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Rechte gegen LinkeLinke in Weißensee im Visier der Neonazis

Polizei unterbindet offenbar Angriff von Neonazis auf linkes Wohnprojekt - und schweigt.

Planten Neonazis in den frühen Morgenstunden des 9. Juli einen Angriff auf das linke Wohn- und Kulturprojekt Kubiz in Weißensee? Die North East Antifascists (NEA), eine seit Jahren im Nordosten Berlins aktive Antifagruppe, hat in einer Pressemeldung berichtet, dass gegen zwei Uhr morgens eine achtköpfige Neonazigruppe in unmittelbarer Nähe des Kubiz von der Polizei gestoppt worden sei. Die Rechten hätten zuvor rund um den Weißen See Neonaziparolen gesprüht, unter anderem "NS Jetzt!", "Nazi-Area" und "FNBM" - das Kürzel der neonazistischen Kameradschaft Freie Nationalisten Berlin Mitte.

Ein NEA-Mitglied berichtet, dass "Linke aus dem Kiez" beim Chillen rund um den See zufällig auf die Aktivitäten der Rechten aufmerksam geworden seien. Auch die Polizei sei den Rechten gefolgt. Das bestätigte ein Polizeisprecher gegenüber der taz: "Die Männer führten zwei Teleskopschlagstöcke, zwei Dosen Pfefferspray, zwei Teppichmesser und eine Farbspraydose mit." Konkrete Ansatzpunkte für einen Angriff auf das Kubiz seien nicht gefunden worden, konnten aber auch nicht ausgeschlossen werden, so die Polizei. Die Polizei habe gegen die Rechten einen Platzverweis rund um das Kubiz ausgesprochen. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. "Es handelt sich hier um einen Sachverhalt, der für die Öffentlichkeit von großem Interesse ist und eine Pressemeldung erfordert hätte", sagte der Polizeisprecher zudem selbstkritisch. Wegen zahlreicher Demonstrationen am vergangenen Wochenende sei die Meldung von der Pressestelle versäumt worden. Die NEA hatte in ihrer Pressemeldung moniert, dass die Polizei keine öffentliche Stellungnahme abgegeben habe.

So ist es wahrscheinlich, dass die Neonazis eine Sprühaktion am Kubiz planten. Schon am 4. Mai 2010 waren auf das Gebäude rechte Parolen und Symbole gesprüht worden, darunter das Kürzel und die Internetadresse der Freien Nationalisten Mitte. Die Gruppe scheint sich bevorzugt vor linken Projekten zu produzieren. So postierten sich am 19. April FNBM-Aktivisten mit einem Transparent, das zum rechten Aufmarsch am 1. Mai mobilisierte, vor dem linken Weddinger Hausprojekt Schererstraße 8.

Ein Kubiz-Bewohner sieht in den rechten Sprühaktionen eine Bedrohung der BewohnerInnen und BesucherInnen des Projekts. Zumal es auch in der unmittelbaren Nachbarschaft bekennende Rechte gebe. Vor drei Wochen habe einer von ihnen einen Kubiz-Besucher zusammengeschlagen. Zuvor habe er sein Opfer gefragt, ob er etwas mit dem Kubiz zu tun hat.

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6 Kommentare

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  • D
    dings

    sehr guter beitrag, peter. aber auch du brauchst vernünftige vergütung für die sache. -> verdi. -> bezahlung pro recherchezeit fordern. eineurojobs gibt's genug hierzulande, der hier muss es nicht auch noch sein.

  • JS
    Jenz Steiner

    Neonazis versuchten in der vergangenen Nacht zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen gegen das Kultur- und Bildungszentrum Bunte Kuh vorzugehen. Nach Angaben der NEA Antifa habe gegen 23.30 Uh einer der Kubiz-Bewohner drei umherschleichende Personen in dunkler Kleidung auf dem Gelände bemerkt. Diese hätten Schlagringe und Holzplatten mitgeführt. Sein energisches Auftreten habe die Nazis jedoch verscheucht.

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    @Jule @Daniel:

    Die Scheu, sich mit "zu allem entschlossenen Gegnern" auseinanderzusetzen hat das "Risiko" für die ins Visier genommener Opfer schon immer öfter über die 90% Marke gehievt. Politische-strategische Überlegungen niedrigerer Ordnung (> 1) kommen erschwerend hinzu.

    Viel Umsicht kann man da nur raten.

  • AB
    alles beim Alten

    Zitat:

    "Ein Kubiz-Bewohner sieht in den rechten Sprühaktionen eine Bedrohung der BewohnerInnen und BesucherInnen des Projekts."

     

    Bedrohung durch Graffiti?

  • D
    Daniel

    besser spät als nie: aber danke, dass ihr noch berichtet habt.

  • J
    Jule

    Die Freien Nationalisten Berlin Mitte machen momentan nicht nur in Weißensee mobil. Auch in Prenzlauer Berg wurden vor einigen Wochen in mehrere Straßenzüge jeder Hausbriefkasten mit ihren Pamphlets bestückt und es tauchen immer wieder Aufkleber auf! Ich selber habe schon erlebt, das trotz Anzeige bei der Polizei deren Schmiererein tagelang nicht beseitigt wurden, so das wir selbst Beweisfotos gemacht haben und Hakenkreuzschmiererein beseitigt haben.