Bayerischer Volksentscheid erfolgreich: Strengstes Rauchverbot Deutschlands
In der bayerischen Gastronomie gilt künftig das bundesweit strengste Rauchverbot. Ausnahmen gibt es nicht mehr, das ist das Ergebnis eines Volksentscheids, den die ÖDP angeschoben hat.
MÜNCHEN dpa/afp | Bayern führt als erstes Bundesland in der Gastronomie ein Rauchverbot ohne Ausnahmen ein. Bei einem Volksentscheid stimmte am Sonntag eine Mehrheit von 61 Prozent der Wähler dafür, das Qualmen in Gaststätten, Kneipen und Bierzelten komplett zu verbieten. Das Gesetz tritt am 1. August in Kraft.
Der Volksentscheid bedeutet einen vorläufigen Schlussstrich unter einen jahrelangen Streit ums Rauchen – und eine Niederlage für die CSU/FDP- Regierung von Ministerpräsident Horst Seehofer, die das nun verworfene Gesetz zu verantworten hatte.
Der Volksentscheid geht auf eine Initiative der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) zurück und wurde von SPD und Grünen unterstützt. Die CSU gab keine Wahlempfehlung ab, ihr Koalitionspartner FDP war gegen den Gesetzentwurf. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis stimmten lediglich 39 Prozent der Wähler für die Beibehaltung der bisherigen Rauchverbotsregelung. Diese erlaubte das Qualmen in Nebenräumen von Wirtshäusern, in kleinen Einraumkneipen und in Bierzelten.
Die Wahlbeteiligung lag nach dem vorläufigen Endergebnis bei knapp 38 Prozent und damit deutlich niedriger als bei Landtags- oder Bundestagswahlen üblich. Es musste aber kein bestimmtes Mindest- Quorum erreicht werden – die einfache Mehrheit war ausreichend.
Die Befürworter des strikten Rauchverbots jubilierten. "Liebe Staatsregierung, lieber Herr Seehofer, vielleicht sollten Sie öfter das Volk entscheiden lassen", rief der Sprecher des Aktionsbündnisses "Ja zum Nichtraucherschutz", Sebastian Frankenberger (ÖDP). Grünen- Landeschefin Theresa Schopper sprach von einem "schönen Tag für den Gesundheitsschutz in Bayern".
Und SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen sagte: "Der Verlierer des Tages ist die CSU." Die Bürgerinnen und Bürger hätten deutlich gemacht, dass sie des jahrelangen Hin und Hers der CSU überdrüssig seien. Der Sprecher des Raucher-Aktionsbündnisses "Bayern sagt Nein", Franz Bergmüller, machte für die Niederlage vor allem die geringe Wahlbeteiligung verantwortlich. Wenige Prozent der Bevölkerung hätten einen großen Teil der Menschen "majorisiert". "Das wird nicht zur Befriedung der Gesellschaft beitragen, sondern zu einer weiteren Spaltung und zum Denunziantentum", sagte Bergmüller voraus.
Die FDP kritisierte derweil ihren Koalitionspartner CSU. Vize- Ministerpräsident Martin Zeil warf die Frage auf, warum die CSU sich nicht in gleicher Weise wie die FDP für das gemeinsame Gesetz eingesetzt habe. FDP-Landtagsfraktionschef Thomas Hacker sagte: "Die CSU hat den Kopf eingezogen." Der niederbayerische CSU-Bezirkschef Manfred Weber mahnte seine Partei im Münchner Merkur: "Ein Hin und Her zahlt sich nicht aus."
Dem Volksentscheid war ein langer Streit um den blauen Dunst vorausgegangen - vor allem ein Hin und Her der bis 2008 allein regierenden CSU. Zunächst hatte der Landtag Ende 2007 mit CSU- Mehrheit ein striktes Rauchverbot eingeführt, das Anfang 2008 in Kraft trat - aber nicht lange Bestand hatte: Nach ihren herben Verlusten bei den Kommunalwahlen im März 2008 nahm die CSU Bierzelte vorläufig wieder vom Rauchverbot aus.
Im Sommer 2009 beschloss die neue CSU/FDP-Koalition weitere Aufweichungen und nahm Nebenräume von Wirtshäusern, kleine Einraumkneipen und Bierzelte dauerhaft vom Rauchverbot aus. Dagegen wandten sich Rauchgegner mit einem Volksbegehren - und hatten Erfolg: Ende 2009 unterstützten mehr als zehn Prozent der Wahlberechtigten die Initiative - deshalb kam es zum Volksentscheid.
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