Neue Masche der Pirate-Bay-Macher: Freie Bahn für Filesharer
Die in erster Instanz verurteilten Gründer von Pirate Bay haben mit "IPREDator" einen Dienst gestartet, der die Anonymität im Netz wieder herstellen soll.
Man sollte meinen, dass die Pirate Bay-Administratoren Fredrik Neij, Gottfrid Svartholm Warg und Peter Sunde nach der harten Verurteilung durch ein Gericht in Stockholm zunächst einmal genug davon hätten, sich mit der Medienindustrie anzulegen. 2,7 Millionen Dollar Strafe sollen die Männer hinter der populären Tauschbörsensuchmaschine, die im Web längst zu kleinen Stars geworden sind, zusammen mit ihrem Mäzen Carl Lundström wegen Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung zahlen - und zusätzlich auch noch jeweils ein Jahr lang in den Knast. Doch so lange die Berufung in dem Verfahren läuft, geht es mit der Piratenbucht, deren Server sicher im Ausland stehen, weiter - und parallel dazu haben sich die Administratoren eine neue Masche ausgedacht, mit der sie Filesharing-Fans künftig vor der Verfolgung durch die Anwälte von Hollywood & Co. schützen wollen.
Die Idee hört auf den Namen "IPREDator" und ist eine Reaktion auf die EU-Direktive 2004/48/EC. Die "Intellectual Property Rights Enforcement Directive", kurz IPRED, soll es Rechteinhabern künftig erleichtern, Urheberrechtsverletzungen insbesondere im Internet zu verfolgen. Dagegen soll eine Pirate Bay-Technologie helfen, mit der sich Dateitauscher künftig mit wenigen Mausklicks verstecken können.
Wer im Internet surft, kann grundsätzlich zurückverfolgt werden: Jeder Nutzer hinterlässt beim Aufruf von Websites, beim Verschicken von E-Mails oder auch bei der Nutzung von Tauschbörsen eine eindeutige Protokolladresse, die so genannte IP. Diese wiederum ist vom Provider zu einem bestimmten Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeordnet. Damit kann dann beispielsweise ein Raubkopiererjäger, der im Filesharing-Netzwerk Bittorrent nach illegalen Anbietern von Filmen sucht, zur Staatsanwaltschaft gehen und verlangen, dass diese den Internet-Dienstleister des Delinquenten dazu zwingt, dessen Anschrift herauszurücken - prompt geht eine Abmahnung oder Anzeige heraus.
IPREDator will dieses "Problem" umgehen, indem die Nutzer neuerlich anonymisiert werden. Dazu wird ein so genanntes virtuelles privates Netzwerk, kurz VPN, aufgebaut. Wählt sich ein User dort ein, werden alle nachfolgenden Anfragen nur noch darüber abgewickelt - verschlüsselt, so dass der eigentliche Internet-Provider des Nutzers nicht mehr sehen kann, was dieser im Web und anderswo alles tut. Hinzu kommt, dass ein so geschützter User auch nicht mehr die IP des häuslichen Providers besitzt, sondern die des VPN. Will ein Strafverfolger dann an die Anschrift des Nutzers, müsste er gleich bei den IPREDator-Anbietern vorbeisehen. Doch genau die schwören Stein und Bein, dass sie solche Informationen niemals herausrücken wollen - auch durch eine besonders geschützte Infrastruktur.
Das Pirate Bay-Vorhaben befindet sich aktuell in einem geschlossenen Betatest mit 3000 Nutzern, laut der Macher, die im Blog der Tauschbörsensuchmaschine mit ihren Anhängern kommunizieren, haben sich bereits 180.000 Interessierte für den Anonymisierungsdienst vormerken lassen. Kostenlos wird er nicht sein: Rund 5 Euro im Monat sollen fällig werden, um den Datentransfer zu finanzieren. Wie die Betreiber dabei sicherstellen wollen, dass die Bezahlung anonym bleibt, ist bislang noch unklar.
VPNs wie IPREDator sind unterdessen keineswegs eine neue Erfindung. Sie wurden ursprünglich erfunden, um Außendienstmitarbeitern einen sicheren Zugang auf ihr Firmennetz über das offene Internet zu ermöglichen. Ein weiterer Grund für die VPN-Nutzung kann die Absicherung des eigenen Datenverkehrs in fremden oder normalerweise gänzlich ungeschützten Netzwerken wie öffentlichen WLAN-Hotspots sein. Nutzt man dort kein VPN, ist man leicht zu belauschen - Anbieter in aller Herren Länder vermarkten solche Dienste deshalb für einige Dollar im Monat bereits seit einigen Jahren. Der Unterschied: IPREDator wirbt gezielt mit dem Argument, keine Nutzungs- und Herkunftsdaten zu speichern, während so mancher VPN-Anbieter in seinen Nutzungsbedingungen unter anderem die Tauschbörsennutzung und andere illegale Aktivitäten offiziell ausschließt.
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