Kolumne Die Kriegsreporterin: Das selbstangerührte Dressing-Desaster
Den letzten Krümel Ansehen vom Berufsstand fegt der „Süddeutschen Zeitung“ eigener Heribert Prantl weg. Derweil machen die anderen unbemerkt auch nur Mist.
H allo taz-Medienredaktion!
Liegt es daran, dass Deutschlands Top-Ten-Schreiber Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung noch im Urlaub ist, dass es um seine nicht erlebten, aber sorgfältig beschriebenen Küchenaktivitäten beim Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, so ruhig bleibt?
Ich sehe Prantl förmlich vor mir, wie er in der Küche vielleicht eines toskanischen Ferienhauses, das Geschirrtuch im Hosenbund festgesteckt, ein Glas guten Roten zur Rechten, den Salat rupft, während eine Frau noch einen Spritzer Balsamico, den echten versteht sich, ans Dressing gibt.
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Warum, so frage ich mich, sind es ausgerechnet die (männlichen) Starschreiber, die der Versuchung erliegen, Dinge in ihren Texten zu erzählen, die sie nicht erlebt haben? Ich finde es erschreckend, wie erlegen diese Männer der starken Titte Eitelkeit doch immer wieder sind. Als hätten sie, die Tollen, nicht auch andere Mittel, ihre Texte außergewöhnlich zu machen.
2011 wurde dem Egon-Erwin-Kisch-Preisträger René Pfister seine Auszeichnung aberkannt, nachdem sich herausstellte, dass er nicht in Horst Seehofers Spieleisenbahnkeller war und sich die Details hatte schildern lassen. Auch Prantl hat sich nach eigener Aussage von einem „prominenten Teilnehmer“ das Geschehen an Voßkuhles Arbeitsplatte erzählen lassen. Doch wo blieb der Faktencheck? Hat Prantl sich auf nur eine Quelle verlassen? Denn schlimmer als beim Seehofer-Keller-Desaster, das im Inhalt zu stimmen scheint, so neueste Recherchen der FAZ, mag Voßkuhle kein Dressing. Bereitet es also auch nicht zu.
Prantl hat also nicht nur unredlich gearbeitet, er hat auch noch Scheiß erzählt. Unwahrheiten. Und das Heribert Prantl! Moralisches Sturmgeschütz und einer der besten Klugschreiber unserer Branche! Da dreh ich mich doch in meinem Schützengraben dreimal um! Ich könnte ausflippen, dass es ausgerechnet jene sind, die in diesem Beruf alles erreicht haben, wonach man sich als Journalistin sehnen kann – Ruhm, Ehre, Geld –, die die letzten Krümel Ansehen, von denen dieser Berufsstand noch zehrt, vom Tisch fegen. Scheiße, Prantl! Scheiße!
Dass jetzt bei der Süddeutschen diskutiert wird, ob Heribert Prantl noch geeignet ist, für die renommierte Seite Drei zu schreiben, macht die Auswirkungen von Prantls selbst angerührtem Dressing-Desaster deutlich.
Hach, jetzt habe ich mich so aufgeregt, dass mir alles, was sich sonst noch ereignet hat, wie Pipifax vorkommt. Vielleicht hilft ein wenig Erheiterung? Schon neulich habe ich mich gefreut, dass Focus, ein Magazin aus München, seinen neuen Werbeclaim „Viel zu viele reden nur. Viel zu wenige machen“ launchte, als man mit dem Heft „Mundhygiene“ auf den Markt kam. Wobei da schon was dran ist, dass einige durchaus mehr machen könnten.
Aber auch diese Woche zeigen die Blattmacher, wie ernst sie ihren Anspruch nehmen, bzw. für wie doof sie ihre LeserInnen halten: „Die Sehnsucht nach Freundschaft“ titeln sie. Wobei ich mich frage, wo eigentlich die Werbung des Spiegels abgeblieben ist, die da behauptete, dass vor der Spiegel-Redaktionskonferenz Politiker zittern würden. Lang nicht mehr gesehen.
Und zum Schluss die gute Nachricht: Das amerikanische Zensurunternehmen „Apple“ könnte es der deutschen Playboy Publishing GmbH gestatten, den Playboy übers iPad zu vertreiben. Endlich können die Kotzflecken, die prominente Frauen bei dem Bemühen verursachen, Fotos zu haben, auf die ihre Kinder stolz sein können, mühelos abgewischt werden. Wieder optimistisch zurück nach Berlin!
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