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Internationale Presseschau zu Guttenberg"Schwerer Schlag für Merkel"

"Guttenberg streckt die Waffen." Der Abgang eines deutschen Verteidigungsministers wird auch in der internationalen Presse intensiv beobachtet.

Nicht nur in Deutschland, auch international wurde der Rücktritt Guttenbergs kommentiert. Bild: reuters

BERLIN taz | Der Rücktritt des "Aristokraten mit gegeltem Haar", Verteidigungsminister a.D. Karl-Theodor zu Guttenberg, beschäftigt die internationale Presse. Viele Blätter sehen darin einen politischen Rückschlag für Kanzlerin Angela Merkel, andere Medien beschäftigten sich bereits mit einem möglichen Comeback des Politikers und Autor stellt sich die Frage, wie Guttenberg nach Verlust von Doktor- und Ministertitel nun wohl zu nennen sei. Eine Auswahl internationaler Pressestimmen:

"Er wurde zum beliebtesten deutschen Politiker gewählt, ein Aristokrat mit gegeltem Haar und gemeißelter Kinnpartie, der einen derartigen Rockstar-Status inne hatte, dass seine Partei bei jedem seiner Auftritte einen AC/DC-Song spielte", beschreibt der britische Guardian Guttenberg, bevor die Autorin in die Analyse einsteigt: "Ein schwerer Schlag für Kanzlerin Angela Merkel und ihre CDU, die nach Niederlagen bei den letzten Landtagswahlen bereits geschwächt ist." Und zu Guttenbergs Krisenmanagement schreibt das Blatt: "Doch egal wie viel Lob er im Amt für seine mutigen Entscheidung bekam, Guttenbergs Krisenmanagement nach dem Aufkommen der Plagiatsvorwürfe vor zwei Wochen war weniger beeindruckend."

Die linksgerichtete spanische Zeitung El País schreibt: "Die Untersstützung der Kanzerlin hat dem bayerischen Minister nicht geholfen. Auch die Solidarität der Sensationszeitung Bild, der meist gelesenen Zeitung in Deutschland, die sich in einen Verteidigungskreuzzug um zu Guttenberg verwickelte, nützte nichts."

"Ein schwerer politischer Rückschlag für Kanzlerin Merkel", schreibt die New York Times und wagt aber auch auch den Blick voraus. "Einige sagen, es ist nur eine Frage der Zeit, bis er auf die politische Bühne zurückkehrt."

Die Neue Züricher Zeitung titelt "Guttenberg streckt die Waffen" und beschreibt seinen Abgang so: "In einer ungewöhnlich langen Bekanntmachung, die sich streckenweise wie eine Rechtfertigungsrede ausnahm, sagte Guttenberg, er habe die Grenzen seiner Kräfte erreicht." Guttenberg habe gehetzt und gestresst gewirkt, schreibt das Schweizer Blatt weiter. Und schlussfolgert: "Die ganze Anlage der Rücktrittsrede deutet an, dass Guttenberg wohl eine Rentrée zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausschliesst, vorausgesetzt, das auf Adel, Glanz und Gloria versessene Publikum will ihn wiederhaben."

Der britische Sender BBC fragt: "Hätte er früher gehen müssen?" Und analysiert: "Die Lehre für Politiker in Schwierigkeiten kann nur sein: Wenn du erwischt wirst, geh schnell. Und die Moral für den Boss des Politikers scheint ebenso klar zu sein: Wenn er gehen muss, dräng ihn schnell - steh ihm nicht zu lange bei um dann zurückrudern zu müssen. Denn das hinterlässt nur den Eindruck, nicht Herr der Verfahrens zu sein." Der Autor nennt Guttenberg nun "Baron zu Guttenberg" und fragt mit leicht ironischem Unterton: "Welchen Titel sollen wir ihm sonst geben, jetzt, wo er sowohl den Doktortitel als auch den Ministertitel verloren hat?"

"Mit nur 39 Jahren scheint er am Ende von dem zu sein, was als vielversprechende politische Karriere eines Aufsteigenden Sterns begann", kommentiert die italienische Zeitung La Repubblica.

In der Washington Post heißt es: "Dennoch könnte Guttenberg ihr (Merkel, Anmerkung der Redaktion) einen Gefallen erwiesen haben, denn in sechs Bundesländern stehen in diesem Jahr Landtagswahl an. ... Obwohl Guttenberg immer noch öffentliche Sympathien hatte, 'hätte er seiner Partei geschadet, wäre er nicht zurückgetreten' und der Skandal wäre weitergegangen", zitiert das Blatt Manfred Güllner von Forsa. Und die Post schlussfolgert: "Es scheint, als hätten die Deutschen zugestimmt, dass es für Guttenberg Zeit war, zu gehen."

Für die kolumbianische Zeitung El Tiempo ist klar: "Das Wichtige an diesem Kapitel deutscher Geschichte ist, dass Guttenberg der beliebteste Politer des Landes und das Sternchen des Kabinetts für Angela Merkel war."

Der österreichische Standard titelt: "Der Absturz eines Überfliegers" und beschäftigt sich in einer Analyse mit CSU nach dem Rücktritt des CSU-Shootingstars. "Einer dürfte in München aber klammheimliche Freude spüren: der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU). Er gilt als weiterer Kronprinz Seehofers, stand aber zuletzt immer mehr in Guttenbergs großem Schatten." In seiner Onlineausgabe am Mittwoch berichtet das Blatt dann über ein mögliches Comeback Guttenbergs. "Kaum zurückgetreten, gibt es schon die ersten Rufe nach einem politischen Comeback für den über eine Plagiatsaffäre gestolperten deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg."

Auch das schwedische Aftonbladet berichtet die politischen Umbrüche in Deutschland: "Sein Rücktritt ist ein harter Rückschlag für Bundeskanzlerin Angela Merkel." In einem Blogeintrag wird Guttenberg als "Kronprinz der Rechten" betitelt.

Der Parisien verliert sich in einer Beschreibung des Mannes, der nun von der politischen Bühne Deutschland verschwunden ist: "Der Baron Cool mit seinem gegelten Haar, dem Lächeln eines jungen Premiers, als Nachkomme eine mittelalterlichen adligen Familie, verheiratet mit einer von Bismark und Vater zweier Kinder, der von Frauenmagazinen zum Sexiest Man Deutschlands gewählt wurde." Das wiederum stimmt nicht ganz: Guttenberg wurde zum "Sexiest Man" gewählt, jedoch nicht in ganz Deutschland, sondern zum "Sexiest Man in Politics". Wenigstens den Titel kann Karl-Theodor zu Guttenberg behalten. HAV/ZIM

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9 Kommentare

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  • YS
    Youri Sudvezev

    ich verstehe nicht, warum immer noch so viele diesem mann nachtrauern. ein plagiat ist kein kavaliersdelikt.

     

    frau dr. merkel kann froh sein, dass sie nicht den schritt machen musste, ihn seines amtes zu entheben. denn der öffentliche druck wäre immer größer geworden. (siehe z.b. unterschriftenaktion der doktoranden). für sie und die regierung war der rücktritt ein befreiungsschlag im hinblick auf die vielen landtagswahlen.

     

    wer auf gegelte geschichtenerzähler steht, der sollte in die nächste videothek gehen und sich eine hollywood-schnulze ausleihen. was viele verwechseln: hier gehts um das wahre leben. und einen offensichtlichen hochstapler in einer so verantwortungsvollen position zu halten, nur weil er schön reden und lächeln kann, das wäre fatal.

  • BS
    Bernd Schellhorn.

    ich bin entsetzt über das verhalten der menschen die

    herr guttenberg als opfer hinstellen.ich möchte diese

    menschen sehen,wenn sie sich eine teure markenjeans

    kaufen und nach der ersten wäsche feststellen müßten,

    man habe ihnen ein plagiat verkauft.welch ein geschrei

    ihr veranstalten würdet.nicht die medien haben getäuscht,sondern herr guttenberg ist alleine däfür

    verantwortlich.vielschlimmer ist es,das dieser mensch

    auch seine kinder mithinein zieht.wie grausam kinder

    sein können,wissen wir alle.was erzählt er seinen kindern,wenn sie weinenent nach hause kommen,weil man

    sie wieder gehänselt hat?ihr müßt jetzt stark sein,

    sonst verliert papa seine arbeit.

  • J
    Jens

    Ich hatte gehofft, Guttenberg übersteht dieses Theater und bleibt uns erhalten. Nachdem die Medien und altbewährte Knallchargen von der Oposition auf den Minister eingedroschen haben, hat er das Handtuch hingeworfen. Wirklich schade und bedauerlich.

  • MM
    Mirek M.

    @otto.Haben Sie kein Angst.In Kurzem werden Sie ihm in jede idiotische Talk-Show erleben.Da wird sein Image geputzt was das Zeug hält.Von ARD bis zu Tele5.

  • O
    otto

    Mag der Rücktritt von Herrn zu Guttenberg den einen freuen und den anderen ärgern, so sollte man sich die Tränen in welchen Ursprunges sie auch sind mal aus den Augen wischen und über die Geschehnisse nachdenken. Sicher hat Herr zu Guttenberg mit in seiner Doktorarbeit schwere aus Wissenschaftlicher Sicht unverzeihbare Fehler gemacht. Dafür wurde ihm zu Recht der Doktortitel aberkannt. Aber ging es bei der Öffentlichen Debatte wirklich um Wissenschaft? Was wir hier erleben scheint allerdings nicht ganz neue Politische oder auch Gesellschaftliche Praxis zu werden. Eine Mediale-Hetzjagd die kein Mensch auf dauer aushält. Es scheint als würde jeder Politiker der beliebt ist oder etwas was gegen die Meinung der politisch korrekten sagt zu Freiwild erklärt. Auf das jeder auch wenn die Argumente noch so fadenscheinig oder Falsch sind, erstmal abdrücken darf. Wir habe es bei Horst Köhler erlebt, bei Tilo Sarrazin und jetzt bei Herrn zu Guttenberg. Wer nicht ins Bild passt wird Gnadenlos Auseinandergenomen da gelten die Regeln von Sitte und Anstand nichts mehr. Wenn man ihn selbst nicht treffen kann wie etwa bei Herrn Sarrazin geht es eben gegen die Frau oder die Familie. Es macht mich wütend und erschreckt mich zugleich wie hier mit Personen des Öffentlichen Lebens umgegangen wird. Es weckt in mir als Geschichtsinteressierten Menschen schlimmste Assoziationen, nicht nur zum dritten Reich sondern auch an die DDR in welcher solche Methoden ebenfalls zu System gehörten. Mag sich auch Herr Tritin noch Selbstgerecht freuen, was gibt ihm die Gewissheit morgen nicht der nächste zu sein?

  • G
    Gerhard

    Ein schwerer Schlag für Merkel? Nein, ein Befreiungsschlag für Merkel! Man kann von Merkel halten, was man will – nur eines ist sie nicht: dumm. Die ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda weiß mit Sicherheit, was sie tun muss, um Konkurrenz zu beseitigen. Im der Causa Guttenberg hat sie durch ihre »Unterstützung« für sein Ende gesorgt. Sie konnte sich nicht offen gegen ihn wenden, bei der so angeblichen Beliebtheit des Blenders. Also stellt sie sich demonstrativ hinter ihn, empört die Wissenschaft und lässt andere die Demontage machen. Schließlich wäre Guttenberg ihr bald gefährlich geworden, als Kanzlerkandidat. Gefahr erkannt – Gefahr gebannt.

    Es wird Zeit, dass Deutschland – das sich so gerne an den USA orientiert – eine Beschränkung der Kanzlerschaft einführt: zwei Wahlperioden und dann muss ein neuer Kandidat/in ran. Das hätte auch den Nebeneffekt, dass in den Parteien neue Leute eine Chance bekommen und nicht permanent die gleichen Mumien wieder antreten.

  • MV
    Mikael Väisänen

    Guttenberg der Shooting-Star.

    Auf Deutsch: Sternschnuppe.

    Und die fliegt nicht von unten nach oben, sondern

    von oben nach unten mit kurzem Aufleuchten.

  • NF
    norbert franz schaaf

    Was seine Durchschlaucht, Lügenbaron, Herr ich bin so frei, von, zu und ab Kupfernberg in den letzten vierzehn Tagen bis zum wenig ehrenhaften Abgang an zahlreich Peinlichem sukzessive geboten haben, ist mit Verlaub unter aller … Kanone. Ergo: Weggetreten und Helm ab zum Gebet! Und da sagt Frau Dr. Merkel, sie brauche sich nicht über Anstand und Ehre belehren lassen. Eben doch: 14 Tage lang haben sie und ihre Parteifreunde/feinde zu genau diesen beiden Eigenschaften nicht gefunden.

  • DY
    der Yunis

    Mal die Hintergründe außer Acht, wäre aus internationaler/arabischer/italienischer Sicht erwähnenswert gewesen:

    "In Deutschland weiß ein Minister wohl noch, wann es an der Zeit ist zu gehen."