NRW-Innenminister über das Neonazi-Trio: "Völlig untypisch für eine Terrorzelle"
NRW-Innenminister Ralf Jäger über seine Forderung nach einem Zentrum gegen rechten Terror und Gründe, warum die Polizei so lange im Dunkeln tappte.
taz: Herr Jäger, sind diese Rechtsextremisten für den Anschlag in Köln verantwortlich?
Ralf Jäger: Das kann noch nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden. Das Neonazi-Trio hat sich in einem Video zu der Tat bekannt. Ob das Video der Wahrheit entspricht, wird gerade geprüft.
Stecken die Rechtsextremen auch hinter dem 2000 verübten Attentat in Düsseldorf?
50, Studium der Pädagogik, ist seit 1983 Mitglied der SPD und seit 2000 Abgeordneter des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Ab April 2004 war er Kommunalpolitischer Sprecher und ab November 2004 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. Seit 2010 ist er Minister für Inneres und Kommunales.
Darauf gibt es noch keine konkreten Hinweise - dieser Anschlag ist nach wie vor nicht aufgeklärt. Wegen der ähnlichen Tatstrukturen ist allerdings ein rechtsextremistischer Hintergrund denkbar.
Die Polizei hat bisher im Dunkeln getappt. Warum wurde nicht stärker in Richtung Rechtsterrorismus ermittelt?
Natürlich wurde ein rechtsterroristischer Hintergrund geprüft. Allerdings haben sich die Neonazis völlig untypisch für eine Terrorzelle verhalten: Es gab keine Bekennerschreiben, es wurde nicht mit den Attentaten geprahlt. Selbst eine Verbindung zur Mordserie und den Attentaten drängte sich nicht auf. Zwar ist bisher erfolglos ermittelt worden - trotzdem sind die nordrhein-westfälischen Ermittlungsbehörden nicht auf dem rechten Auge blind.
Gibt es ein Netzwerk rechtsextremen Terrors?
Wären die Neonazis bundesweit vernetzt, wären sie aller Wahrscheinlichkeit nach schon eher entdeckt worden. Ich gehe deshalb davon aus, dass es sich um ein relativ kleines Netzwerk aus Thüringen handelt. Das aber hat die Grenze des Rechtsterrorismus erreicht, wenn nicht überschritten. Deshalb werde ich bei der nächsten Innenministerkonferenz fordern, dass rechtsextreme Strukturen künftig genauso überwacht werden wie der islamistische Terrorismus.
Sie fordern ein Terrorzentrum gegen rechts?
Ja.
Offenbar gab es Verbindungen zwischen Verfassungsschutz und Attentätern. Politiker von der CSU bis zu den Linken deuten bereits einen Skandal an.
Das sind Spekulationen. Wir haben in NRW keinerlei Erkenntnisse über eine solche Verbindung.
Lagen den nordrhein-westfälischen Ermittlern Hinweise des Verfassungsschutzes vor, dass es sich bei den beiden Attentätern um Neonazis handeln könnte?
Solche Hinweise gab es nicht. Wir wissen erst seit Freitag, dass die Gruppe aus Jena für den Anschlag in Köln verantwortlich sein könnte. Die Hintergründe müssen jetzt ordentlich und seriös ermittelt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Lateinamerika und Syrien
Assads Freunde