Attentat auf Passaus Polizeichef: Polizei lässt Verdächtige wieder frei
Nach dem Anschlag auf Alois Mannichl hat die Polizei zwei inhaftierte Männer wieder freigelassen. Bundesweit diskutieren Politiker erneut über ein NPD-Verbot.
"Nazis angreifen" steht in schwarzer Farbe an einem Haus gegenüber dem Passauer Dom. Daneben demonstrieren etwa 300 Menschen, der Oberbürgermeister spricht. Er sagt, der Angriff auf Polizeidirektor Alois Mannichl sei "ein Anschlag auf uns alle". Von den Tätern fehlt bis dahin noch immer jede Spur.
Zwar hatten Polizisten bereits am Sonntag zwei Rechtsextremisten im Raum Passau festgenommen. Doch der angegriffene Polizeichef erkannte die beiden Männer auf Fotos nicht wieder. Sie wurden freigelassen. Auch ein DNA-Vergleich ihrer Kleider mit den Tatortspuren habe keine Übereinstimmung ergeben, sagte der verantwortliche Oberstaatsanwalt Helmut Walch. Bereits zuvor hatten die Verdächtigen die Tat bestritten und ein Alibi vorgewiesen.
Mit einem Messer war Polizeichef Mannichl am Samstag vor seinem Haus in Fürstenzell nahe Passau vermutlich von einem Rechtsextremisten angegriffen worden. Als Motiv vermuten Mannichls Kollegen einen Racheakt von Neonazis. Die Polizei hatte sie in diesem Jahr stark unter Druck gesetzt. Nachdem die Polizei die beiden Tatverdächtigen wieder freilassen musste, steht sie nun mit leeren Händen da.
Das Tatmesser stammt offenbar aus Mannichls eigener Küche. Der Polizeichef hatte es laut der Ermittler vor die Haustür gelegt, damit sich die Nachbarn dort im Advent ein Stück von einem Lebkuchen abschneiden können. Damit hätte der Täter das Messer vor Ort gefunden und der Vorwurf des geplanten Mordversuchs wäre womöglich nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Unklar ist auch, worauf sich der Messerstecher mit seinen Parolen bezog, die er Mannichl bei der Tat am Samstagabend entgegenrief. "Du linkes Bullenschwein, du trampelst nicht mehr auf den Gräbern unserer Kameraden herum", hatte er laut Staatsanwaltschaft gerufen, bevor er zustach. Womöglich waren damit die Ereignisse beim Volkstrauertag vor knapp einem Monat gemeint, bei dem die Rechtsextremen auf dem Passauer Soldatenfriedhof aufmarschieren wollten. Mannichl und seine Polizisten verhinderten die Kranzniederlegung, die von den Behörden verboten worden war. "Polizeidirektor Mannichl belästigt Trauergäste", hatte der NPD-Kreisverband Passau ihm in einer Pressemitteilung vorgeworfen, die nach wie vor im Internet steht.
Entfernt wurde daraus aber offenbar ein Satz, der Mannichl als angeblichen Grabschänder charakterisiert. In einer alten Version der NPD-Pressemitteilung heißt es noch: "Sichtlich verärgert, stellte sich nun Mannichl auf eine Grabplatte gefallener Soldaten und trampelt mit seinen Schuhen auf einem Gedenkgesteck herum."
Hat die NPD als Stichwortgeber für die Tat gedient? Die Rechtsextremen in Passau bestreiten dies. "Aus meinem engsten Freundeskreis würde ich jemanden ausliefern, wenn ich wüsste, dass er der Täter ist", sagte der lokale NPD-Vorsitzende Martin Gabling. "Nun müssen wir erst einmal abwarten, inwieweit es sich überhaupt um einen Anschlag handelt. Es ist doch schon seltsam, dass erst jetzt herauskommt, dass die Tatwaffe offenbar Herrn Mannichl selbst gehört." Auch Passauer Antifaschisten vermuten die Täter in einem Text auf dem Internetportal Indymedia eher in "neonazistischen Gruppierungen und Kameradschaften, die sich nicht in Parteien organisieren". Diese hätten sich zunehmend radikalisiert.
Dennoch diskutieren Politiker in ganz Deutschland wieder über ein NPD-Verbot. Das Neue in der aktuellen Debatte: Dieses Mal haben mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Ministerpräsident Horst Seehofer zwei CSU-Politiker die Idee forciert. Bisher galt die gesamte Union als strikte Gegnerin des Verbots. Inzwischen äußerten sich denn auch Unionsinnenpolitiker wie der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl entsprechend ablehnend, ebenso die in Bayern mitregierende FDP.
In der SPD, die seit längerem ein neues Verbotsverfahren fordert, wurde die Idee dagegen mit Begeisterung aufgenommen. "Ich bin sehr erfreut, dass sich Horst Seehofer in die richtige Richtung bewegt", sagte der Chef des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD). Er sei allerdings nur vorsichtig optimistisch, dass die Verbotsbefürworter sich in CDU und CSU durchsetzen könnten. Grund: Um mit einem Verbotsantrag vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe erfolgreich zu sein, müssten die Spione des Verfassungsschutzes in Bundes- und Landesverbänden abgeschaltet werden. Die SPD würde das in Kauf nehmen, die Unionsparteien nicht.
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