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Fashion von Faschos"Das Klischee gilt nicht mehr"

In der rechtsextremen Szene sind gerade Modelabels mit nordisch-germanischer Symbolik angesagt. Doch der Kleidungsstil ist heterogener geworden.

Überschaubare Frisurenmode: Rechtsradikale. Bild: dpa

Es waren seltene Einblicke in die Käuferschaft von Thor Steinar, die Hacker am Rande des Jahreskongresses des Chaos Computer Clubs vor einem halben Jahr ermöglichten. So wollen sie herausgefunden haben, dass 2008 dort Onlinebestellungen im Wert von 1,27 Millionen Euro eingingen, im Jahr zuvor seien es gar 1,81 Millionen Euro gewesen. Und noch eines ermittelten die Hacker: Die Thor-Steinar-Kunden sitzen demnach vor allem im Osten Deutschlands, aber auch in Rheinland-Pfalz gibt es Schwerpunkte.

Über die anderen bei Rechtsextremen beliebten Marken sind solche Zahlen nicht bekannt. Klar ist nur: Der Markt wird unübersichtlicher. "Der Kleidungsstil in der extrem rechten Szene ist heterogener geworden", sagt Martin Langebach, Rechtsextremismusexperte an der Universität Düsseldorf. Dazu kommt: Manche Kleidung ist nur noch schwer als Faschofashion zu erkennen. "Das Klischee Bomberjacke und Springerstiefel gilt schon lange nicht mehr", sagt Andreas Klärner von der Universität Rostock.

Eindeutig sind die immer wieder auch von Verfassungsschützern genannten Labels Masterrace Europe und Consdaple aus dem Patria Versand in Landshut. Consdaple ist unter Neonazis wegen seines an NS-Symbolik erinnernden Adlerlogos beliebt. Und weil vom Schriftzug, unter der Jacke getragen, nur NSDAP zu sehen ist.

Aus ähnlichen Gründen war auch Lonsdale lange unter Neonazis beliebt. Ende der 90er hat sich der Hersteller allerdings von rechtsextremen Kunden distanziert und unterstützt nun antirassistische Initiativen. Auch andere Marken haben sich Rechtsextremisten immer wieder angeeignet, ohne dass die Firmen dies wollten, etwa den Schuhhersteller New Balance.

Experten beobachten, dass in der rechtsextremen Szene inzwischen oft Modemarken getragen werden, die nur von Kennern auf den ersten Blick als verdächtig erkannt werden. "Manche verfolgen eine bewusste Strategie der Mimikry, so dass Außenstehende nicht sofort erkennen, wofür ihre Kleidung steht", sagt Rechtsextremismusexperte Langebach. "Andere Mitglieder der Szene wissen es natürlich sofort."

Angesagt sind dort momentan Marken, die mit nordisch-germanischer Symbolik spielen. Neben Thor Steinar sind das etwa Erik & Sons oder Hemland - schwedisch für Heimatland. Im Kommen ist nach Ansicht von Beobachtern auch die noch recht neue Marke Ansgar Aryan, die über das "nationale Warenhaus" der NPD-Monatszeitung Deutsche Stimme vertrieben wird.

Den rechten Rand der Skater- und HipHop-Subkultur versucht das Label Rizist zu erreichen. Auf den T-Shirts prangt ein Graffiti-Schriftzug. Die Autonomen Nationalisten wiederum haben sich ihren Stil von der linken Szene abgeschaut. Sie tragen Kapuzenpullis und Basecaps, manche auch Palästinenser-Tücher oder Che-Guevara-Shirts. Einen Anstieg bei den Autonomen Nationalisten hatte zuletzt der Bundesverfassungsschutz bei der Vorstellung seines Jahresberichts im Juni festgestellt - auf inzwischen rund 15 Prozent der Neonaziszene.

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8 Kommentare

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  • S
    Schattenfels

    "Die Autonomen Nationalisten wiederum haben sich ihren Stil von der linken Szene abgeschaut. Sie tragen Kapuzenpullis und Basecaps, manche auch Palästinenser-Tücher oder Che-Guevara-Shirts."

     

    Es wächst zusammen, was zusammengehört. Erkennet Eure Gemeinsamkeiten, Sozialisten! Ob national oder international: Die gemeinsamen Feinde heißen Freiheit, Individualität und Kapitalismus!!!

     

    Als Liberaler ist es immer wieder erheiternd zu sehen, wie zwei Lager, die sich staatstheoretisch (und äußerlich) höchstens in Nuancen voneinander unterscheiden, auf irgendwelchen albernen Demos & Gegendemos ans Leder wollen. Wird in Zukunft noch schwieriger, zwischen all den "Freiheit für Palästina"- und "Kapitalismus abschaffen"-Chaoten zu unterscheiden.

    • A
      Autonome*r
      @Schattenfels:

      Oh man, ich hab's so satt, dass Leute das ernsthaft in einen Topf werfen, erstmal gibt es im linken Lager, zig verschiedene Theorien und Ideen zu Sozialismus, die mit denen ich dort symphatisiere haben als Ziel unter anderem Freiheit und Individualität, weiß ja nicht ob deine Sozialismusvorstellung in der DDR hacken geblieben ist (ich bin übrigens Anarchist)

       

      Dann willst du uns ernsthaft mit Leuten vergleichen, die auf Grund angeborener Merkmale wie Hautfarbe, oder rein zufälliger Begebenheiten wie Geburtsland Menschen diskriminieren, verprügeln,...

       

      Ich sage nicht, dass es keine Arschlöcher in der linken Szene gibt, aber du solltest doch soweit in der Lage sein differenziert denken zu können, um erstmal die Heterogenität der staatstheoretischen Auffassungen in der linken Szene anzuerkennen, und zu bemerken, dass der menschenverachtende charakter von Nazi-Ideologien, gar nicht vorhanden ist, im Gegenteil es dreht sich doch vieles darum Diskriminierung zu beenden, zumindest in dem linken Umfeld mit dem ich zu tun habe, denn wie schon gesagt wir sind keine homogene Masse

  • N
    nordlicht

    Mir wurde bei der letzten Party von so "antifa" leuten ernsthaft an den pulli gelangt, um die Marke zu checken.

    Die wissen vor lauter verwirrung auch nicht mehr was das feindbild trägt - ich fand das schon bisserl komisch....

  • J
    JoS

    Vor allem das rechtsautonome Feld wird wahrlich problematisch. Die Zusammenstöße am Rande von Demos, gerne von der Presse ignoriert, beruhen oftmals darauf, dass Freunde nicht mehr von Feinden unterschieden werden können.

  • H
    Hermelin

    Da würde es mich mal interessieren wieder der BVS auf einen anstieg von 15% bei den autonomen Nationalen kommt...

  • C
    Coll

    Na, das wäre doch schön, wenn sich herumspräche, dass die Faschos sich längst andere Subkulturen zum Plagiieren ausgesucht haben. Mir wurde kürzlich noch "rechtsradikale Symbolik" vorgeworfen, weil ich ein "Skinhead Reggae-Shirt trug und - schockschwerenot - geputze Schuhe dazu. Aua, aua...

  • TS
    Thomas Sch.

    Na, dann weiß ich wenigstens, wenn ich mal in einem sog. autonomen Viertel was auf die Gusche kriege, warum. Wahrscheinlich habe ich Klamotten angehabt, die irgendwelchen Leuten dort übel aufstoßen. Oweia, oweia, oweia, liebe Leute. Vielleicht solltet Ihr dort, wo Ihr seid, Schilder zur Information der harmloseren Zeitgenossen aufstellen, so in etwa: "In 50 Metern beginnt die autonome Zone. Wer in unerwünschten Klamotten angetroffen wird (hier muß dann die Liste folgen), wird erschossen, dessen Auto wird abgefackelt oder der wird sonstwie angemacht." Oder so ähnlich. Wäre doch fair, oder ? Und ich würde wissen, was ich bei Euch tragen darf oder nicht. Frage: Sind auch irgendwelche Frisuren davon betroffen ?

  • K
    Kunibert

    Nazis erkennt man zumeist an ihren stumpfsinnigen Blicken.