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Der Traum vom guten SalärDeutsche Bahn AG drückt Lohn

Per Anzeige sucht die Bahn neue Lokführer und verspricht 32.000 Euro Gehalt. Dann stellt sie die neuen aber als "Mitarbeiter mit eisenbahnspezifischer Ausrichtung" an - und zahlt viel weniger.

Mancher Lokführer dürfte über seine finanzielle Situation besorgt sein. Bild: dpa

Rolf Jäger (Name geändert) ist sauer. Ende 2007 hängte der Bergelektriker seinen Job an den Nagel, um bei der Deutschen Bahn eine Ausbildung zum Lokführer zu beginnen. Der Vater von drei Kindern wollte sich beruflich verbessern und war deshalb auf eine Anzeige angesprungen, mit der die Bahn nach 1.000 neuen Lokführern fahndete - Einstiegsgehalt inklusive Zulagen: "32.000 Euro brutto im Jahr". Gutes Angebot, dachte Jäger. Er hatte keine Ahnung, dass er von dem Salär zunächst nur träumen kann.

Unlängst habe die Bahn mitgeteilt, dass er und seine Kollegen nach der Schulung ohne Zulagen gut 7,50 Euro die Stunde bekämen, sagt Jäger - was bei 40 Stunden pro Woche nicht mal der Hälfte des angekündigten Gehalts entspräche. "Da fragt man sich, wie man seine Kinder in Zeiten steigender Preise sattkriegen soll", so der 37-Jährige.

Auch mit Zulagen bleibt das Gehalt weit unter der Aussage der Stellenanzeige: Nach Angaben der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) können die neuen Angestellten mit einem tariflichen Jahresgehalt von rund 20.000 Euro rechnen. Bahn und GDL sprechen von rund 12 Euro Stundenlohn - was laut Gewerkschaft weniger ist als üblich. Derzeit verdienten reguläre Lokführer bei der Bahn 17,10 Euro die Stunde. Die GDL wirft dem Konzern Lohndumping vor.

Allerdings ist die Lokführergewerkschaft für die neuen Mitarbeiter eigentlich gar nicht zuständig. Der Tarifvertrag nämlich wurde nicht mit ihr ausgehandelt, sondern mit der Tarifgemeinschaft aus den Bahngewerkschaften GDBA und Transnet. Grund: Die Lokführer werden nach erfolgreichem Abschluss der bis zu neunmonatigen Schulung bei DB Bahnservice beschäftigt, einer Tochter von DB Zeitarbeit, und dort nicht als Lokführer, sondern als "Mitarbeiter mit eisenbahnspezifischer Ausrichtung". Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky sieht darin einen Trick, mit dem die Bahn versuche, Tarifverhandlungen mit der GDL zu umgehen. "Das ist ein Nachtreten vonseiten Mehdorns, wir erwägen rechtliche Schritte", sagte er der Neuen Ruhr Zeitung. Eine GDL-Sprecherin sagte der taz: "Wir wollen, dass die Lokführer unter unseren Tarifvertrag fallen."

Den hat die GDL erst im Frühjahr erstritten, nach gut 12-monatigem Arbeitskampf. In die Zeit des langwierigen Tarifkonflikts fiel auch die DB-Anzeige, auf die sich Jäger und rund 5.000 weitere Interessenten bewarben; 740 davon haben inzwischen eine Schulung begonnen.

Die Bahn erklärt, sie habe die Auszubildenden über ihre Gehaltsaussichten unterrichtet. In Einstellungsgesprächen sei Anwärtern erklärt worden, "dass sie in einem absehbaren Zeitraum nach der Prüfung mit einer Gehaltsentwicklung rechnen können, die sich am Jahreseinkommen der Lokführer im Konzern orientiert", so ein Bahn-Sprecher. Nach der Prüfung würden die Angestellten zwei Jahre lang ihre Kompetenz erweitern und erst dann uneingeschränkt eingesetzt. Das schließt nicht aus, dass sie schon vorher Züge steuern.

Jäger sagt, ihn habe niemand darauf hingewiesen, dass er erst später mehr verdiene. Und nun? Wer den Job in den ersten zwei Jahren hinschmeißt, muss der Bahn 40.000 Euro zahlen. So steht es im Qualifizierungsvertrag, den die Auszubildenden unterzeichnet haben. Die Bahn verteidigt den Passus: "Wir investieren ja in die Auszubildenden - wenn jemand aussteigt, muss er für einen Teil der Kosten aufkommen." Die meisten der Auszubildenden haben keine 40.000 Euro, auch Jäger nicht. Also macht er weiter - und fragt, "wie es die Politik dulden kann, dass ein Staatskonzern so mit seinen Mitarbeitern umgeht".

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3 Kommentare

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  • D
    dutch

    Bei den ganzen BErechnungen wird oft vergessen, dass das Einstiegsgehalt im LfTV ohne Zulagen ist, der Tarif für Zeitarbeiter dieses Niveau nur mit Zulagen erreicht. Probleme entstehen dan, wenn der Arbeitnehmer wegen Betrieblicher Umstände nicht eingesetzt wird und so ohne Zulagen auf einen Minimallohn zurückfällt. Bei den oft wechselnden Arbeitszeiten und unregelmässigen Diensten ist es auch kaum möglich über einen Nebenverdienst das eigene Überleben zu sichern. Der Bahnkonzern hat nach Aussage von Verkehrsminister Tiefensee als bundeseigener Betrieb eine besondere Verpflichtng und Vorbildfunktion. Na, wenn das das Vorbild sein sol...

    Nachdem ich diese Ausbildung selber erfolgreich abgeschlossen habe, kann ich das Argument der beschränkten Einsetzbarkeit nicht nachvollziehen, da Kenntnisse und Fertigkeiten denen der übrigen Lokführer entsprechen und auch die Arbeit und damit die Verantwortung zu 100% dieselbe ist. Wie auch bei den "normalen" Lokführern werden durch ständige Schulungen und Prüfungen Kenntnisse erhalten bzw. erneuert und erweitert. Daher kann von verminderter Einsatzfähigkeit nicht die Rede sein.

    Zu den Konditionen: Sowohl beim Einstellungsgespräch als auch bei späteren Gesprächen mit dem damaligen zuständigen Gruppenleiter während der Ausbildung wurde das genannte Lohnniveau jedesmal bestätigt. Erst einige Wochen (!) vor dem Ausbildungsende kamen plötzlich stark korrigierte Aussagen zum Lohn und den Arbeitsbedingungen. Und das obwohl eine Überreichung des anschließenden Arbeitsvertrages schriftlich für das erste Quartal 2008 zugesagt worden war. Einen rechtzeitigen Ausstieg und Rückkehr in eventuelle vorherige Jobs wurde so verhindert.

    Inzwischen haben meine Kollegen und ich als Gruppe den angebotenen Vertrag abgelehnt und sind unter Verlängerung des Ausbildungsvertrages erstmal in einer Warteschleife gelandet. Zusagen, dass nun bald von Seiten der DB Bahnservice eine Lösung käme, sind bisher nicht eingehalten worden und für eine angebliche Versammlung mit Frau Ebert am 09.09.2008 ist bis heute keine schriftliche Einladung mit den Veranstaltungsdetails erfolgt.Es sieht wohl so aus, dass sich das Unternehmen über die Zeit zu retten versucht.

  • AM
    Andreas Müller

    Auch hier solltet ihr mal einen Blick in den LfTV werfen, der unterscheidet zwischen LF die uneingeschränkt eingesetzt werden in LF 5 (z.B.!! StreckenLF) und solchen die nur eingeschränkt eingesetzt werden in LF6 z.B. Zugbereitsteller aber auch auf eingeschränkten Netzen)

    Der Berufsanfänger mit 2195€ Stufe 1 hat einen Stundenlohn (174 Stunden) von 12,61€/Std, wenn ich die LF 6 nehme komme ich bei 1967€ auf 11,30€ die Stunde.

     

    In der Zeitarbeit gelten bis zum 30.09. die Tarife der DB Zeitarbeit, die auch die GDL unterschrieben hat. Wirft sich die GDL tatsächlich selber Lohndumping vor?

     

    Ab dem 01.10. gelten die erheblich verbesserten Flächentarife. Z.B. wurde der Grundlohn in der TG 1 für Helfertätigkeiten von 6 Euro auf 8 Euro angehoben, das sind 33%.

     

    In den Facharbeitergruppen TG 2 und TG 3 liegen die nackten Stundensätze bei 9,05€ und bei 9,98€. Auch hier kommen noch einmal Regionalzulagen hinzu (bei ständig wechselnden Einsatzorten z.B. 0,85€) und die Zulage 1,98€ für doppelte Haushaltsführung (1,51€ bei tatsächlicher DHF, 1,98 bei keiner DHF; Grund Steuer!) aus einer Betriebsvereinbarung. Damit liegt der Stundenlohn in TG 2 bei 11,88€ und in TG 3 bei 12,81€.

     

    Das ist natürlich weit entfernt von den 32.000 Euro Jahres die durch die Presse gingen. Das war Propaganda des Arbeitgebers genauso wie die 1500Euro netto der GDL. Wer das geglaubt hat, ist verar....T worden. Dies ist weder bei der Zeitarbeit, noch im LfTV zu verdienen.

     

    Die DBAG will die Zeitarbeit erheblich ausdehen. Hier liegt das Problem und Zeitarbeit muss geregelt werden, aber das interessiert die Presse und auch die GDL nicht, die machen lieber eine Schlagzeile, dass der LF 17,10 € die Stunde verdient und vergleichen den AusbildungsLF mit dem Berufsanfänger. Selbst incl. aller Zulagen (die es bei Zeitarbeit ähnlich gibt) kommen keine 17,10€ für den Berufseinsteiger heraus. Aber trauer keiner Statistik, die dur nicht selber gefälscht hast.....

  • GR
    Guenter Renner

    Bei den Gesprächspartnern der DBAG sind rhetorisch sehr versierte Personen eingesetzt, welche den Eistellungsanwärter mit wohlgesetzten Worten, gezielt ausser Gefecht setzen indem diese nur die positiven (Zukunfts)-Prognosen wortgewandt darstellen.

    Der, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, rhetorisch unterlegene Jobaspirant ist zu dieser Zeit gar nicht mehr aufnamefähig um die Gefahrenpunkte seiner modifizierten Einstellung zu erkennen.

    Und auf seinem sprachlichen Niveau wird ihm das schon gar nicht erläutert.