Transparenz bei Google: So schnüffeln die Regierungen
Regierungen beantragen sehr oft, bei Google Daten einzusehen oder gleich zu löschen. Im neuen Transparenzbericht schafft es Deutschland auf den vierten Platz.
BERLIN taz | In seinem neuen "Transparency Report" berichtet Google, wie oft Regierungen Anfragen im zweiten Halbjahr 2010 stellten, um Nutzerdaten einzusehen. Auch die Anträge auf das Löschen von Webinhalten aus der Suchmaschine werden dokumentiert.
Besonders häufig wollte Großbritannien Einträge löschen lassen. Von mehr als 93.000 beanstandeten Inhalten löschte Google nach eigenen Angaben 89 Prozent vollständig oder teilweise. Der Großteil der Anfragen drehte sich um betrügerische Werbeanzeigen, die das britische Amt für Verbraucherschutz meldete.
Auf dem zweiten Platz für die meisten Löschanfragen landet Südkorea. Mehr als 32.000 Einträge sollten auf Anfrage der Regierung gelöscht werden. Die südkoreanische, staatliche Agentur für Informationssicherheit beantragte laut Google den größten Teil der Löschungen, um zu verhindern, dass sensible Daten der Bürger weitergegeben werden. Das Internetunternehmen kam nach eigener Aussage allen Anfragen nach.
Deutschland kommt mit knapp 2.000 Anfragen an vierter Stelle hinter Brasilien. Die meisten Anträge zum Löschen stellte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wegen extremer Gewalt, Pornografie oder nationalsozialistischen Gedankenguts. 97 Prozent der Anträge wurden von Google vollständig oder teilweise erfüllt. Im ersten Halbjahr 2009 hatten deutsche Behörden nur knapp mehr als 1.400 Löschungen angefragt.
USA spitze bei Anfragen zu Nutzerdaten
Aus China sind nach Angaben von Google keine Anträge eingegangen. Seit letztem Jahr werden chinesische Nutzer auf die Suchmaschine in Hongkong verlinkt, um einer Zensur durch die Regierung zu entgehen. Im letzten Quartalsbericht konnte Google noch keine Angaben zu Löschanfragen machen, da China diese als Staatsgeheimnis einstufte.
Bei den Anfragen zu Nutzerdaten sind die USA mit rund 4.600 Gesuchen Spitzenreiter. Laut Google wurden 94 Prozent mindestens teilweise beantwortet. Deutschland landet mit knapp 770 Anfragen im Mittelfeld. Allerdings wurde diesen nur in 76 Prozent der Fälle nachgekommen. Insgesamt spiegelten die Anfragen aber nicht die genaue Zahl der beantragten Nutzerdaten wieder, wie Google mitteilte. Anfragen seien meist zur Bekämpfung von Kriminalität gestellt worden. Den allgemeinen Anstieg der Antragszahlen führt das Unternehmen auf höhere Nutzerzahlen und den Ausbau an Dienstleistungen zurück.
Mit dem Transparenzbericht will Google seit 2009 zeigen, dass das Unternehmen die Verpflichtung zu mehr Transparenz und Offenheit wahrnehme. Auch sei es das Ziel, eine Diskussion zu Ausmaß und Umfang der Dateneinsicht durch Regierungen in Gang zu bringen.
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