Öl-Krise im Golf von Mexiko: Die Wahrheit sickert nur spärlich durch
BP wusste schon Monate vor der Explosion der "Deepwater Horizon" über Mängel an der Plattform Bescheid und ignorierte sie. Das wahre Ausmaß der Ölpest verschweigt der Konzern.
![](https://taz.de/picture/309872/14/bp_05.jpg)
ROBERT/USA apn/afp | Der britische Ölriese BP hatte offenbar schon Monate vor der Explosion der Ölplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko Sorge um die Sicherheit der Bohrinsel – und setzte sich nach einem Medienbericht dennoch über konzerneigene Bestimmungen hinweg.
Wie die Zeitung New York Times am Samstagabend unter Berufung auf interne Dokumente des Unternehmens berichtete, hätten BP-Ingenieure bereits am 22. Juni 2009 ihre Bedenken darüber geäußert, dass eine Metallverschalung, die der Konzern am Bohrloch zum Einsatz bringen wollte, unter großem Druck kollabieren könnte.
"Das wäre sicherlich der schlimmste anzunehmende Fall", warnte der Zeitung zufolge ein Ingenieur des Ölkonzerns in dem BP-Bericht. "Aber ich habe es schon mal erlebt, also seid euch bewusst, dass es passieren kann." BP habe dennoch an der Verwendung der Verschalung festgehalten und sich dafür eine spezielle Erlaubnis von Verantwortlichen des Konzerns eingeholt, schreibt die Zeitung weiter. Diese Genehmigung war demnach erforderlich, weil die Sicherheitsbestimmungen, die sich das Unternehmen selbst auferlegt hat, verletzt wurden.
Seither hat der Konzern das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe zu nahezu jedem Zeitpunkt seit der ersten Explosion auf der "Deepwater Horizon" heruntergespielt. Und die Aussagen des Konzerns zu fast jedem Aspekt, von der Menge des austretenden Öls über die Folgen für die Umwelt bis zu den Versuchen, das Leck zu stoppen, erwiesen sich im Nachhinein als falsch.
Etwa hieß es zunächst, es trete gar kein Öl aus, dann waren es rund 160.000 Liter täglich, dann 800.000 Liter. Jetzt erklären Wissenschaftler, es könnte auch fünfmal so viel Öl sein. Immer tat sich BP schwer damit zuzugeben, dass das Ölleck wohl doch größer sei, als das Unternehmen öffentlich zugegeben hatte.
Ein Grund für BP, die Schätzungen so niedrig wie möglich zu halten, ist sicher, dass sich die Höhe der mögliche Strafen gegen BP einem US-Bundesgesetz zufolge nach der Größe des Lecks richtet.
Erst am Freitag bestätigte BP-Sprecher David Nicholas, dass die Obergrenze der Schätzungen von BP, der Küstenwacht und der Ozeanografiebehörde (NOAA) zur Menge des austretenden Öls inzwischen bei 2,23 Millionen Litern täglich liege. Erst tags zuvor war BP bereit gewesen einzuräumen, dass die Ölmenge doch größer sei als die bislang genannten fast 800.000 Liter. Experten räumen ein, es sei nicht einfach, ein Leck in 1.500 Meter Tiefe zu messen. Die Technik dafür wird weitgehend von BP kontrolliert.
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