Peruanischer Polizei fehlen Beweise: Ermordert wegen Körperfetts
Angeblich wurde das Menschenfett für kosmetische Zwecke verkauft. Doch Mediziner und Medien sind skeptisch.
LIMA ap/taz | Eine Mörderbande im Dschungel von Peru hat nach Polizeiangaben Menschen umgebracht und ihnen das Körperfett entzogen, um es für kosmetische Zwecke zu verkaufen. Verhaftete Bandenmitglieder hätten fünf Morde gestanden, doch könnten es viel mehr gewesen sein, erklärte Polizeioberst Jorge Mejia. Allein der noch flüchtige Anführer soll laut einem Verdächtigen schon seit über 30 Jahren Menschen wegen ihres Fetts töten. Mediziner und seriöse peruanische Medien reagierten skeptisch.
Die Polizei gab der Bande den Namen "Pishtacos" - nach mythischen Gestalten der peruanischen Sagenwelt, die ihre Opfer gevierteilt und ihnen das Fett ausgesogen haben sollen. Zwei Verhaftete hatten laut Mejia bei ihrer Ergreifung Flaschen mit flüssigem Menschenfett dabei, das nach ihrer Aussage umgerechnet 10.000 Euro pro Liter wert sei. Verkauft wurde es an Mittelsmänner in der Hauptstadt Lima und ging nach Vermutung der Polizei an Kosmetikfirmen in Europa. Beweise dafür hat Mejia nicht.
In der Provinz Huanoco, wo die Bande aktiv war, wurden allein 2009 mindestens 60 Menschen als vermisst gemeldet. Doch sind dort auch Drogenschmuggler und Rebellen aktiv. Die Polizei bekam laut Mejia einen Tipp, dass in Lima Fett aus dem Dschungel verkauft werde. Es gelang, Zugang zu der Bande und auch eine Probe der Flüssigkeit zu bekommen. Eine Analyse bestätigte, dass es sich um menschliches Fett handelte. Anfang November wurden in Lima zwei Verdächtige mit Fett in einer Flasche gefasst.
Einer der Verhafteten führte die Beamten in einem Tal zu einem halbverwesten Kopf und schilderte laut Mejia, wie die Bande ihren Opfern Kopf, Arme und Beine abzutrennen pflegte. Dann sei der Torso an Haken über Kerzenflammen aufgehängt und das schmelzende Fett in Wannen aufgefangen worden.
Fachleute bezweifeln, dass es einen internationalen Schwarzmarkt für menschliches Körperfett gibt. Die Dermatologin Lisa Donofrio von der Universität Yale kann sich das allenfalls in kleinem Maßstab für "Körperfettextrakte" vorstellen, die die Haut aufpolstern sollen. Wissenschaftlich gesehen sei dies aber "kompletter Quatsch".
Seriöse Zeitungen in Lima verbannten die Nachricht auf die hinteren Seiten. "Schwer zu glauben", fand El Comercio und zitierte Julio Castro, den Dekan des Medizinischen Kollegs von Peru: "Schönheitschirurgen entziehen ihren Patienten jeden Tag Fett und werfen es weg, weil es keine Käufer gibt, deswegen kommt es mir ziemlich unwahrscheinlich vor, dass jemand 15.000 Dollar für einen Liter menschlichen Fetts zahlt." Zudem sei "handwerklich" entzogenes Fett verunreinigt und daher nutzlos.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin