Naziseiten Altermedia und Thiazi: Neonaziforen-Macher geoutet
"Altermedia" und "Thiazi" sind die wichtigsten rechtsextremen Seiten. Jetzt wurde bekannt, wer hinter der Netzhetze steht. Ein harter Schlag für die Szene.
HAMBURG taz | Lange wusste niemand sicher, wer hinter "Altermedia" und dem "Thiazi"-Forum steckt. Doch nun sind kurz hintereinander maßgebliche Macher der beiden wichtigsten Neonazi-Internetportale in Deutschland aufgeflogen - ein harter Schlag für die rechtsextreme Szene.
Wie erst an diesem Dienstag bekannt wurde, hat das Amtsgericht Stralsund gegen Axel M. wegen Volksverhetzung bereits im März dieses Jahres eine Geldstrafe ausgesprochen. Das Gericht der mecklenburg-vorpommerischen Hansestadt sah es als erwiesen an, dass der Mittvierziger die Verantwortung für das rechtsextreme Internetportal "Altermedia" innehatte, das auch unter dem Namen "Störtebeker-Netz" bekannt ist. "Weitere Verfahren dürften folgen", sagte Richter Dirk Simon. Gegen die Geldstrafe hat M. Berufung eingelegt.
Seit dem Jahr 2002 erscheinen auf "Altermedia" in anonymer Autorenschaft braune Artikel. Immer wieder wurde Axel M. , der sich auch schon bei der rechtsextremen DVU und der NPD engagierte, als Betreiber verdächtigt. "Regelmäßig wird in den Artikeln und Kommentaren eine radikal antisemitische und neonationalsozialistische Einstellung des oder der Verantwortlichen deutlich", hebt das Innenministerium hervor. Ein Mitarbeiter von "jugendschutz.net" schätzt "Altermedia" als "eines der großen Nachrichtenportale der Szene" ein.
Als im April für ein paar Tage keine neuen Beiträge auf dem Portal erschienen, wurde in der Szene sorgenvoll gemutmaßt, ob dem israelischen Geheimdienst Mossad oder Antifa-Aktivisten ein Hackerangriff gelungen war. Besorgt wurde auch die Befürchtung geäußert, dass M. etwas zugestoßen sein könnte.
In der vergangenen Woche war bereits Sabine R. als Moderatorin des Neonaziforums "Thiazi.net" geoutet worden, eine Mutter von zehn Kindern aus Mannheim. "Das Thiazi.net ist das größte Szeneinternetforum", lautet die Einschätzung von jugenschutz.net.
Der Autonomen Antifa Freiburg war aufgefallen, dass Sabine R.s Username "Enibas" bloß rückwärts gelesen werden musste. Sie schauten weiter und entdecken, das die bekennende Nationalsozialistin, die Adolf Hitler ehrt und "Jude" als Schimpfwort gut findet, auch schon mehrfach im Fernsehen war. Bei der Kabel-1-Reportage "Unternehmen Großfamilie" wurde sie 2004 wohlwollend vorgestellt. Im Jahr 2007 berichtete der SWR erneut über die Familie. Dass die Anfang-fünfzig-Jährige im Internet gegen "Durchrassung" hetzt und bei Aufmärschen linke Gegendemonstranten fotografiert, wurde in den Beiträgen nicht erwähnt.
Sabine R., die im Elternbeirat einer Schule ist, will im Alltag nicht auffallen. "Enibas" schrieb: "Ich glaube, niemand würde mich mehr in den Elternbeirat […] wählen, wenn ich in der NPD wäre. Dann täte man mich als ,bösen Nazi' abstempeln und niemand würde mir zuhören." Sie schreibt: ",Wir müssen nun schmiegsam und anpassungsfähig sein' - wie es unser Führer so ergreifend sagte."
Die Autonome Antifa Freiburg hat nun umfangreich R.s. privaten Daten öffentlich gemacht - inklusive Adresse, Handynummer, Gewicht und Autokennzeichen. Die Begründung: Sabine R. sei, vor allem auch durch ihre Arbeit im Elternbeirat, eine Gefahr, vor der gewarnt werden müsse.
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