Ich fürchte, Frau Engelen-Kefer und der restliche SPD-Parteivorstand haben tatsächlich keine Ahnung mehr, wer ihre Wähler sein können. Und sie haben offenbar nicht die geringste Lust herauszufinden, was den durchschnittlichen SPD-Wähler wohl vom durchschnittlichen CDU/CSU-Wähler unterscheiden könnte. Das, nehme ich an, kommt davon, wenn man ununterbrochen auf die Prozente schielt, die andere haben, und sich um die, die man selbst besitz, einen feuchten Kehricht schert.
Nein, die schwarzgelbe Gesundheitspolitik wird ganz sicher nicht zum Hartz IV der Union-FDP-Koalition werden. Und zwar ganz einfach deswegen nicht, weil Union-FDP-Wähler ihre Stimme nicht irrtümlich der CDU, der CSU oder der FDP überlassen, sondern absichtlich. Die Wähler der Regierungskoalition sind keineswegs verwirrt. Sie sind auch keine potentiellen SPD-Genossen. Sie haben schlicht andere Prioritäten als potentielle SPD-Wähler. Sie glauben an andere Werte. Dafür aber, dass die SPD-Führung von Realitäten nichts wissen will, kann das Wahlvolk ja nun wirklich nichts.
Die schwarzgelbe Regierungskoalition will die Sozialversicherung privatisieren? Sie setzt da an, wo es richtig wehtut und 90 Prozent der Bevölkerung betroffen sind? Fein! Genau das erwarten ihre Wähler. Die einen, weil sie genau wissen (oder wenigstens hoffen), dass sie zu den Gewinnern der Umverteilung gehören werden, und die anderen, weil sie überzeugt sind, sie hätten es nicht besser verdient. Seltsam, wie weit verbreitet der Untertanengeist noch immer ist in diesem Land! Es gibt doch tatsächlich auch heute noch Leute die davon überzeugt sind, es ließe sich allemal besser von den Resten leben, die vom Tisch der wirklich Reichen fallen, als von dem, was die Gerechtigkeit allen zuteil werden ließe. Aber, na ja, selbst im Mutterland der Freiheit gibt es noch genügend Menschen, die sich selbst keine Krankenversorgung gönnen, die sie nicht im erbitterten Kampf mit anderen siegreich erbeutet haben.
Nein, es ist nicht egal, ob eine rot-grüne oder eine schwarz-gelbe Koalition die Sozialsysteme totsagt und zum Abbruch freigibt. Und es spielt sehr wohl eine Rolle, ob ein SPD-Kanzler und ein grüner Außenminister den Auslands-Marschbefehl unterschreiben, oder ob es eine CDU-Kanzlerin und ein FDP-Außenminister tun. Was dem einen brav honoriert wird, wird dem anderen verübelt – und umgekehrt. Der Deutsche, scheint es, liebt seine Parteien unterscheidbar. Nur dann, wenn er annehmen darf, dass es einen echten Unterschied macht, wo er sein Kreuzlein malt, macht er sich die Mühe der Wahl überhaupt. Wäre ich die SPD, ich würde mich jedenfalls nicht darauf verlassen, dass die aktuelle Bundesregierung sich selbst zur Strecke bringt. Dieses Kunststück gelingt wohl nur den Sozis. Die nämlich wollen ums Verrecken nicht sie selber sein. Und wer, mal ganz ehrlich, wählt schon einen, der sich ganz offensichtlich selbst nicht leiden kann?
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