Kommentar nationale Identität: Baguette statt Burka
Statt das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Neuzuzüglern zu erleichtern, hat diese Debatte erst recht Klischees, Vorurteile und gegenseitige Ängste gefestigt.
O ffiziell sollte die Debatte über die "nationale Identität", von oben angeordnet, die "Grundwerte der Republik" stärken. Stattdessen wird am Grundwert der Gleichheit gesägt, weil in dieser Debatte die Zugehörigkeit der Einwanderer zur französischen Nation in Frage gestellt wird.
Auf Geheiß der französischen Regierung sollten lokale Behörden Diskussionsabende zum Thema organisieren. Doch bei so viel bestellter Heimatliebe ließen die nationalistischen und rassistischen Ausrutscher nicht lange auf sich warten. Nun kommen all jene braven Bürger, die sich empört gegen jeden Rassismusvorwurf verwehren, mit bestem Gewissen daher, um ihren gehässigen Ressentiments gegen Einwanderer ungeniert und öffentlich freien Lauf zu lassen. Dass diese Debatten von den lokalen Behörden organisiert werden, gibt der Übung einen offiziellen Segen.
Mit dem Schweizer Minarettverbot erhielt die Debatte in Frankreich noch einen zusätzlichen, antiislamischen Drall: als ob dieser Volksentscheid dem Wunsch nach Ausgrenzung der nordafrikanischen Muslime eine höhere Legitimität verliehen hätte.
Dass sich die Diskussion vor allem um die Integration des Islam drehen würde, war allerdings von Beginn an programmiert. Denn Immigrationsminister Eric Besson hatte die Notwendigkeit der Auseinandersetzung explizit mit einem Beispiel, das zum landesweiten Problem aufgebauscht worden war, begründet: Für ihn stehe das Tragen der islamischen Burka im "Widerspruch zur nationalen Identität" und zum aufrichtigen Wunsch der Integration, ließ er verlauten. Doch wer selbst mit so wohlfeilen Islam-Klischees hantiert, wird keine Integration ernten. Statt das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Neuzuzüglern zu erleichtern, hat diese Debatte erst recht Klischees, Vorurteile und gegenseitige Ängste gefestigt.
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