Kommentar Privatisierung für Atommüllager: Kann Röttgen noch schlechter?
Dass Röttgen die Atommüll-Endlagerung privatisieren wollte, zeigt, wie sehr er den Atomlobbyisten freie Hand lässt.
W ie schlecht kann ein Umweltminister eigentlich beraten sein? Frei von jeglichem politischen Gespür wollte Norbert Röttgen der Atomindustrie ihre nächsten Wünsche erfüllen. Nachdem die Laufzeitverlängerung beschlossen war und von zusätzlichen Sicherheitsauflagen vorerst keine Rede mehr ist, sollte jetzt die Endlagerung privatisiert werden.
Während Röttgens eigenes Ministerium diese Pläne am Mittag noch verteidigte, zog der Regierungssprecher die Notbremse und erklärte den Plan für gestoppt. Für den Umweltminister ist das eine weitere Blamage. Es zeigt, wie sehr er den Atomlobbyisten, die er sich ins Haus geholt hat, freie Hand lässt - und dabei die Stimmung im Land aus dem Auge verliert.
Schon bisher hat Röttgen beim Thema Endlager alles getan, um das notwendige Vertrauen zu zerstören. Das von Rot-Grün beschlossene Gorleben-Moratorium ist aufgehoben, aber alternative Standorte werden nicht gesucht. Die Öffentlichkeit wird mit rechtlichen Tricks ausgeschlossen, widerspenstige Grundbesitzer sollen enteignet werden.
Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Öko- und Wirtschaftsressorts der taz.
Als letzter Schritt sollte nun die für die Endlagerung zuständige Behörde kaltgestellt werden. Denn im Bundesamt für Strahlenschutz sitzen ExpertInnen, die nicht bereit sind, ihre fachlichen Einschätzungen unter politischem Druck aufzugeben. Statt auf diese Expertise zu vertrauen, sollten die Atommüllproduzenten - die nicht an Sicherheit, sondern ausschließlich an einer schnellen und billigen Lösung interessiert sind - selbst die Verantwortung für die Endlagerung übernehmen.
Dass dieser Plan nun gestoppt wurde, ist kein Grund zur Entwarnung, denn die Geisteshaltung im Ministerium hat sich nicht geändert: Bleibt nur die Hoffnung, dass die Halbwertzeit dieser Regierung durch die jüngste Aktion weiter geschrumpft ist.
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