: Kaum Bildung und noch weniger Geld
Annette Schavan, die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, präsentiert die Ergebnisse der Pisa-Studie und kündigt Konsequenzen an
BERLIN taz ■ Die Kultusminister der Länder fordern nach Bekanntwerden der Schulleistungsstudie Pisa Konsequenzen. Bei der gestrigen Vorstellung der deutschen Ergebnisse in Berlin kündigte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Annette Schavan, für heute eine Sondersitzung ihres Gremiums in Bonn an.
Eine logische Konsequenz wäre mehr Geld vom Bund für deutsche Schulen, die im internationalen Ranking auf Platz 25 von 32 gelandet sind. Doch da winkte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) auf ihrer Pressekonferenz gleich ab: „Auch andere Länder haben gezeigt, dass mit weniger Geld als bei uns höhere Bildungsstandards erreicht werden.“ Die Bundesausgaben für Bildung hätten die Schmerzgrenze erreicht.
Doch der KMK-Vize, Bremens Schulsenator Willi Lemke, ging noch weiter: „Wir müssen die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland beheben“. In der Tat ist die Koppelung von sozialer Herkunft und Bildungsdefizit in keinem anderen Teilnehmerland der OECD-Studie größer als hier. Betroffen sind vor allem Kinder aus sozial schwachen und Migrantenfamilien.
Um diese Kluft zwischen unten und oben zu überwinden, will Annette Schavan lernschwache Schüler gezielt fördern, insbesondere an Hauptschulen. Außerdem fordert sie eine „bessere Nutzung der Zeit“: Es müsse schulergänzende Angebote geben wie Ferien- und Sommerkurse, also „die Entwicklung von Unterrichtsprogrammen in schulfreier Zeit“. Ein Ansatz, der mit Ganztagsschulen grundsätzlicher gelöst ist. „Länder mit Ganztagsschulen haben besser abgeschnitten“, ergänzte denn auch KMK-Vize Lemke die Notwendigkeit unterrichtsergänzender Maßnahmen.
Bei der Lehrerförderung fordert Schavan die bessere Vermittlung diagnostischer Fähigkeiten, „denn ohne Diagnose keine Therapie. Viele Lehrer erkennen lernschwache Kinder nicht früh genug.“ Die Förderung dieser Kinder will man nun verstärkt auf den vorschulischen Bereich und den Kindergarten ausdehnen.
Das heiße Eisen – eine Grundsatzdebatte über Sinn und Unsinn des dreigliedrigen deutschen Schulsystems und die Kulturhoheit der Länder – wurde gestern nicht angepackt. Man wolle keine weitere ideologische Diskussion über Schulstruktur führen; es solle vor alle darum gehen, das Ansehen von LehrInnen zu stärken. Denn „Bildung findet im Unterricht statt“, führte Schavan weiter aus. Deshalb müsse in der Lehrerausbildung künftig stärkerer Wert auf die Berufspraxis gelegt werden.
Insgesamt, darüber sind sich die Kultusminister einig, gehe es darum, eine „attraktivere Lernkultur zu schaffen“. Das bedeute, so Schavan, weniger Spezialwissen und mehr Raum für verstehen und praktische Anwendung. Lernziele müssten anspruchsvoll, aber realistisch sein. Besonders in den zentralen Kompetenzbereichen wie Lesen oder Mathematik gehe es um die Sicherung von Mindeststandards für alle. Zu einer neuen Lernkultur gehöre auch, dass Elternhaus und Wirtschaft sich stärker beteiligen. EDITH KRESTA
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