Ökobilanz für Cloud Computing: "Neue Technik, alte Energie"
Viele Netzdienste laufen über Rechenzentren von Google, Apple oder Facebook. Welche Effekte auf die Umwelt damit verbunden sind, hat Greenpeace untersucht.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat eine Untersuchung zu den ökologischen Auswirkungen des Trends zum sogenannten Cloud Computing veröffentlicht. In der Studie mit dem Titel "Wie schmutzig sind Deine Daten?" vergleicht sie die Praxis großer Internet-Firmen in den USA, ihre Rechentechnik, auf die Nutzer weltweit zugreifen, in großen Serverparks zu zentralisieren.
Dabei kam heraus, dass die jeweils neueste Informationstechnologie nicht selten mit Kohlekraft betrieben wird. "Die Informationsfabriken des 21. Jahrhunderts werden mit der Energie des 19. Jahrhunderts gefahren", so Greenpeace. Von A wie Amazon über G wie Google bis Y wie Yahoo: Strom kommt bei den Netzriesen zu jeweils 18,3 bis 54,5 Prozent aus CO2-intensiven Kraftwerken. Das ist auch deswegen bedenklich, finden die Umweltschützer, weil große Rechenzentren mit ihrer Technik laut aktuellen Schätzungen mittlerweile 1,5 bis 2 Prozent der weltweit erzeugten Elektrizität fressen.
Dabei liegt das Wachstum des Verbrauchs jährlich im zweistelligen Prozentbereich. Für Energiekonzerne ist der Markt lukrativ: Rechenzentren gelten etwa dem US-Versorger Duke Energy als idealer Kunde. "Das Tolle daran ist, dass die Datacenter 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche ohne Schichtunterbrechung laufen. Es gibt keine Saisonalität", so der Geschäftsentwicklungsleiter des Stromriesens, Clark Gillespy.
Von der dabei anfallenden Umweltverschmutzung bekommen die Nutzer nichts mit, kritisiert Greenpeace. "Die IT-Industrie sagt, dass das Cloud Computing ein neues, grünes Modell für die Infrastrukturbedürfnisse der Zukunft sei, liefert aber nur selten Daten, die hier eine objektive Bewertung zulassen", so die Ökoaktivisten in ihrer Studie.
Nur 8 Prozent aus erneuerbarer Energie
Ein gutes Beispiel, wie es eigentlich nicht gehen sollte, ist laut Greenpeace der US-Bundesstaat North Carolina. Hier bauten sowohl Google als auch Facebook und Apple in jüngster Zeit riesige zentralisierte Serverparks auf. Die Region wird unter anderem deshalb so gerne als Standort ausgewählt, weil die Arbeitskosten und der Kaufpreis für Grund und Boden im Süden der USA niedrig ist - aber auch, weil es hier günstigen Strom gibt. Und der kommt, wie Greenpeace belegt, zu 61 Prozent aus Kohle und zu 31 Prozent aus Kernkraft. Lächerliche 8 Prozent stammen aus erneuerbarer Energie. "Dreckiges Datendreieck" nennt Greenpeace die Region denn auch treffend.
Kein Wunder, dass Apple sich deshalb mit einem "Clean Energy Index" von nur 6,7 Prozent zufriedengeben musste - für sein "iDataCenter", das derzeit aufgebaut und vermutlich bis zu 100 Megawatt Energie ziehen dürfte. Google und Facebook schnitten zwar mit 36,4 beziehungsweise 13,8 Prozent ungleich besser ab, weil sie in anderen Regionen auf erneuerbare Energie setzen. Doch an der Situation in der Problemregion North Carolina haben auch sie teil.
Insgesamt fordern die Ökoaktivisten deutlich mehr Transparenz von den Firmen. So gab es bei diesem Punkt unter zehn bekannten Internet-Firmen nur einmal die Note "gut", vier Mal "befriedigend", fünf Mal wurde "ausreichend" und schlechter vergeben.
Lob für Yahoo
Nur schwer lässt sich bestimmen, ob der Trend in die "Wolke" positiv zu werten ist, weil z.B. der heimische PC weniger Leistung benötigt. Das Merkmal "Effizienz", das von vielen IT-Konzernen bei ihrer Cloud-Strategie stets hervorgehoben wird, ist Greenpeace zufolge als Indikator nicht ausreichend. Ergo: So gut die Ökobilanz bei einzelnen Rechenzentren auch ausfällt, solange der Gesamtenergieverbrauch der Internet-Unternehmen steigt, bleibt die CO2-Rechnung unter dem Strich negativ.
Doch es gab auch vereinzelt Lob. So hat Yahoo ein Rechenzentrum in einer mit Wasserkraft gut versorgten Region der USA gebaut, während IBM versucht, den CO2-Ausstoß bis hinunter zum einzelnen Prozessorkern genau zu erfassen, um entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
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