Shrimpzucht mit Sklavenarbeit: Spaghetti-Nester mit Blutgarnelen
Aldi Nord verkauft ein Fertiggericht, dessen Shrimps offenbar aus Sklavenarbeit stammen. Der Konzern will das Essen vorerst weiter verkaufen.
BERLIN taz | Für die billigen „Shrimps“ in vielen europäischen Supermärkten zahlen Arbeiter in Asien einen hohen Preis: Sie werden wie Sklaven ohne Bezahlung und unter Androhung extremer Gewalt teils jahrelang auf Schiffen gefangengehalten. Sie müssen Fische fangen, die zu Mehl verarbeitet und dann in Aquakulturen an Garnelen verfüttert werden, wie die britische Zeitung Guardian berichtet. Verkauft wurden die Garnelen unter anderem von Aldi Großbritannien.
Nun hat Aldi Nord auf Anfrage der taz eingeräumt: Auch deutsche Filialen des Discounters bieten Produkte mit Garnelen der thailändischen Aquakulturfirma CP Foods an, die mit Hilfe von Sklavenarbeit hergestelltes Fischmehl benutzt. Betroffen sei das Fertiggericht „Spaghetti-Nester“ (in den Varianten Garnelen in Weißweinsauce sowie in Kräuter-Knoblauch-Öl) des Herstellers Apetito, teilte Aldi mit. Apetito habe darin auch Rohwaren von CP Foods verarbeitet. Diese Firma gab in einer Pressemitteilung zu, dass das Problem Sklavenarbeit bei Zulieferern alle Meeresfrüchtehersteller in Thailand betreffe.
Die Fische für die Futterproduktion stammen laut Guardian von Schiffen, auf denen Männer gegen ihren Willen unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen. Der Artikel zititiert Betroffene zum Beispiel aus Burma und Kambodscha, die von Zwanzig-Stunden-Schichten, Schlägen, Folter und hinrichtungsähnlichen Morden berichten: „Einige waren jahrelang auf See. Einigen wurden regelmäßig Methamphetamine angeboten, um sie wachzuhalten. Einige sahen, wie andere Sklaven vor ihren Augen ermordet wurden.“
Ein Mann gab an, ein Opfer sei an vier Schiffe gebunden und auseinandergerissen worden. Die Männer hatten der Zeitung zufolge Schlepper bezahlt, um in Thailand in Fabriken oder auf Baustellen zu arbeiten. Stattdessen seien sie teils für rund 300 Euro an Schiffskapitäne verkauft worden.
Aldi Nord erklärte dazu: „Sollten sich die erhobenen Vorwürfe bestätigen, werden wir umgehend Sanktionen einleiten.“ Das betreffende Produkt könnte ausgelistet werden, der Rohwarenlieferant gewechselt oder das Geschäftsverhältnis mit dem direkten Lieferanten beendet werden. Derzeit verkauft Aldi die „Blutgarnelen“ also weiter.
Schätzungsweise fast eine halbe Million Menschen sollen in Thailand wie Leibeigene leben. Die USA haben mehrmals kritisiert, der Staat tue zu wenig dagegen. Aktivisten und die Vereinten Nationen prangern speziell die Fischbranche an.
Doch es gibt Alternativen zu Shrimps, die mit Hilfe von Sklaven produziertes Fischmehl gefressen haben: beispielsweise im Nordatlantik gefangene Eismeergarnelen. Diese werden auch mit dem Siegel des Marine Stewardship Councils (MSC) angeboten, das Überfischung verhindern soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen