piwik no script img

Kommentar Ungarisches MediengesetzAuf dem Weg zur Diktatur

Kommentar von David Denk

Ministerpräsident Orban wird sich nicht scheuen, Einfluss auf die ungarischen Medien zu nehmen. Dafür hat er sich das Gesetz ja ausgedacht.

D ie ungarische EU-Ratspräsidentschaft steht unter keinem guten Stern: Wenige Tage vor der Übernahme des Vorsitzes hat das von der rechtsnationalen Fidesz-Partei dominierte Parlament ein restriktives Mediengesetz durchgewunken und damit Ungarn weiter ins politische Abseits gerückt. Schon der erneute Wahlerfolg von Ministerpräsident Viktor Orbán im April und zunehmender Antisemitismus nährten die Sorge, dass der einstige Wegbereiter der Öffnung Osteuropas sich immer weiter entdemokratisiert.

Man muss nicht gleich die Nazis aus dem Schrank holen, um die Gefahren einer staatlichen Kontrolle von Medieninhalten zu erkennen. Ein Blick nach Italien, wo der mächtigste Medienunternehmer zugleich Regierungschef ist, reicht völlig aus. Silvio Berlusconis Macht geht dort so weit, dass er einst sogar den Starmoderator der öffentlich-rechtlichen Rai, Michele Santoro, absägen konnte.

Auch Orban wird sich nicht scheuen, in seinem Sinne Einfluss auf die ungarischen Medien zu nehmen. Dafür hat er sich das Gesetz ja ausgedacht und auch die neue Kontrollbehörde NMHH, die frei von parlamentarischer Kontrolle - was angesichts einer Zweidrittelmehrheit von Fidesz sowieso nicht viel helfen würde - über dessen Einhaltung wacht.

Bild: privat

David Denk ist Medienredakteur der taz.

Für ungarische Journalisten haben harte Zeiten begonnen. Geldstrafen von bis zu 750.000 Euro, welche die Kontrolleure bei Verstößen gegen das vage formulierte Gesetz eigenmächtig verhängen können, sind existenzbedrohend - für kleinere Medien wie für die Journalisten selbst.

Denn die fürchten berufliche Konsequenzen, wenn sie ihren Arbeitgebern zu teuer kommen, also ihren Job gut machen - im Sinne der Wächterfunktion von Medien und auf Basis der Meinungsfreiheit. Beides schafft Ungarn zum 1. Januar 2011 ab. Die unbeholfenen Reaktionen bislang unabhängiger ungarischer Medien geben leider wenig Anlass zur Hoffnung, dass sie der drohenden Selbstzensur trotzen werden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Ressortleiter tazzwei
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • JJ
    Jared J. Myers

    Stimmt: Herrn Hitler muss man nicht als Vergleich bemühen. Da gibt es einen viel Passenderen:

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Miklós_Horthy

  • M
    mar

    Kann diese seltsame Kontrollbehörde nur Gedlstrafen verhängen? Und was wäre dann damit: Offenbarungseid und dann bloggen, was das Zeug hält?

  • N
    neuhaus

    denken wir lieber ans zdf koch sägt n. brender ab, andere einflussnahmen folgten. santoro arbeitet heute wieder recht offensiv gegen berlusconi, zudem hätte er damals wieder arbeiten können, arbeitsgericht gab seiner klage recht. machte santoro nicht, war teil seines kampfes gegen berlusconi.

     

     

    bg