Finanzkrise in Russland: Die Post wird zur Bank
Die schwerfällige russische Post soll in eine moderne Bank umgewandelt werden. Das soll das gesamte Finanzsystem stabilisieren, dem viele Bürger misstrauen.
MOSAKAU taz | Russlands Premier Wladimir Putin gibt nicht auf. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Wneschekonombank (Außenhandelsbank) ordnete er letzte Woche an, bis April 2010 ein Konzept für die Umwandlung der Russischen Post in ein Geldinstitut zu entwickeln. Mehrere Versuche, die Post in eine landesweit agierende Bank zu verwandeln, waren in den letzten beiden Jahrzehnten mehrmals im Ansatz stecken geblieben. Die Gründung der Postbank soll nun auf Grundlage und in Kooperation mit der Svjas-Bank vollzogen werden.
Die staatliche Außenhandelsbank hatte 2008 mit Hilfe der Russischen Zentralbank die vom Bankrott bedrohte Svjas-Bank für einen symbolischen Preis von umgerechnet 180 Euro erworben. Gelingt das Vorhaben diesmal, würde die Postbank mit 42.000 Filialen landesweit zum führenden Geldhaus Russlands aufrücken. Bislang verfügt die staatliche Sberbank ( Sparkasse) mit 20.000 Anlaufstellen zwischen Kaliningrad und Wladiwostok über das breiteste Filialnetz.
Einfache Transferleistungen wie Rentenauszahlungen laufen bereits über Postämter. Finanzexperten sind dennoch skeptisch, ob das Vorhaben diesmal gelingen wird. Investitionen in Milliardenhöhe seien vonnöten und ein langer Atem von mindestens zehn Jahren, sagten Branchenkenner dem Wirtschaftsblatt Wedomosti. Allein Umschulung und Ausbildung von Personal würden mehr als 1,1 Milliarden Euro verschlingen.
Die russische Post gleicht tatsächlich einem Dinosaurier, der Reformvorhaben bislang erfolgreich trotzen konnte. Der Dienstleistungsgedanke gehört dort noch nicht zur Unternehmensphilosophie, wo der Kunde als Störenfried empfunden wird.
Auch die Sberbank erinnert eher an eine Behörde denn an ein modernes Finanzinstitut. "Wenn die Sberbank ein Elefant ist, dem man das Tanzen beibringen muss, ist die Kombination aus Svjas-Bank und Post ein Mammut", meinte ein Bankfachmann. Die Fusion dient nicht zuletzt dem Ziel, das unterentwickelte und krisenanfällige russische Bankensystem zu sanieren. In diesem Jahr mussten allein 40 Banken den Betrieb einstellen. Seit die Finanzkrise auch Russland erreichte, sind 62 Geldinstitute vom Markt verschwunden. Dennoch gibt es noch 1015 Banken, von denen Finanzminister Alexej Kudrin aber nur die Hälfte für lebensfähig hält. Die Krise habe gezeigt, dass Russland weniger, dafür aber zuverlässigere Banken bräuchte, die zudem einer schärferen Aufsicht unterstellt werden müssten.
Vor allem die kleineren Bankhäuser sind durch die Krise schwer getroffen worden, sie verzeichnen höhere Kreditausfälle, und vielen mangelt es an Kapital. Denn mehr als die Hälfte der Banken verfügt über weniger als fünf Millionen Euro Stammkapital. Zumeist sind diese Institute nur Finanzabteilungen eines Unternehmens. Ab Januar 2010 wird die Mindestmarge des Eigenkapitals vom Finanzministerium erstmal auf zwei Millionen Euro angehoben, in fünf Jahren soll sie 20 Millionen Euro betragen.
Das Ganze wird für eine Bereinigung im russischen Bankensektor sorgen, der in den vergangenen 20 Jahren unkontrolliert vor sich hinwucherte. Bisher wurden Banken nur dann Lizenzen entzogen, wenn Geldwäsche nachgewiesen werden konnte. Grundsätzlich leiden Russlands Finanzinstitute an einem schlechten Image. Noch begegnet der Durchschnittsbürger ihnen mit einem sehr großen Misstrauen - und er neigt zur Schatzbildung unter der Matratze.
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