Sicherheitsnachweise für AKWs verweigert: Niedersachsen schwänzt Atomgespräch
Der Streit zwischen Niedersachsen und dem Bund über ungelöste Sicherheitsprobleme in Atomkraftwerken spitzt sich zu.
BERLIN taz | Der Streit zwischen dem Bund und dem Land Niedersachsen über ungelöste Sicherheitsprobleme in Atomreaktoren wird schärfer: Zu einem offiziellen, für Freitag angesetzten atomrechtlichen Aufsichtsgespräch im Bundesumweltministerium sind die einbestellten Vertreter des niedersächsischen Umweltministeriums nicht erschienen. Für diesen Fall hatte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zuvor mit einer Weisung an seinen niedersächsischen Kollegen Hans-Heinrich Sander (FDP) gedroht.
Ob und mit welcher Frist die Weisung, einen Sicherheitsnachweis vorzulegen oder die Betreiber dazu zu verpflichten, ausgesprochen wird, war am Freitagabend noch offen. Wenn eine solche Weisung ignoriert würde, kann der Bund Atomkraftwerke stilllegen lassen.
Hintergrund für die Sicherheitsnachweise, die Gabriel von allen Bundesländern mit AKWs angefordert hat, ist ein seit Jahren ungelöstes Problem: Bei einem Leck im Kühlkreislauf können Fasern von Isoliermaterial wichtige Pumpensiebe verstopfen und sich im Reaktorkern ablagern. Wenn dadurch die Kühlung ausfällt, droht die Kernschmelze.
Das Land Niedersachsen, in dem mit Unterweser, Lingen und Grohnde drei AKWs betrieben werden, bestreitet das Problem und weigert sich bisher, den vom Bund geforderten Nachweis zu erbringen. Statt zum Gespräch zu fahren, habe das Land schriftliche Unterlagen an den Bund geschickt, sagte Jutta Heye-Krämer, Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums.
Der Fraktionschef der niedersächsischen SPD, Wolfgang Jüttner, sieht darin einen Affront: "Sander sucht ohne Not die Konfrontation im Wahlkampf." Statt sich den Risiken zu stellen, trage das Ministerium "ideologische Grabenkämpfe zu Lasten der Sicherheit von Niedersachsens Bevölkerung" aus.
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