Antimilitaristen berufen sich auf Berlins Innensenator: Why not Körting?
Angeklagte, die Sticker mit brennenden Panzern geklebt haben, berufen sich auf eine Aussage von Innensenator Körting. Der soll nun als Zeuge antreten. .
Im Briefkasten der Innenverwaltung könnte bald Post vom Amtsgericht eintrudeln. Die Rechtsanwälte Stephan Schrage und Sven Lindemann haben in einem Prozess die Ladung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) als Zeuge der Verteidigung beantragt.
In dem Verfahren sind Björn A. und Doris G. angeklagt. Sie sollen am 13. April Aufkleber verbreitet haben, auf denen ein brennender Militärjeep und die Frage "Why not?" zu sehen sind. Die Staatsanwaltschaft sieht darin eine Billigung von Beschädigungen von Militärfahrzeugen.
Die Angeklagten haben in einer kurzen Erklärung ihre Verwunderung über die Anklage geäußert. Schließlich habe Innensenator Körting in einer Fragestunde des Abgeordnetenhauses am 14. Februar eine Strafbarkeit verneint. Damals wollte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Frank Henkel wissen, was der Senat gegen eine Veranstaltung der linken Szene mit dem Titel "Kriegsgerät interessiert uns brennend" unternehme, für die im Internet und auf Plakaten mit einem brennenden Militärjeep und der Inschrift "Why not" geworben wurde. Körting antwortete, dass eine Strafbarkeit von der Polizei und den Juristen geprüft worden sei. Eine strafrechtliche Relevanz habe sich nicht ergeben. Auf Nachfrage von Henkel sagte Körting, dass er persönlich die Veranstaltung zwar politisch verurteile. Allerdings sei nicht alles, was er verurteile, automatisch auch strafrechtlich relevant.
Die Verteidiger argumentierten daher, die Angeklagten hätten wegen Körtings Aussage davon ausgehen können, dass die von ihnen geklebten Motive keinen Straftatbestand darstellen.
Das Gericht vertagte sich daraufhin. Zunächst soll der genaue Prozesswortlaut von Körtings Einlassungen in Erfahrung gebracht werden. Das dürfte nicht schwer sein. Der Wortlaut von Abgeordnetenhausdebatten wird im Internet dokumentiert. Sollte es danach weitere für das Verfahren relevante Fragen geben, könne eine Zeugenvorladung von Körting unumgänglich werden, erklärte die Richterin vor der Vertagung.
Auch ohne Schützenhilfe des Senators sahen die Anwälte gute Chancen auf einen Freispruch. Das inkriminierte Motiv prangt mit nur kleinen Abweichungen auf dem Cover des Romans "Ende einer Dienstfahrt" von Heinrich Böll. Die Erzählung handelt von einem Vater, der mit seinem Sohn aus Protest gegen die Wiederbewaffnung ein Militärfahrzeug in Brand steckt. Beide kommen im Roman mit einer geringen Strafe davon.
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