Kommentar Sicherungsverwahrung: Zeit, sich zu gruseln
Dass die Länder sogar entlassene Straftäter wieder in Verwahrung nehmen wollen, zeigt zu welchen Exzessen ein radikalisiertes Sicherheitsdenken führt.
D ie Debatte um die nachträgliche Sicherungsverwahrung hat hohe symbolische Bedeutung. Hier wird der Grundkonflikt von Freiheit versus Sicherheit auf den Punkt gebracht. Muss ein Straftäter die ganze Haftzeit über bangen, ob er nach Verbüßung der Strafe überhaupt entlassen wird? Die Justizminister wollen die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung wieder einführen, FDP-Bundesministerin Leutheusser-Schnarrenberger lehnt dies ab.
Dabei geht es nicht um viele Fälle. Wie die Praxis der vergangenen Jahre gezeigt hat, entpuppt sich ein Straftäter nur ganz selten erst in der Haft als nachhaltig gefährlich. Meist war dies schon vorher bekannt. Doch eine nachträgliche Korrektur des Strafurteils ist aus rechtsstaatlichen Gründen nicht möglich. Da waren unsere Gerichte zurecht streng und würden es wohl auch bei einer Neuregelung bleiben.
Die Länder sollten lieber dafür sorgen, dass entlassene Straftäter ordentlich betreut werden und eine neue Lebensperspektive entwickeln können. Das forderte auch das Karlsruher Urteil im Mai: Ziel muss sein, dass Straftäter nach Verbüßung ihrer Strafe wieder in Freiheit leben können.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Dass die Länder sogar entlassene Straftäter wieder in Verwahrung nehmen wollen, zeigt zu welchen Exzessen ein radikalisiertes Sicherheitsdenken führt. Ein Zusammenhang mit bereits verübten Straftaten ist da kaum noch zu erkennen. Der Schritt ist dann nicht mehr weit, vermeintlich gefährliche Menschen schon einzusperren, bevor sie überhaupt ein Verbrechen begangen haben. Wer alle Risiken vermeiden will, kann dies sicher gut begründen. Wer aber lieber in einem freiheitlich orientierten Rechtsstaat leben will, kann sich da nur noch gruseln.
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