Lisa Ortgies neue "Emma"-Chefin: Facelift für die EMMAnzen
Mit der 41-Jährigen könnte sich das berühmteste Frauenmagazin Deutschlands modernisieren. Nichts Menschliches ist der WDR-Moderatorin fremd. Auch nicht das böse F-Wort.
"Das Image des Feminismus ist ziemlich abschreckend. Was ihm fehlt, sorry, ist Humor und Sexappeal." Dass diese Sätze von der Chefin der Emma stammen könnten, der Zeitschrift des deutschen Feminismus, hätte man vor wenigen Tagen noch für unmöglich gehalten. Da hieß die Chefin noch Alice Schwarzer.
Die Sätze stammen von ihrer Nachfolgerin, Lisa Ortgies. Nicht nur die Öffentlichkeit fiel aus allen Wolken, als Schwarzer vor kurzem ihren Namen in einer Fernsehshow präsentierte. Ortgies selbst soll der Zeitpunkt aus familiären Gründen nicht so recht gewesen sein. Aber Schwarzer wollte sich diese Überraschung zu ihrem eigenen 65. wohl nicht verkneifen.
Man möchte darin lieber kein Menetekel erblicken. Tatsache aber ist: Schwarzer hat die Blattlinie der Emma bestimmt. Woran sich zwangsläufig die Frage knüpft, ob Lisa Ortgies unter Schwarzers Herausgeberschaft wohl tatsächlich auch mal im Blatt "die Ernährung umstellen darf", wie es eine Kollegin formuliert.
Dass sie ein Typ für eine solche Ernährungsumstellung wäre, glauben viele, die die blondgelockte Frohnatur kennen. Ihre Brötchen verdiente die 41-Jährige bisher vor allem als Moderatorin des WDR-Fernsehmagazins "frau-TV", wo ihr Spektrum vom Vorführen praktisch-schöner Wickelkleider bis zur Rüge der skandalösen Bezahlung von Krankenschwestern reicht. Für Emma schreibt die Mutter zweier Kleinkinder seit 2005 Kolumnen. Die standen bisher eher hinten im Blatt, trugen jedoch Titel wie "Wie gestrig ist der Feminismus?". Sie bespricht aber auch ihre persönlichen Erfahrungen mit Müttermythen. Oder rächt sich kolumnierend an ihrem Partner, der ihr doch eigentlich gerade die Kinder abnehmen wollte, stattdessen aber "unaufschiebbare" Telefonate führt. Alles Themen, die Alice Schwarzer eher weniger besetzte. Mit anderen Worten: Lisa Ortgies ist nichts Menschliches fremd, und dazu gehört, dass sie auch die LeserInnen abholt, die das F-Wort kaum in den Mund nehmen mögen.
Dass sie dabei im Chor mit Schwarzer "Pornografie ist Gewalt" tremoliert, kann man sich allerdings weniger vorstellen. Einen eigenen politischen Standpunkt hat Schwarzer ihren Untergebenen bisher aber kaum zugestanden.
Doch auch dieses Phänomen ist Ortgies nicht fremd: Über "She-Devils" oder "Bienenköniginnen" an Unternehmensspitzen, die die anderen Königinnen eliminieren, schreibt sie, sie könnten Firmen teuer zustehen kommen: gedämpfte Produktivität, fehlende Effizienz. Ihr Vorschlag: das Ganze mediengerecht inszenieren und hinterher einen Bestseller drüber schreiben.
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