Googles neuester Dienst: Weiter Ärger um Buzz
Googles Twitter-Klon läuft nun seit knapp zwei Wochen. Kritik besteht aber weiter: Trotz allerlei Nachbesserungen bleiben Grundprobleme – und zwar nicht nur beim Datenschutz.
BERLIN taz | Zuletzt hatte sich sogar Ilse Aigner eingeschaltet: Die CSU-Bundesverbraucherschutzministerin tönte vor der Presse, der neue Google-Dienst Buzz sei ein "massiver Eingriff in die Privatsphäre". Der Internet-Konzern habe "nicht einmal Respekt vor privaten Daten seiner Kunden und unbeteiligter Dritter". Das erschrecke "sie schon", man müsse über Konsequenzen nachdenken.
Dabei kann man gar nicht sagen, dass Google die Kritik, die auf den mittlerweile gerade einmal 14 Tage alten Dienst einprasselte, ignoriert hätte: In Blog- und Buzz-Einträgen wurden Schwierigkeiten eingeräumt und Nachbesserungen versprochen beziehungsweise bereits umgesetzt. Das Problem: Einige grundlegende Fehler, die der Twitter- und Facebook-Klon besitzt, wurden nicht oder nur teilweise angegangen - offensichtlich auch deshalb, weil dies das geplante Geschäftsmodell gefährden würde. Denn Google will, und auch das ist mittlerweile klar, mit Macht in den Bereich sozialer Medien vordringen, den man bislang im Gegensatz zum Suchmaschinengeschäft und anderen Segmenten des Netzes noch nicht beherrschte.
Aber von vorne: Seit Buzz am 9. Februar online ging, tat sich viel. Aus der offensichtlich nett gemeinten Idee, die "Freunde" bei dem Dienst ganz automatisch aus den vorhandenen E-Mail-Kontakten zu extrahieren, ging für Google nahezu sofort gründlich nach hinten los. Denn: Wer einmal bei Buzz mitmachte, kreierte ohne Nachfrage ein öffentliches Profil, auf dem dann für alle anderen Buzz-Nutzer ersichtlich die Freundesliste prangte. Wer viel mit seinem Anwalt oder seiner Geliebten kommunizierte, posaunte dies ungewollt per "Google Profile" in die Welt.
Nachdem Google zunächst nur darauf hinwies, dass sich die Anzeige der Kontakte über ein Untermenü deaktivieren lässt, hat der Suchkonzern den Prozess nun umgeändert: Neue Buzz-Nutzer bekommen nun eine Übersicht angezeigt, wem sie alles automatisch folgen. Außerdem wurde der Hinweis deutlicher hervorgehoben, wo man die öffentliche Anzeige abdrehen kann. Ein Grundproblem bleibt allerdings: Sie ist grundsätzlich aktiviert, ein "Opt-in", also ein bewusstes Einschalten, wird nicht verlangt - wer zu schnell klickt, kämpft mit dem alten "Wir wissen, wen Du kennst"-Problem.
Verbessert hat Google auch die Möglichkeit, sich ganz aus Buzz zu verabschieden: Ein Menü unter "Einstellungen" erlaubt die Löschung mitsamt aller Postings. Im Test klappte das allerdings nicht immer - etwa bei Usern, die noch keinen Buzz von sich gegeben hatten. Außerdem hat Google offensichtlich vergessen, den Abschaltknopf mit seinem Mobilangebot zu verbinden: Selbst wer Buzz am PC abdreht, erhält den Menüpunkt auf iPhone und Co. weiter, was nicht gerade vertrauenserweckend ist. Ebenso sollte man sich nicht vom "turn off Buzz"-Knopf blenden lassen, der direkt auf der Google Mail-Homepage steht: Er sorgt nur dafür, dass Buzz nicht mehr angezeigt wird, abgeschaltet wird es nicht.
Wer den Google-Dienst als positiv akzeptiert und intensiv nutzt, erlebte in den ersten Tagen ebenfalls Probleme. So sorgen so genannte "@"-Antworten unter bestimmten Umständen dafür, dass potenziell die E-Mail-Adresse des Empfängers freigegeben wird - für Spammer ein Paradies. Auch wirkte sich Googles Entscheidung, Buzz direkt mit dem Google Mail-Postfach zu verknüpfen, negativ auf die Übersicht aus: Jeder Kommentar auf ein eigenes Posting, jede Erwähnung sorgt unter Umständen dafür, dass die Buzz-Nachricht in der Inbox aufpoppt.
Leidlich unübersichtlich kann auch die Diskussion unter einem Buzz-Beitrag sein. Google sorgte anfangs dafür, dass Menschen mit besonders vielen Freunden häufiger nach oben gespült wurden. Netzpromis mit vielen Tausend Followern hatten daher einen deutlichen Vorteil, sorgten aber auch dafür, dass weniger beliebte Buzz-Nutzer untergingen. (Google will das Problem inzwischen gelöst haben und besser filtern.)
Weitere grundsätzliche Probleme bleiben bestehen. So gibt sich Buzz in Richtung anderer sozialer Netzwerke eher autistisch. Zwar lassen sich Twitter-Botschaften importieren, der Rückkanal ist allerdings noch leidlich eingeschränkt: So liest man bei Buzz-nutzenden Twitterern ständig ein "Buzz from Buzz" ohne die tatsächliche Botschaft.
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