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Bundesführerin der Deutschen Freischar"Revisionismus nicht mit uns"

Die Kluft des "Sturmvogel": Fahrtenhemd mit unverdächtigem Emblem. Ist er eine Pfadfindergruppe wie viele? Karin Peter, Bundesführerin der "Deutschen Freischar", zieht Grenzen nach Rechts.

Pfingstlager: Auch die christliche Pfadfinderschaft Landesmark Schwaben distanziert sich klar von Nazis. Bild: Christoph Dibak – Lizenz: CC-BY-SA
Andreas Speit
Andreas Speit
Interview von Andreas Speit und Andreas Speit

taz: Gleiche Kluft, gleiche Denke, schnell wird so geurteilt? Wie grenzt die bündische Jugendbewegung sich von den extrem-rechten bündischen Gruppen ab?

Karin Peter: "Rechts" und "links" sind keine besonders funktionalen Kategorien. Es gibt in unterschiedlicher Ausprägung konservative bündische Gruppen und solche, die diesen Begriff für sich ablehnen. Zu einem gewissen Grad sind alle bündischen Gruppen konservativ, wegen Werten und Formen, ohne die Gruppen und Bünde nicht existieren wollen: Verbindlichkeit, gemeinsame Kluft, Feuerrunden, ... Intoleranz und Revisionismus sind aber für viele bündische Gruppen nicht hinnehmbar. Eine Reanimation im historischen Wandervogeldress mit entsprechenden Attitüden wird abgelehnt, auch ein unreflektiertes Weiterstricken an einer übergreifenden Reichsidee. Solche Ideen rechtslastiger Gruppen schließen die aufklärerischen und autonomiebewussten Freiheitsforderungen der bündischen Jugend aus; sie betonen völkische und nationalistische Gedanken.

Die Wurzeln der bündischen Jugend liegen in den Wandervogel- und Pfadfinderbünden zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine antimodernistische Bewegung. Gab es damals schon Debatten um völkische Ressentiments?

Karin Peter

Karin Peter (44) ist Bundesführerin der "Deutschen Freischar". Seit 1946 besteht die "neue" Freischar, die heute um die 500 Mitglieder hat. Zwischen 1926 und 1933 bestand die Freischar mit ca. 12.000 Mitgliedern.

Bündische Jugendgruppen veranstalten Fahren und Lager, ihre Wurzeln liegen in den Wandervogel- und Pfadfinderbewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Das bündische Erbe ist ein kompliziertes. Wenn sich Jugendliche aber mit ihren bündischen Vorfahren beschäftigen, haben sie persönliche und direkte Anknüpfungspunkte und können sich den Irrungen und Wirrungen des 20. Jahrhunderts stellen. Die Bezeichnung "antimodernistisch" würde in den Bünden sicher akzeptiert, nicht aber "antimodern". Die Freiheit des Einzelnen, die Gleichberechtigung aller stand in der bündischen Jugend schon immer völkischen Ideen, wie der Unterwerfung des Einzelnen unter den Volkskörper oder der Höherwertigkeit deutscher Kultur, entgegen. Klar ist, dass nach Versailles – auch bereits ausgehend von der deutschen Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts – quer durch die deutsche Gesellschaft ein Bekenntnis zu "Volk und Nation" vorherrschend war. Die "alte" Deutsche Freischar hat jedoch 1929 das Buch "Lieder der Bündischen Jugend" herausgegeben und darin die Nationalhymnen aller europäischer Staaten und der USA abgedruckt. Dafür wurde sie von anderen Bünden als "nicht national gesonnen" kritisiert.

Von einer Instrumentalisierung des bündischen Denkens und Lebens darf bei den extrem-rechten Gruppierungen nicht ausgegangen werden?

Diese Bünde nutzen, dass in den 20er-Jahren die bündische Jugend sich überwiegend zu einer nationalen Gesinnung bekannte. Die weitere Geschichte blenden sie jedoch aus, wie auch die kritische Auseinandersetzung. Die bündische Geschichte ist nach 1945 längst ein weit größerer Zeitraum als zwischen 1898 und 1933. Zu ihr gehören auch die Waldeck-Festivals, das Folk-Revival der 60er Jahre und das Engagement vieler Jugendbewegter in der 68er Bewegung – bis in die Führungsgruppen des SDS.

Grenzen zur extremen Rechten werden gezogen ...

Nicht bloß mit Statements. Im Mittelpunkt unseres Bundeslebens steht ein Leben nach eigener Bestimmung und eigener Verantwortung, das das bewusste Erleben von Natur, Gemeinschaft, aber eben auch von Toleranz und Offenheit einschließt. Die Mitarbeit in Parteien oder Vereinigungen, die diese Grundsätze missachten, ist mit der Mitgliedschaft bei uns unvereinbar.

Wie schätzen Sie den Sturmvogel ein?

Der Sturmvogel ist offenbar eine Vereinigung, die sich anders verhält als die Freischar.

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8 Kommentare

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  • E
    Edgar

    Der Bericht über den Sturmvogel und artverwandte rechte bündische Gruppen trägt zu einer wichtigen kritischen Diskussion in der Öffentlichkeit bei. Öffentlich diskutiert weren müsste aber auch, dass auf der Jugendburg Ludwigstein in Witzenhausen der Freibund und die Deutsche Gildenschaft inzwischen etabliert sind und sogar Raumpatenschaften übernommen haben. Nun baut der Ludwigstein sogar noch an und lässt sich das von Bund und Land bezuschussen. So wird es für die rechten Bünde noch schöner auf der Burg.

  • MR
    Marian Ritter

    Mich als Mitglied der Landesmark Welfenland der CPD verwundert es auch ein wenig, dass da das Bild eines CPD-Lagers verwendet wurde.

    Wieso wurde nicht einfach ein Bild der Sturmvögel oder meinetwegen auch der WJ gewählt?

     

    Zwar wird die bündische Bewegung schon aufgrund von Begriffen wie "Landesmark", "Gau", "Führer" oft in eine Rechte Ecke gedrängt, distanziert sich der Großteil der Bewegung eindeutig von jeglicher ideologischer Bindung. Ein Beispiel dafür ist die CPD, die dies unter Anderem in ihren Grundsätzen stehen hat.

     

    Das Bild zeichnet eine klare Verbindung von Sturmvogel zu CPD, die es - zumindest in ideologischer Hinsicht - nicht gibt. Bitte ersetzen Sie das Bild gegen ein adäquates.

     

    Gut Pfad

    Marian Ritter

  • LS
    LM Schwaben

    Bitte entfernen sie schnellst möglich das Bild und die Bildunterschrift. Unser Bund hat mit diesen Gruppierungen absolut gar nichts am Hut. Hier hat der Autor einfach bei Flickr ein paar Suchwörter eingegeben und ist auf dieses bis zum Widerruf Lizenzfreie Bild gestoßen. Bitte recherchieren Sie in Zukunft qualitativ hochwertiger und ziehen Sie nicht irgendwelche anderen Bünde in Angelegenheiten, die nichts miteinander zu tun haben. Die LM Schwaben distanziert sich deutlich von beiden Gruppen. Außerdem vertreten wir die Pfadfinderischen Grundsätze, dass jeder Mensch gleich ist, egal welcher Rasse oder Religion. Aus diesem Grund sind wir deutlich gegen Rechts.

  • J
    Jordan

    Guten Tag zusammen,

     

    Der Autorin dieses Artikels geht es ja darum, ihren Bund ganz klar von anderen rechten bündischen Gruppen abzugrenzen, was ich auch echt gut finde! Allerdings finde ich es schwierig ein Bild oben einzustellen, von dem man nicht weiß, welche der beiden Gruppen es vertritt! Vor allem für Laien, die diesen Artikel lesen, kann es vielleicht auch so ankommen: Die "Freischar" distanziert sich ausdrücklich im Text von den rechtsextremen Gruppen; das Bild zeigt kein Lager der "Freischar", das muss ein Lager von einer dieser rechten Gruppen sein! Denn im Text wird kein Wort über die "CPD" verloren, wahrscheinlich weil man diesen Bund nicht kennt. Dann sollte man aber auch das Bild weglassen oder eines der "Freischar" nehmen, von denen es sicherlich auch Lagerbilder gibt.

    Ich bin, wie mein Vorredner, auch Mitglied der CPD und kann, denke ich, für alle in diesem Bund sprechen, dass wir auf der Seite der "Freischar" stehen und uns ganz klar von diesen rechten Gruppen abgrenzen!

     

    Herzlich Gut Pfad

    Jordan

  • P
    Pirlo

    Guten Tag ich bin ebenfalls aus der Landesmark Schwaben der CPD und finde es sehr merkwürdig, dass für solch einen Artikel ein Bild unserer Landesmark ausgewählt wird. Wir haben absolut nichts mit dieser Freischar und den Strumvögeln zu tun. Hier wurde einfach wiedermal schlecht recherchiert und alles über einen Kamm geschert. So wie es scheint hat der Verfasser selbst nicht wirklich eine Ahnung von der Materie. Ich wundere mich außerdem, wie ein Bild aus unserer LM für so einen Beitrag verwendet wurde.

     

    Wir distanzieren uns ganz deutlich von diesen beiden Gruppen und noch deutlicher gegen Rechts.

     

    Ich würde mich freuen, wenn Sie einen Berichtigungsartikel oder ein anderes Bild verwenden würden. Denn wenn ich über den HSV berichte, dann bringe ich kein Bild vom FC Bayern, nur weil es hier um Fussball geht.

  • R
    Ronre

    Ich bin selbst Mitglied in der Landesmark Schwaben CPD, von der das Bild zum Artikel verwendet wurde.

     

    Wir stellen uns ganz deutlich gegen Rechts. Dieses braune Gesox hat mit unserer Arbeit nichts gemeinsam und versucht hier unter dem Deckmantel "Pfadfinder" für sich und seine Machenschaften zu werben.

     

    Es ist traurig mitanzusehen, wie unsere Trachten (Kluften) und Bräuche missbraucht werden.

     

    Aber die rechte Brut, kann scheinbar nicht mehr als kopieren, so geben die sich ja mittlerweile auch als Linke aus.

     

    Einfach ein hirnloser Haufen, die keine Ahnung von Geschichte haben und die von billigen Häschern geworben werden. Zum Glück fallen solche Machenschaften im Westen noch nicht auf so fruchtbaren Boden wie im Osten und wir werden alles mögliche dagegen tun um gegen Rechts zu kämpfen.

     

    Gut Pfad

     

    Ronre

  • SK
    Sören Köpke

    Danke für das Interview. Wie heftig umstritten völkische Bünde wie der Sturmvogel in der bündischen und Pfadfinder-Szene sind, bzw. welche unterschiedlichen Einstellungen es zur Abgrenzung gegenüber den nationalistischen Vorfeldorganisationen gibt, dokumnetiert der informative Blog http://rechte-jugendbuende.de/. Empfehlenswert!

  • B
    Bertram

    Wird die Etablierung antidemokratischer Gesinnung

    ,die hiesige ,vor sich hindümpelnde ,Ziviele

    Wirtschaft und Gesellschaft vor dem Bankrott

    bewahren ,oder aber vor friedlichen Chinesischen

    oder Indischen Investoren ?