Strahlenmüll in der Asse: Abgesoffen
In der Asse kann der Strahlenmüll nicht bleiben. Doch ob die Bergung gelingt, bleibt offen. Zehn Jahre sind angesetzt, und länger darf die Bergung auch nicht dauern.
Einst war die Salzgrube Asse II in Niedersachsen das weltweit erste Endlagerbergwerk: Dort wurde von 1967 bis 1978 die Deponierung von schwach und mittelradioaktiven Abfällen erprobt und dann mit insgesamt 126.000 Fässern auch ausgeführt. Nun stellt die Asse wieder einen Rekord auf: Sie soll als weltweit erstes Endlager wieder ausgeräumt werden. Nur so könnten in der Umgebung langfristig die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung eingehalten werden, sagte der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, am Freitag.
Zu diesem Ergebnis ist das Bundesamt beim Vergleich von drei Optionen gekommen, wie das von Wassereinbrüchen bedrohte ehemalige Salzbergwerk endgültig geschlossen werden kann. Zur Auswahl standen die Vollverfüllung mit Beton und einem Schutzfluid, die Umlagerung des Atommülls in eine tiefere Kammer in der Asse und das Ausräumen der Grube.
Bei Bürgerinitiativen und Umweltschützern stieß der Beschluss umgehend auf Zustimmung: "Wir sind grundsätzlich zufrieden, dass die Rücholung als Weg der Schließung der Asse gewählt worden ist", sagte Pastor Andreas Riekenberg, Sprecher des Zusammenschlusses der örtlichen Bürgerinitiativen. Auch Greenpeace und der Naturschutzbund begrüßten die Entscheidung.
Ob die Rückholung gelingt, ist indes offen. "Es gibt keine Garantie dafür, dass sich der Weg als gangbar erweist", sagte König. Bei vielen der eingelagerten Fässer ist nämlich unklar, in welchem Zustand sie sich befinden. Möglicherweise könnten sie nur ferngesteuert mit Maschinen geborgen werden. Wenn sich die Abfälle in einem sehr schlechten Zustand befänden, müsse die Entscheidung zur Rückholung möglicherweise neu bewertet werden. Zunächst sollen rund 1000 Fässer untersucht werden.
Das Leerräumen der Asse soll etwa zehn Jahre dauern. Länger darf es auch nicht werde, denn die Standsicherheit der Grube ist einem Gutachten zufolge nur noch bis 2020 gegeben. "Wir sind gefordert, sofort loszulegen", sagte König. In einer ersten groben Schätzung sind die Kosten der Räumung in einem Gutachten auf zwei Milliarden Euro beziffert worden. "Belastbare Zahlen für die Kosten haben wir aber noch nicht", sagte König. Zahlen muss dafür nach derzeitiger Rechtslage die Bundesregierung als Betreiber. Allerdings könnte die Regierung ein Gesetz beschließt, um die Energiekonzerne - aus deren Anlagen über 80 Prozent der Radioaktivität in der Asse stammen - an den Kosten zu beteiligen. Das fordern Umweltverbände und die Opposition aus SPD, Grünen und Linken. "Die Konzerne müssen für die Folgekosten ihres Atommülls aufkommen", sagte der SPD-Vorsitzende und frühere Umweltminister Sigmar Gabriel.
Mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sei die geplante Bergung des Atommülls bereits abgestimmt, sagte BfS-Chef König. Das Ministerium wies aber darauf hin, dass eine endgültige Entscheidung noch nicht getroffen sei. Für die Rückholung müssen an dem Bergwerk ein Zwischenlager und eine Anlage zur Neuverpackung der geborgenen Abfälle gebaut werden. Anschließend sollen sie laut Ministerium in das Endlager Schacht Konrad gebracht werden.
Leicht ist dem Strahlenschutzamt die Entscheidung für die Rückholung des nicht gefallen, denn diese ist technisch nicht einfach und birgt Risiken. "Es war eine schwierige Abwägung zwischen den kurzfristigen Interessen der Bevölkerung und den Interessen zukünftiger Generationen", sagte König.
Kurzfristig steigt bei einer Bergung des Mülls die Strahlenbelastung durch die Asse an. Insgesamt wird die Gesamtdosis, der Menschen während der zehnjährigen Rückholung ausgesetzt werden, auf 900 Millisievert geschätzt; der Jahresgrenzwert für Beschäftigte in kerntechnischen Anlagen liegt bei 20 Millisievert. Allerdings wird sich diese Gesamtdosis am Ende auf die mehreren hundert Menschen verteilen, die an der Bergung beteiligt sein werden.
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