Kommentar Warnstreiks der Lokführer: Auf keinen Fall Ruhe geben
Die Lokführer wollen erstmals einen bundesweiten Branchentarifvertrag durchsetzen. Ihre Forderungen sind berechtigt.
N atürlich, das Interesse von Bahnreisenden ist, möglichst unbehelligt von A nach B zu kommen. Doch diesen Wunsch werden sie erstmal aufschieben müssen. Und zwar zu Recht: Die Lokführer wollen erstmals einen bundesweiten Branchentarifvertrag für ihre Berufsgruppe durchsetzen. Da es bei dem Konflikt um Grundsätzliches geht, wird er nicht ohne Arbeitskampfmaßnahmen - erst Warnstreik, dann möglicherweise Streik - über die Bühne gehen. Die Ziele der Lokführer sind berechtigt - das haben auch diejenigen anzuerkennen, die dem Konzept Spartengewerkschaft, wie es die Lokführergewerkschaft GDL verfolgt, kritisch gegenüberstehen.
Nachdem die GDL der Deutschen Bahn vor drei Jahren einen Lokführertarifvertrag abgetrotzt hat, ist sie aus der Tariflandschaft nicht mehr wegzudenken. Nun fordert sie einen Flächentarifvertrag, der für alle Bahnunternehmen gilt - wie ihn die Konkurrenz von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die im DGB ist, gerade erzielt hat. Branchentarife sind im Bahnsektor, der zunehmend von Konkurrenz geprägt ist, sinnvoll - nur sie verhindern Lohndumping und schlechtere Arbeitsbedingungen, die letztlich auch nicht im Sicherheitsinteresse der Fahrgäste liegen.
ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt der taz.
Der Konflikt zwischen GDL und Bahnfirmen findet vor dem Hintergrund einer grundsätzlichen Tarifdebatte statt. DGB und Arbeitgeberverbände fordern, die Tarifeinheit - in einem Betrieb soll nur ein Tarifvertrag gelten - gesetzlich festzuschreiben. Den Spartengewerkschaften soll so das Wasser abgegraben werden. Den einen gelten sie als egoistische Spalter der Gewerkschaftsbewegung, den anderen als Unruhestifter. Wie diese notwendige politische Debatte auch ausgeht - die GDL ficht sie nicht an, weil sie als Organisation längst etabliert ist. Die Zeichen stehen auf Sturm.
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