heimatland, kritische Debatten deshalb unmöglich. Organisatorisch steht hinter dem Projekt der Bund Iranischer Unternehmer in Hamburg (BIU). Das Haus soll iranische Kultur und Wirtschaft verbinden und gleichzeitig "einen Beitrag zur Völkerverständigung leisten" - so steht es auf der Homepage des BIU.
"Das hört sich ja sehr schön an", sagt Davoud Ghandi. Aber mit freier Kultur habe das alles nichts zu tun. "Es geht lediglich darum, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Hamburg und dem Iran zu stärken." Ghandi ist Iraner, wohnt seit sechs Jahren in Hamburg und studiert Maschinenbau. Nach der umstrittenen Präsidentenwahl vergangenes Jahr hat sich seine oppositionelle Initiative "22khordad" mit anderen Iranern und ein paar Deutschen zusammengeschlossen und eine kleine grüne Revolution in Hamburg veranstaltet. Ghandi spricht für mittlerweile fast 150 aktive Mitglieder. Über ein Iran-Haus, vergleichbar mit einem deutschen Goethe-Institut, würde er sich freuen. "Aber wie soll in einem Haus, das vom iranischen Regime mitfinanziert wird, eine freie und kritische Kultur gelebt werden?"
Bekannt gegeben wurde die Planung vergangenen März bei einem Treffen in Hamburg lebender Iraner. Ursprünglich sollte die Veranstaltung im Konsulat stattfinden, als die Initiativen eine Demonstration vor dem Gebäude anmeldeten, wurde sie auf den Flughafen verlegt. Ghandi hat das Gefühl, dass kritische Töne nicht erwünscht sind. "Die Initiatoren sowie die iranische Regierung wollen mit Häusern wie diesem ihr Terrorregime weiß waschen und Imagewerbung betreiben", sagt er.
Das iranische Generalkonsulat schätzt die Zahl der in Hamburg lebenden Iraner auf 10.000.
Praktizierende Muslime und regelmäßige Besucher der insgesamt 46 Moscheen sind etwa 4.200 von ihnen. Die Imam Ali Moschee an der Außenalster ist eine der ältesten Moscheen Deutschlands und Hauptsitz des Islamischen Zentrums Hamburg.
Mit iranischen Unternehmern verbindet Hamburg eine intensive Geschichte: In den 50er und 60er Jahren kamen vor allem Teppichhändler in die Hafenstadt. Mittlerweile leben hier auch Unternehmer, Ingenieure, Studenten und Professoren.
Weitere Iran-Häuser sind in Berlin, München, Frankfurt, Düsseldorf und Köln geplant.
Diesen Vorwurf weist Kourosh Pourkian strikt von sich. Der iranische Unternehmer ist Präsident des BIU und sagt: "Das Iran-Haus wird ein Ort für alle Iraner sein, das habe ich mir auch von der Regierung in Teheran bestätigen lassen."
Für den Bau werden noch Investoren gesucht, die Baukosten schätzt der Chef eines Maschinenbaukonzerns auf 100 bis 150 Millionen Euro. Ein Grundstück sei schon in Sicht: in der Hafencity. Das Haus werde acht Etagen umfassen, zwei davon würden für vier Millionen Euro von Rahim Mashai finanziert und verwaltet - Bürochef und rechte Hand des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Auf den restlichen Etagen werde es genug Platz geben für Büros, Erlebnisgastronomie und einen Basar, sagt Pourkian.
22khordad und die ebenfalls regimekritische "Iran Solidarität Hamburg" sehen nicht nur die offensichtliche Nähe zur Teheraner Regierung kritisch. Sie behaupten auch, das geplante Iran-Haus stehe in enger Verbindung zur Hafis-Gesellschaft, die das Haus kulturell bespielen soll. Der im Februar dieses Jahres in Hamburg gegründete Verein, der sich nach dem persischen Dichter Hafis benannt hat, will nach eigenen Angaben den Kulturdialog vorantreiben. Gründungsmitglied und erster Vorsitzender war Reinhard Stuth, inzwischen Hamburger Kultursenator. Mit seinem Amtsantritt Ende September hat er den Vereinsvorsitz abgegeben, ist aber weiterhin reguläres Mitglied.
Dass er mit dem umstrittenen Iran-Haus in Verbindung stehen soll, empört Stuth aufs Äußerste. "Ich habe mit diesem Thema nichts zu tun", ist alles, was er dazu sagen möchte. Mehrfach erklärt er, die Hafis-Gesellschaft sei mit dem Iran-Haus nicht verbandelt. Was auch BIU-Präsident Pourkian vehement bestätigt - der allerdings zugleich als zweiter Vorsitzender des Vereins eingetragen ist.
Alles ganz harmlos? Dass am iranischen Neujahrsfest im März der damalige schwarz-grüne Senat seine "Unterstützung" für das Iran-Haus bekundet habe, wie Davoud Ghandi behauptet, davon will im Rathaus heute niemand etwas wissen: Weder die Kultur- noch die Wirtschaftsbehörde wollten zu seiner Aussage Stellung nehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Hamburg und die Kühne-Oper
Als das Wünschen noch geholfen hat