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Lebensmittelpreise in SüdafrikaEin Brot für einen Tageslohn

Fünf Millionen Südafrikaner müssen von 70 Cent am Tag überleben. Doch schon ein Brot kostet einen Euro – weil Konzerne die Preise künstlich nach oben treiben.

Für Lebensmittel bleibt oft kein Geld: Kinder in einem Township in Johannesburg. Bild: reuters

KAPSTADT taz | Ein heillos überladener Pick-up mit 35 Bauarbeitern auf seiner Ladefläche hält vor einem Supermarkt an. Die Arbeiter stürmen die Brotabteilung des Geschäftes und wiegen in großem Aufruhr mehrere Laibe Weißbrot in der Hand ab, um den schwersten darunter zu finden. Ein langer Arbeitstag liegt vor ihnen. Nur drei davon kaufen etwas Wurst dazu. Alle anderen können sich nur das trockene Toastbrot leisten: es kostet 10 Rand, umgerechnet einen Euro. Am Ende des Monats, wenn sie ihren lächerlich niedrigen Lohn ausgegeben haben, werden sie nicht einmal dafür genug Geld haben.

"Ich habe zu Hause einen kleinen Sohn, meine Schwester und meine Mutter", sagt Cedric, der in einem Bürohaus in Kapstadt putzt. "Für mein Baby mache ich jeden Tag ein Schulbrot. Meine Mutter und ich essen Brot zum Mittag. Das ist bereits ein Laib. Für den Abend muss ich noch einen kaufen. Die Hälfte meines Gehalts gebe ich für Brot aus. Ich habe 100 Rand pro Woche, um Essen für uns zu kaufen. Für etwas anders bleibt fast nichts übrig."

Den vier größten südafrikanischen Brotherstellern Pioneer Foods, Tiger Brands, Premier Foods und Foodcorp wird vorgeworfen, den Brotpreis durch illegale Absprachen jahrelang hochgetrieben zu haben. Die Hälfte aller Südafrikaner lebt unter der Armutsgrenze, fünf Millionen davon müssen von 7 Rand (0,70 Euro) am Tag überleben - mittlerweile zu wenig für ein Brot.

Der Skandal flog erstmals 2007 auf, als sich mehrere Großhändler beim Wettbewerbskommissar darüber beschwerten, dass die vier großen südafrikanischen Bäckereien ihren Brotpreis zeitgleich um 35 Cent erhöht und den Händlerrabatt - unabhängig von der erworbenen Brotmenge - auf 75 Cent pro Laib reduziert hätten. Diese Erhöhungen legten die Händler auf die Konsumenten um. Der Brotpreis stieg in Südafrika sogar 2009, als der Preis für Benzin und Weizen drastisch fiel.

Lauren, die in einem Kapstädter Kleidergeschäft arbeitet, ist außer sich: "Jetzt haben sie schon wieder den Preis erhöht. Ich weiß nicht, warum. Ist es so schwierig, die Zutaten zu bekommen? Das Getreide ist doch hier, sie müssen nichts importieren. Wir wissen nicht, was los ist. Alles, was wir sehen, ist, dass der Preis ständig steigt. In manchen abgelegenen Orten kostet das Brot 6 Rand, aber hier in der Stadt musst du 10 bezahlen. Betrügen uns die Bäckereifirmen oder die Geschäfte?"

Premier Foods, Tiger Brands und Foodcorp gaben die illegale Preisabsprache vor Gericht zu und wurden mit vergleichsweise milden Strafen zwischen 50 und 100 Millionen Rand verwarnt. Der größte Brothersteller Pioneer Foods stritt dagegen die Vorwürfe bis zuletzt ab und erntete dafür vor zwei Wochen die höchste Geldstrafe, die gegen ein südafrikanisches Unternehmen jemals verhängt worden ist: eine Milliarde Rand, umgerechnet 100 Millionen Euro.

Die Menschenrechtsorganisation Black Sash und der Gewerkschaftsdachverband Cosatu geben sich damit nicht zufrieden. Sie versuchen seit Dienstag, im Rahmen einer Sammelklage Entschädigung für die Verbraucher zu erstreiten. Der Menschenrechtsanwalt Charles Abrahams, der die Klage vertritt, sagt: "Obwohl Strafen gegen diese Unternehmen verhängt worden sind, sind die Verbraucher, die aufgrund dieser illegalen Aktivitäten täglich gelitten haben, nicht entschädigt worden."

Überteuertes Brot ist nicht das Einzige, worüber Durchschittssüdafrikaner stöhnen. Die Lebensmittelpreise liegen insgesamt über denen in Deutschland. Die Mobilfunkgebühren sind horrend, dabei ist das Handy das einzige Telekommunikationsmedium der Armen.

Die Bankgebühren sind absurd: Für Ein- und Auszahlungen vom eigenen Konto werden bis zu 10 Prozent des Betrages einbehalten. Immens hohe Kosten fallen für Wasser an, wobei arme Township-Bewohner mehr zahlen als reiche Haushalte mit intakter Kanalisation. Thami Bolani, Präsident des südafrikanischen "Konsumentenforums", beklagt verfestigte Monopole und heimliche Absprachen zwischen den Konsortien: "Diese Profitgeier würden uns am liebsten bis zum Tod ausbeuten."

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3 Kommentare

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  • G
    Gordy

    ne schoene Geschichte mit Hintergrund. Jeder Arbeiter hat einen Tageslohn von zwischen R100 und R140 am Tag. Nicht viel, aber Reis und Brot und fettiges Schaffleisch liegt alleweil drin, auch fuer eine groessere Familie. Reis in der Aktion R17,99 zwei Kilo, beste Qualitaet. Es gibt Billigeres, zB. bei Shoprite. Milliemehl das Kilo fuer R3,99. Echter Pap, nix von Geschmack oder so, doch beliebt bei den Schwarzen. Kartoffeln zur Zeit R19,95 sieben Kilo, das reicht fuer ein paar Tage. In Somerset West kann ich dunkles Toastbrot fuer 5,99 kaufen, Weissbrot in Faure draussen fuer 3,99. Milch, 2 Liter No Name bei PnP R14. Fuer einen Euro bekaeme ich also doch etwas mehr, wenn ich einteile einen Liter Milch und mindestens ein halbes weisses Toastbrot. Nur, ich muss diesen Shit nicht kaufen...

  • F
    Frank

    Leider sind es nicht nur Scheiben und nicht nur Drohungen.

    Politik und Wirtschaft wissen was sie anrichten. Und sind bestens vorbereitet.

     

    Es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher Treffsicherheit die Oeffentlichkeit „boese“ Gewalt und andererseits „gute“ Gewalt unterscheiden kann.

    Piraten sind bewaffnet. Frueher ernaehrten diese Piraten sich und ihre Familien von Fischfang, Landwirtschaft und Handwerk. Heute steht diesen Menschen, und das sind Millionen, weder Land noch Wasser zur Verfuegung. Der Entzug der Voraussetzungen ihrer Existenzsicherung geschieht zum Teil durch direkte militaerische Intervention und durch vertragliche Vereinbarungen mit dem Eigentuemer der jeweiligen Ländereien. Vertragspartner sind hier die „Staatsmaenner“ der Entwicklungsstaaten und auslaendische Regierungen, Geschaeftsleute der Industrienationen.

    Die Folge ist ein Nebeneinander von mittelalterlichen Produktionsmethoden (Fischerboot mit Wurfnetz oder Angel) und Fangflotten. Die Landwirtschaft findet nur noch dort statt, wo auslaendische Paechter kein Interesse an einer Verwertung haben. Fruchtbare Regionen werden, alles vertraglich moeglich, der Nutzung der einheimischen Bevoelkerung entzogen. Modernste Agrartechnik wird per Schiff oder Flugzeug transportiert. Teile der ehemaligen Nutzer werden zu ortsueblichen Tarifen in diesen Geschaeftsbereichen eingestellt.

    Zum Schluss verbleibt die ueberwiegende Mehrheit der Bevoelkerung mittellos, ohne jede Grundlage von Mitteln zu Versorgung oder Reproduktion.

    Praktisch ist das Ueberleben dieser Millionen von der Bereitschaft anderer abhaengig, die Mittel der Existenzerhaltung zu spenden (Red Nose Day, Brot fuer die Welt, usw usw).

    Das ist alles, laut Definition der Handelspartner, keine Gewalt.

     

    Jetzt zu den Piraten.

    Als Vertragspartner besitzen diese Menschen nichts was die „Verwalter“ und Besitzer von Land und

    Boden interessieren wuerde. Mit diesem „Abfall“ der Entwicklung ist kein Geschaeft zu machen. Die „Masse“ dieses „Abfalls“ wird spaetestens dann zum Problem, wenn auch nur Teile davon beschliessen nicht einfach in der Sonne auf den Tod zu warten.

    Flucht nach Europa? Na, was ist dann liebe Friedensfreunde?

     

    Die Verursacher und Profiteure der Notlage spielen sich als Retter auf. Nicht der Abtransport der Rohstoffe wird unterlassen, sondern die deshalb notwendigen „Hilfslieferungen“ werden durch die Piraten gestoert. Nicht die ungestoerte Geschaeftspraxis welche die abosolute Mehrheit der Bevoelkerung mittellos macht, wird abgestellt, sondern die Notwehr der Hungernden wird als Preistreiberei der Kontraproduktivitaet ueberfuehrt.

    Jede rationale Darstellung dieser Ursachen wird als naiv dargestellt und mit dem Hinweis auf die bewaffneten Nusschalen zum Schweigen gebracht. Ein freundliches, bitte hoert damit auf haette doch auch gereicht !?

    Das ist dann die Sorte Gewalt welche als „Kontrollbedarf“ in den Zielstaaten des abranstortierten, produzierten Reichtums diskutiert wird. Da werden dann die Methoden diskutiert, wie man dem „Problem“ Herr wird. Gebildet wird der Einsatz von „Begleitschutz“ erwogen, das Volk haette den Abfall vor Ort ins Wasser geworfen.

    Im Prinzip ist man sich also einig. Diese „Menschen“ stoeren „uns“ wie Fliegen. Patsch, und fertig.

    Das sind definiert die 1. Welt, unsere Rohstoffe, und jeder der sich dagegen praktisch zur Wehr setzt oder durch einen Ortswechsel zu entkommen versucht, ist mindestens eine Bedrohung.

  • R
    Rod

    Das ist ungebändigter Kapitalismus. Aber wie heißt es so schön:

     

    "In Erwägung, daß wir hungrig bleiben

    Wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt

    Wollen wir mal feststelln, daß nur Fensterscheiben

    Uns vom guten Brote trennen, das uns fehlt.

     

    In Erwägung, daß ihr uns dann eben

    Mit Gewehren und Kanonen droht

    Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben

    Mehr zu fürchten als den Tod."

    (Berthold Brecht)